Beiträge von Peter im Thema „Ego - warum so stark???“

    Du hast vollkommen recht accinca: Gier, Hass, Verblendung, Angst und Furcht sind eigentlich auch keine negativen Extreme. Sie entstehen aus der Ich-Ilussion (Anhaftung) und sind einfach Resultate davon, dass wir es nicht besser wissen (wie die Wirklichkeit ist). Ich habe sie gerade deshalb als Musterbeispiel genommen, weil an ihnen mehr dran ist als einfache negative Aspekte. In meinem Beitrag noch mehr dazu zu schreiben, hätte dann aber irgendwie zu sehr ausgeartet *gg*
    Ich fand es nur wichtig zu zeigen, dass nicht alles nur negativ und schlecht ist, dass nichts "negatives direkt bekämpft werden muss", so wie man einen Feind mit einem Schwert niederschlägt. Sondern das es nur ein Bildniss ist, und das man den "Feind Unwissenheit" bekämpft, indem man sein Leben und seine Gewohnheiten umstellt um anderen zu nützen, und sich aus dieser Umstellung des eigenen Weltbildes Weißheit und Mitgefühl entwickeln.
    Gerade in unserer christlich geprägten Welt haben wir, wenn wir "Kampf" hören, ein sehr genaues Bild davon wie das auszusehen hat, kämpferisch und stark, und sogut wie nie mit Weißheit und Intelligenz. Ein sehr schönes Beispiel ist der immerwährende Kampf der Dämonen gegen Heerschaaren der Engel, welche versuchen den Himmel an sich zu reißen. Dieses biblische Bild hat sich über die Zeit in unsere Köpfe gebrannt - und das einzige was davon übrig geblieben ist - ist unsere Vorstellung von innerem Konflikt und Kampf. Das diese Dämonen eigentlich für die Versuchungen und all die Aspekte der Ich-Illusion stehen (Gier, Hass, Neid, Zorn) [oder aber für Wesen die diese Eigenschaften im Menschen nähren] - und man dagegen ankämpft in dem man diesen "Dämonen" keinen Nährboden mehr schenkt, ihnen also nicht mehr nachgeht, wenn sie sich in uns zeigen, haben die meisten Menschen schon wieder vergessen.

    Zitat

    Was wir gewöhnlich als Ego-Illusion bezeichnen, ist einfach Gier, Hass und Verblendung.


    Na es gehört ein bisschen mehr zum Ego und der Ich-Illusion als nur Gier, Hass und Verblendung. Und die Ich-Illussion existiert auch für uns, sonst gäbe es keinen Grund sich so viel damit auseinander zu setzen. Letztendlich ist es natürlich absolut vergänglich und hört auch mit unserem Körper auf zu exisitieren. Aber die Ich-Illusion ist nicht einfach nur eine Summe aus all unseren negativen Eigenschaften (Gier, Hass und Verblendung). Die Ich-Illusion ist einzig und allein das, was der Name so treffend beschreibt: Eine Ich-Illusion. Da ist weder etwas positives noch etwas negatives dran. Die Ich-Illusion ist Anhaftung, welche aus Unwissenheit entsteht. Und durch diese Anhaftung gehen all die negativen Eigenschaften wie Gier, Hass, Neid,... hervor. Jeder Gedanke, der sich um ein Ich dreht, ist folglich in irgendeiner Form schadhaft. Deswegen ist ein Schritt zum "Erkennen der Wahrheit", einen anderen Weg zu praktizieren - aus "Nein, das ist alles meins" wird "Bitte, nimm dir wenn du etwas haben möchtest". Durch die Praxis des Mitgefühls und Gebens erkennen wir erst (hinterher), wie falsch wir mit einem Ego-Zentriertem Weltbild liegen, aber das kann man nicht wirklich durch Analyse erkennen sondern erst durch Erfahrungen.
    Durch diese Erfahrungen entwickeln sich aus Gier, Hass und Verblendung andere Eigenschaften, etwa Hingabe, Wohlwollen und Mitgefühl.


    Man sagt also nicht einfach "Ich löse mein Ego auf" sondern man entwickelt diese obigen Eigenschaften und versucht die negativen Formen (Gier, Hass, Verblendung, Neid, Angst) zu verringern und sie zu überkommen, dadurch löst sich die Anhaftung und entsprechend die Ich-Illusion langsam auf. Das heißt aber nicht, dass man dann automatisch aufhört als Individuum zu existieren. Das Ego/Ich ist immer noch da, aber dann wird es vielmehr zu einem Ausdruck von Mitgefühl anstatt Verblendung.


    Eine andere wichtige Frage ist, wie das Ego und die Ich-Illussion überhaupt entstehen und was sie denn genau sind. Dazu versucht man sich am besten mal an die Zeit nach der eigenen Geburt zu erinnern (oder beobachtet es genau bei anderen Menschen). Ein kleines Baby hat kein Konzept von Ich und kann außerdem nicht räumlich wahrnehmen. Ein kleines Baby lernt sehr schnell dass es eine Mama und einen Papa gibt die sich um das wohlergehen kümmern. Im Laufe der Zeit kommen alle möglichen Geräusche, Bilder, Lieder, Farben und Formen und Objekte dazu. Das ist die Welt des Babys. Neben essen, trinken, in die Windeln machen und den Liedern, Bildern, Formen und Menschen existiert außerhalb nichts anderes. Das ist auch die Gedankenwelt, die sich ganz ganz langsam entwickelt. Irgendwann kommt die Erkundungsphase in der alles mögliche angefasst und genau angeschaut werden muss. Die Welt im Geiste des Kindes wächst langsam und wird durch viele Erfahrungen größer und reicher. Springen wir mal nach vorn wenn das Kind schon laufen kann und mit zwei Holz-Autos spielt.


