Beiträge von Alephant im Thema „Wertschätzung des Daseins“

    Onda:

    Und ich wundere mich, dass du forderst, Sachen (Glaubensinhalte) anzunehmen, die du für die Lebenspraxis offensichtlich als untauglich erachtest...


    Für meine Lebenspraxis resultiert aus dieser (für mich ersteinmal) lediglich abstrakten (auf begrifflicher Ebene gewonnenen) Einsicht dennoch eine große Skepsis bezüglich der Dinge, die mich faszinieren, anziehen, benebeln, verzaubern, u.s.w. Ich will ja gerade eben nicht verzaubert werden. Und ich stemme mich argumentativ gegen eine Zeit, die den Zustand der Verzauberung auf allen möglichen medialen und interpersönlichen Kommunikationsfeldern preißt.


    Was aber nicht heißt, daß ich dem (buddhistisch) ungeschulten Menschen mit einer solchen Aussage konfrontieren würde: Alles Leben ist Leid. Der nimmt mich doch nicht für voll...


    Gruß an alle

    ...deswegen spreche ich ja vom "theoretischen Buddhismus" Onda.


    Aber ich mache mir und dir nix vor Onda: ich gebe dir bei diesem Thema unheimlich gerne kontra. Ich kenne diverse theoretische Konzepte, die Natur des Menschens betreffend, und stelle als "Liebhaber kohärenter begrifflicher Systeme" fest: Buddha hat das alles von Anfang bis zum Ende straight durchgedacht. So ein Liebhaber der begrifflichen Systeme wie ich, sollte anderen natürlich keine ernsthaften Vorschläge für ihren Glauben geben (wenn es dem Liebhaber ja nur um irgendwelche Denksysteme geht).


    Ich appelliere eher an deinen wortgewandten und anscheinend auch: geschulten Geist, die zwingende Kohärenz dieses (gesamten!) Denksystems anzuerkennen. Was uns trotz verschiedener Anschauungen ja eint, ist die Liebe (die Anhaftung) zu der Begriffs- (Geistes-) Welt.

    ich wundere mich...


    "Wertschätzung des Lebens?" Da fehle etwas am Buddhismus? Das ist doch der (theoretische Kern des) Buddhismus. Leben ist Leid. Einziger Ausweg: Entrinnung des Kreislaufs. Ich schlage wirklich vor, daß diese Sache einmal angenommen wird.


    Natürlich ist das in der Lebenspraxis keine Einstellung. Genausowenig, wie die Christen tagtäglich die Schöpfung preisen (und das machen sie ja (wenn überhaupt...) noch nicht so lang (--> Jenseitstheologie in der Funktion der hoffnungsspendenden Idee im Angesicht des mittalterlichen Alltags der Massen). Aber so schnell geht es: Fertig ist neue maßgeschneiderte (pseudo-) buddhistische Idee: "Alles Leben ist scheiße."


    Ich denke, man erkennt auch schön, warum der Buddha selber so skeptisch gegenüber der Schrift und allgemein: der Sprache war. Es ist dermaßen leicht, an so einer Idee anzuhaften: das Leben ist Scheiße. Diese Idee könnte auch gut als Ausrede für einen gelten, der "seinen Arsch" einfach nicht hochkriegt. "Theoretischer Buddhismus" ist mitunter gefährlich.


    Aber nein: zentrales Element des B. ist die Überwindung des Kreislaufs der WiederGeburten (=absolute Vernichtung des Leids). Buddha lehrt uns: je tiefer, je wacher wir schauen, desto klarer erkennen wir. Was wir dann erkennen, behalten wir lieber für uns, um die Verwirrten nicht noch mehr zu verwirren?


    Die Sprache ist das Problem bei aller Vermittlung. Vielleicht manchmal schweigen? Ich denke, man kann an dieser Stelle aber wenigstens vielleicht von einem "buddhistischen Schock" sprechen. Der äußerst sich womöglich auch darin, daß einer plötzlich anfängt, sich vor zubereiteten Fleisch zu ekeln. Anstatt die Gaben zu preisen.


    Gruß an alle