Liebe Foris,
ein Thema, das für mich hohe Relevanz besitzt, betrifft das soziale Engagement von buddhistisch Praktizierenden.
Auch hier gibt es - verständlicherweise - verschiedene Ansichten. In allen buddhistischen Linien habe ich jetzt schon Kommentare vernommen, die sich gegen ein soziales Engagement aussprechen. Ein Argument, das ich im tibetischen Buddhismus schon öfters vernommen ist, bezieht sich auf den Umstand der Wiedergeburt: Da wir alle schon unzählige Male wiedergeboren sind (und wir alle zum Beispiel auch schon die Rolle eines Weltretter, oder Revolutionärs oder was auch immer schon eingenommen haben), wir jedoch immer noch im Daseinskreislauf gefangen sind, lohnt es sich nicht, in der Welt der Phänomene aktiv zu werden. Vielmehr sollte man durch ein monastisches Leben sein Bestes geben, eben diesen Kreislauf zu durchbrechen.
Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch viele (tibetische) Stimmen, die sich für ein Engagement in der Welt aussprechen. Der Dalai Lama oder auch der Karmapa sprechen in dieser Hinsicht deutliche Worte. Der Zustand dieser Welt erfordert es, sich entschieden für einen gesellschaftlichen und kulturellen Wandel einzusetzen.
Da wir nun in einem sehr wohlhabenden Land leben und selbst die Ärmeren von uns nicht in Gefahr laufen müssen zu verhungern, kommt es mir so vor, als ob die Dringlichkeit eines sozialen Engagements nicht so richtig ankommen kann. Der Zustand der Welt wird einfach nicht wirklich wahrgenommen, da er "zu weit weg ist". Das ist jetzt nicht vorwurfsvoll gemeint, sondern eher eine psychologische Tatsache: Wenn ein Mensch nicht emotional von etwas betroffen ist, ist es fast unmöglich für ihn, entsprechend zu handeln. (Es gibt da mittlerweile sehr viele und gute wissenschaftliche Erkenntnisse darüber...)
In den USA beispielsweise gibt es eine recht starke Verbindung zwischen der Occupy-Bewegung und buddhistischen Institutionen. Hierzulande ist davon nur sehr wenig zu spüren.
Meine Frage: Wie seht ihr das? Beziehungsweise, welche Bedingungen braucht es, damit sich ein sozial engagierter Buddhismus auch hier manifestieren kann (mal abgesehen von Tibet-Initiativen)?
Liebe Grüße
merkur