Jobrisha:
… Ich merke immer wieder, wenn wir Menschen für unsere Fehlbarkeit Erklärungen suchen, werden wir sie finden. …
Ich denke, der Begriff »Fehlbarkeit« greift hier ein wenig weit. Wir stecken erst einmal in einem Dilemma. Ich würde das wie folgt beschreiben. Wir sind Teil einer Nahrungskette. Lebewesen ernähren sich von Lebewesen. Dieses Erdenrund und die Entwicklung sämtlicher Lebwesen basiert darauf, dass physische Ernährung auf dem Tod eines anderen Lebewesens basiert. Aka »Fressen und gefressen werden. Dies ist erst einmal kein Kreislauf, sondern eine Kette. Diese Kette beginnt bei den einfahchsten Lebensformen. Diese sind wunderbarerweise dergestalt von schlechtem Ernährungskarma freigestellt, als dass sie sich von, wie soll ich sagen »nicht-lebenden« Bestandteilen ihrer Umwelt ernähren können. Dann kommt lange fressen und gefressen werden. Das finden wir immer schön harmonisch und begeistern wir freuen uns an der Natur, wil ja jeder Fresser wieder ein Gefressener wird. Das schmeichelt unserem Fairness-Empfinden. Unglücklicherweise stehen wir am Ende dieser Kette. Wir können die Schuld, andere Lebewesen zu Essen, nicht mehr weiterreichen.
Verschiedene Ansätze versuchen nun, dieses Schuldgefühl zu minimieren. Z.B. Tiere scheinen uns ähnlich. Also klammern wir sie aus. Die ganze Betrachtung des »ist es eh gestorben oder extra für mich getötet worden, ist eine ähnliche Verschiebung. Nur, weil wir unsere »Schuld« in den Mechanismen dieses gegebenen Ketten-Prinzips nicht mehr weiterreichen können. Stell’s Dir mal vor – hättest Du so vordringliche Probleme, wenn Du jederzeit von einem anderen gefressen werden könntest, wenn diese Schuld sich vielleicht in einem Kreislauf »totlaufen« würde? De Facto tut sie das, nur dass unser Sterben am Ende dieser Kette eher mittelbar wieder zu den Stoffen führt, von denen sich die am anderen Ende der Kette beginnen zu ernähren.
All dies soll keine Entschuldigung für industrielle Massentierhaltung, profitorientierte Rodung von Regenwäldern, oder was man noch immer an krassen Beispielen für die Allmachtsphantasie des Menschen anfüren kann sein.
Aber ich denke, wir sollten verantwortliches Handeln nicht mit Schuldgefühlen und Fehlbarkeit begründen.
Letztliche Befreiung von diesem Prizip steht uns qua Überbevölkerung eh in eher kurzer Zeit bevor. Ernährung wird sich auf die Basis der künstlichen Synthetisierung von Nahrungsmitteln stellen müssen. Das passt uns allen in unserer Naturverliebtheit überhaupt nicht. Sich aber dagegen zu stemmen, hat nur zwei Ausgänge: Den Wachstumsgedanken (endlich) in Frage zu stellen und zu beenden, oder sich in einer scheuklappenartigen »Wenn es mich, der ich doch so gerne die tollen Natur Aber es löst ggf. a) den Mangel an Nahrungsmitteln und b) karmische Ernährungsfragen. Wenn die Entwicklung dieser Technologie noch einigermaßen achtsam betrieben wird…