Und nichts ändert sich schneller...
Beiträge von Mirco im Thema „Was ist Bewußtsein (viññāṇa) ?“
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Erdmaus:
ein Blitz dauert in etwa 10 ms. Das würde also eine Dauer von 10ms/10^12= 0.01ps ergeben. Zum Vergleich: Das Licht legt in dieser Zeit eine Strecke von 3µm zurück. Dies entspricht einem Zentel der Dicke eines Haares. Wärend das Licht (das schnellste was es im Universum gibt) also über einen Zentel einer Haardicke gekrabbelt ist, soll man einen Bewusstseinsmoment gehabt haben?
Wenn dem so wäre, würde uns bei der Betrachtung eines Lichtstrahls bei der Überwindung eines Meters wohl ziemlich langweilig werden.
Ferner ergibt diese Dauer eine"Bewusstseinsabtanstfrequenz" von 1/(0.01*10^-12s) = 100 Terahertz. Diese Frequenz bedeutet, dass wir demgemäß also 100 000 Milliarden Bewusstseinsmomente pro Sekunde hätten.
Es ist nun aber so, dass die Schaltfrequenz von Neuronen nur etwa 1kHz entspricht, wenn sie so schnell feuern wie sie können. Das bedeutet, dass unsere Neuronen im Gehirn nur 1000 mal pro Sekunde ihren Zustand ändern können. Um einen neuen Bewusstseinszustand zu generieren, muss unser Gehirn aber von einem Zustand in den nächsten wechseln. Diese „Wechselgeschwindigkeit" ist nun aber durch die maximale Schaltfrequenz (und diverse andere Faktoren) limitiert. Ein neuer Zustand muss ja durch ein ganzes Bündel von schaltenden Neuronen generiert werden, wobei diese "Wuselei" nochmal einen ganzen Batzen Zeit in Anspruch nimmt.
Unter dem Strich beläuft sich also die Bewusstseinsmomentanzahl/Sekunde auf einige wenige Momente/s. Eine recht überschaubare Anzahl also.
Übrigens: Da wir unsere Bewusstseinsmomente auch nur mit der Frequenz abtasten können, die sie selber haben (ist ja logisch), können wir unmöglich erfahren wie lange unsere Momente dauern. Um eine Frequenz abtasten zu können müssten wir laut Nyquist-Shannon-Abtasttheorem mindestens mit der doppelten Frequenz abtasten. Mit anderen Worten: Die Dauer des Bewusstseinsmomentes, mit dem wir unsere Bewusstseinsmomente betrachten, dürfte nur halb so groß sein wie der betrachtete Bewusstseinsmoment. Blöd nur, dass beide Momente per Definition gleich lang sind.
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Der menschliche »Input«
Auch wir Menschen verfügen über »Kommunikationskanäle«: unsere Sinnesorgane. Sie sind die »Empfangseinheiten«, die die aus der Umwelt aufgenommenen Informationen an das Gehirn weiterleiten. Die Berechnung der Größenordnungen ist relativ einfach und unstrittig, denn von jedem Organ läßt sich die Anzahl der Rezeptoren ermitteln: die Sehzellen des Auges, die Geschmacksknospen der Zunge, die druckempfindlichen Stellen der Haut, etc. Weiter liegen die Anzahl der Nervenverbindungen, die die Signale ins Gehirn leiten vor und es ist bekannt, wie viele Signale jede dieser Bahnen in der Sekunde übermittelt.
Die zustandekommenden Daten sind überwältigend. So gibt Tor Nørretranders in seinem Buch »Spüre die Welt« folgende Werte an:Sinnesorgan [Bandbreite (bit/Sek.)]
Augen [10.000.000]
Haut [1.000.000]
Ohren [100.000]
Geruch [100.000]
Geschmack [1.000]Demnach gelangen in jeder Sekunde über 11 Mio. Bits an Information über die Sinnesorgane in unser Gehirn!
Die bewußte Verarbeitungsfähigkeit
Das solche Informationsmengen jedes menschliche Gehirn überfordern würden, wenn sie bewußt verarbeitet werden müssten, sollte sofort einleuchten. Aber was kann unser Bewußtsein »verkraften«? Auch hierzu gibt es die schon erwähnten langjährigen Forschungs-Ergebnisse, die Zimmermann mit rund 40 bit/Sek. angibt. Die Bandbreite schwankt natürlich, so finden wir bei dem Psychologe Georg A. Miller die Faustformel von 7 ± 2 bits/Sek. und der Ingenieur Karl Küpfmüller (damals Prof. an der Technischen Hochschule Darmstadt) vermutete in den 1950/60 Jahren:
»Alle an der Nachrichtenverarbeitung im menschlichen Organismus beteiligten Instanzen scheinen auf diese obere Grenze von etwa 50 bit/Sek. eingerichtet zu sein.«Doch einige Bits mehr oder weniger sollen uns nicht weiter interessieren, denn faszinierend ist vor allem die Diskrepanz zwischen den über die Sinnesorgane aufgenommenen Informationen und den vom Bewußtsein letztendlich verarbeiteten. Der Physiologe Dietrich Trincker brachte es während eines 1965 anläßlich des dreihunderjährigen Bestehens der Universität Kiel gehaltenen Vortrages auf die nützliche (und nüchterne)
Faustregel: In den Kopf gelangen eine Millionmal mehr Bits, als das Bewußtsein erfasst.Und weil es so wichtig ist, nocheinmal ausführlich: »Von aller Information, die pro Sekunde von den Sinnesorganen her unserem Gehirn zufließt, gelangt ... nur ein sehr geringer Bruchteil in unser Bewußtsein: Das Verhältnis der Kanalkapazitäten von Perception [sinnliche Wahrnehmung] zu Apperception [bewußte Wahrnehmung] entspricht bestenfalls dem von 1.000.000 : 1«, schreibt Trincker. »D.h. nur ein Millionstel dessen, was unsere Augen sehen, unsere Ohren hören und die übrigen Receptoren melden, erscheint in unserem Bewußtsein.«
»Bildlich gesprochen«, fährt er fort, »ist unser Bewußtsein einem Bühnen-Scheinwerfer („spot light“) vergleichbar, der das Gesicht eines einzigen Schauspielers grell erleuchtet, während sich alle übrigen Personen, Gegenstände und Kulissen eines riesigen Bühnenraumes im tiefsten Dunkel befinden. Der Scheinwerfer kann gewiss wandern, aber es würde sehr lange dauern, bis er uns, eines nach dem anderen, sämtliche Gesichter des im Dunkeln verharrenden Chores enthüllt hätte. ... Diese erst seit kurzem bekannte Tatsache hat selbstverständlich für alle Bereiche des menschlichen Lebens größte praktische Bedeutung.«
Und mit diesem Bild hat Trincker auch die Fähigkeit des Bewußtseins angedeutet, die uns die geringe bewußte Datenverarbeitung nicht erkennen läßt. Nørretranders schreibt hierzu: »Da das Bewußtsein blitzartig von einem Gegenstand zum nächsten wechseln kann, wird seine Bandbreite nicht als begrenzt empfunden. In diesem Augenblick ist man sich der Enge seines Schuhzeuges bewußt, im nächsten der Ausdehnung des Universums. Eine einzigartige Gewandheit ist für das Bewußtsein kennzeichnend. Doch ändert dies nichts an der Tatsache, daß wir uns in einem gegebenen Augenblick nicht sehr vieler Dinge bewußt sein können.«
Interessant.