    Welches Konzept von "Ich" hat ein Kind?
    Das Kind weiß ein paar sehr elementare Dinge: Wenn ich Hunger habe muss ich essen. Wenn ich durst habe muss ich trinken. Wenn ich auf Toilette muss - muss ich nach Mama rufen und auf Toilette gebracht werden. Vielleicht gibt es auch noch ein "Mir ist langweilig", allerdings zweifle ich daran, dass dieses Konzept vor 5 oder 6 Jahren wirklich existiert. Außerdem weiß das Kind natürlich wann es angesprochen wird und wenn es etwas gutes oder schlechtes getan hat (über die Kommunikation mit den Eltern). Diese Basis-Form von Ich existiert also.
    Aber wenn das Kind mit Spielzeug spielt, hat das Kind da im Kopf "Ich bin ein Mensch und spiele mit diesem Spielzeug?" - Ganz sicher nicht. Es denkt sich die tollsten und spannenden Geschichten dazu aus und benutzt alle Informationen die ihm zur Verfügung stehen - über Autos, Autofahrer, Straßen, laute Geräusche usw. Je nachdem wie viel Tv das Kind schon gesehen hat, auch über Autounfälle usw. - wobei das Konzept von Schmerzen und Tod natürlich noch nicht vorhanden ist. Während des Spielens versetzt sich das Kind aber in einen Zustand des Spielens, wo sich durch starke Vorstellungskräfte alle möglichen Geschichten bilden. Das Kind ist die Person in dem Auto oder das Kind ist das Auto mit dem es spielt. Es ist nicht mehr das Kind welches ein Spielzeugauto in der Hand hält. Das ist ganz einfach wie wir von klein auf die Welt wahrnehmen. Wenn wir größer und älter werden ändern sich die Geschichten natürlich entsprechend, aber es dauert bis zur Pubertät bis wir ein wirkliches Konzept von "uns selbst" bekommen. Nach der Pubertät nehmen wir immer noch genauso wahr wie vorher, d.h. wenn wir uns etwas vorstellen gibt es keine Trennung von Ich und Objekt, aber die Vorstellungen drehen sich nur noch um das eigene Ich (Ego). Das eigene Ego ist aber kein wirklich existierendes Ding - es ist ja nichts weiter als die Summe von Erfahrungen die wir von Geburt an gemacht haben. Alles was wir gesehen, gefühlt, gerochen, geschmeckt, gehört und gedacht haben. All das - sind aber (bis auf die Gedanken) Einflüsse von Außen gewesen und nicht aus uns selbst heraus entstanden. Und die Gedanken, das sind mer Verarbeitungen dieses Reize gewesen. Wir brauchen dieses Ego aber in der nicht-meditation um mit der Welt klar zu kommen - das Ego bietet uns ein Bezugsmodell an (z.Bsp. ob etwas gut oder schlecht war), und wie wir auf etwas gesehenes reagieren sollten. Es ist die Summe unserer Erfahrungen. Und durch die Art wie wir erfahren, bildet sich die Ich-Illusion. Diese Anhaftung/Ich-Illusion kommt einzig von der Unwissenheit, wie die Realität wirklich ist. Es ist ja nicht so das wir seit unserer Geburt jemals erlebt hätten wie die Realität wirklich ist. Wir waren von Anfang an auf unsere Sinne angewiesen und haben einfach darauf reagiert. Und ganz am Anfang (als wir noch kleine Babys waren), war unsere Sicht von der Welt wirklich, wirklich klein.
    Das hat auch einen wirklichen Vorteil: Wenn unsere Sicht auf die Welt und die Realität mit der Zeit immer weiter wächst, können wir sie auch erweitern und immer mehr an die wirkliche Realität angleichen - wir können aus unseren Erfahrungen wachsen und aus unseren Fehlern lernen. Und wir können falsche Bilder von der Wirklichkeit (die in Gier, Hass und Verblendung enden) korrigieren und uns selbst weiterentwickeln um Weißheit und Mitgefühl auszustrahlen.


    Warum ist das Ego so stark?
    Das Ego ist die Summe deiner Erfahrungen. Es ist das wodurch du die Welt bewertest und die Ich-Illusion ist, wie du die Welt siehst. Erst die Meditation und die Lehren von sehr klugen Menschen (wie Buddha) können uns helfen solche tiefen 'Missverständnisse' aufzulösen. Das Ego und die Ich-Illussion sind nichts schlechtes. Sie sind halt das, was wir glauben zu sein und bieten den Nährboden für Hass, Gier, Neid, Zorn und Angst - also für Leid. Aber das Ego ist nicht gleich Leid. Es ist - völlig wertfrei - unsere Erfahrung und die Missinterpretation unserer Erfahrungen. Deswegen können wir das Ego nicht direkt bekämpfen - wie auch? Es ist ja das was wir glauben zu sein, und wir können uns nicht einfach auflösen. Aber wir können dem Leid den Nährboden wegnehmen indem wir unsere Gedanken und unser Weltbild nicht mehr nur um uns selbst kreisen lassen, sondern um alle Lebewesen. In dem wir (für alle Menschen) etwas gutes tun, löst sich die Ich-Illussion von ganz alleine auf.


    Das sind übrigens nur meine ganz persönlichen Erfahrungen und stellen Anspruch an Allgemeingültigkeit dar.