Beiträge von diamant im Thema „Über das Erlangen übernatürlicher Kräfte“

    Zitat

    dass die Schüler des Lehrers die Fähigkeiten dazu nutzen,
    sich Fragen im Dhamma klären zu lassen (magisch vor Ort erscheinen) oder um Lehrreden aus der Ferne (anderer Kontinent) 'mitzuhöhren'.


    und

    Zitat

    ich glaube erstmal alles, bis ich mir das Gegenteil beweise.


    Das ist ja in den genannten Fällen ganz leicht, wenn man es tatsächlich will. Man kann den Beweisen aber auch ständig ausweichen.Wenn mir einer magische Fähigkeiten weißmachen will, muss er sie mir zeigen. Für die o.g. Dinge braucht man nur ein Telefon oder Skype.

    Mit diesen Textstellen kann man natürlich besser leben. Sie sind ein Teil des glaubhafteren Mysteriums im Buddhismus. Und relativ geschickt gemacht. Wenn man aber z.B. die Passage übers Hörorgan liest, dann entdeckt man in dieser jahrtausende alten Schrift schon denselben Mechanismus der Täuschung wie heute bei Esoterikern. Zunächst wird so getan, als sei das himmlische Gehör unabhängig vom "Fleische". Dann aber werden genau die Dinge mitaufgezählt, die ein fleischliches menschliches Ohr so hört (Trommeln, Muschelhörner), es wird in "Fingerbreit" gemessen, es gibt einen "Schalleindruck". Es wird also auf der Grundlage einer Sinneserfahrung eine Supermanntechnik entwickelt, wie etwa, jedes Lebewesen in einem selbst hören zu können (immerhin erstaunlich, denn heute wissen wir ja, dass wir von unzählbaren Lebewesen besiedelt sind). Mich erinnert das eben an meine eigene Grundstruktur, der etwas vom Fantasten und Träumer anhaftet. So schreibt ein Fantast. Das ist ganz gut gemacht, aber es endet etwa da, wo die Filme enden, die versuchen, Aliens abzubilden und immer wieder ins gleiche Muster von kahlen, ovaläugigen, langarmigen Außerirdischen verfallen.


    Im Grunde hat man also mit dieser Stelle im Visuddhi Magga die ersten literarischen Höhenflüge dessen, was heute in anderer Form Wilber, Nydahl oder der Dalai Lama präsentieren: Irgendetwas Übermenschliches, dass sich aber auf ganz profane menschliche Gemeinsamkeiten zurückführen lässt und durch die rechte Prise Phantasie abhebt. So was hörten die Menschen schon immer gern.


    Möglicherweise hat man aber auch einfach jemanden, der wahnsinnig geworden war, interviewt, und seine Geschichte verarbeitet. Das droht einem nämlich tatsächlich, wenn man die Kleinstlebewesen auf sich oder irgendwelche Ameisen usw. hört. Das hält man schlicht nicht aus.


    Die Passage über die Erinnerung an frühere Leben hingegen mag ein Zugeständnis an die Hindus gewesen sein, die man mit ihnen vertrauten Vorstellungen der Reinkarnation interessieren konnte. Hier wird der gleiche Mechanismus benutzt, den etwa die Spiral Dynamics-Theorie aufgreift: Dadurch, dass definiert wird, wer auf welcher Entwicklungsstufe sich an welche Leben erinnert, wird im Umkehrschluss gesagt, wer dies nicht tue, könne diese Stufe nicht erreicht haben (und folglich nur deshalb auch nicht erkennen, dass es sich hier um eine unumstößliche Wahrheit handele). Ein zirkulärer rhetorischer Trick. Auch nicht schlecht, aber genauso wenig überzeugend.

    Mein Vater war Landwirt und hat auch, nachdem er das nicht mehr sein konnte, noch weiter in seinem relativ großen Garten (nach seiner bezahlten Arbeit) geschafft. Ich hege für Antaijis Lebensweise große Sympathie, weil mein Vater dieses "Do it yourself" ebenfalls vorlebte - und nicht nur aus schwäbischer Sparsamkeit. Das Ganze geschah dann auch in der Nachbarschaft, im Stillen, und wenn nach seinem Tod noch Essen zu uns rübergebracht wurde, hatte das sicher ein wenig damit zu tun (wobei meine Mutter in ihrer Freigebigkeit und Arbeitsamkeit ähnlich ist). Dadurch wird man auch bodenständig, genau wie Muho. Wenn man regelmäßig aufs Feld geht, kommen einem solche Spinnereien wie die (wörtlichen) siddhis nicht so schnell in den Sinn.


    Ich hingegen bin (auch) ein Träumer, ein Fantast, ein Schreiber. Darum spekuliere ich über das Mysteriöse und Mögliche. Was man durchaus als Zenadept komplett bleiben lassen könnte. Und darum sage ich hier noch was, dass ein bisschen korrigiert, was über Deshimaru gedacht wird. Man kann im Umfeld Sawaki nicht erwarten, dass Menschen versuchen, auf Wasser zu laufen oder durch Wände zu gehen, das ist einfach zu absurd. Aber Deshimaru hat einmal beschrieben, wie er in Seenot (oder unter Beschuss) das Hannya Shingyo rezitierte und davon überzeugt war, dass es ihn (und andere) schützen kann. Das ist für mich auch eine Form von siddhi. Kritisch betrachtet ein Aberglaube.


    Und nun kommt das Entscheidende: Ich bin zwar Träumer, aber auch Skeptiker. Deshimaru empfahl z.B., das Hannya Shingyo zu kopieren, abzuschreiben. Ich habe mir darum mal die Zeichen nur dieses Textes vor Dekaden zeigen lassen (Grundkenntnisse in der Zeichenfolge hatte ich von der Uni her). Ich habe es auch schon gemacht wie Deshimaru. Und ich empfehle es, insbesondere in der Not, hiermit wohl zum ersten Mal weiter: gya te, gya te, hara gya te, hara so gya te, boji sowaka! Das ist ein gutes Mantra.


    Aber im Gegensatz zu anderen (die schlicht nam myo ho renge kyo sagen ...) denke ich, dass es erst dann an Bedeutung gewinnt, wenn eine grundlegende, tiefe Einsicht zuvor gewonnen wurde. Und nicht durch bloßes Rezitieren. Nämlich die, dass auch dieses Mantra "leer" ist. Sonst hält man sich für unverwundbar, oder man glaubt wie eine Buddhistin in der DBU, dass das Verzehren von Vitamin C-haltigen Bonbons einen vor Virusgrippen schützt. Das Hannya Shingyo, oder dieser Satz daraus, werden dann rezitiert, genau weil man weiß, dass das Boot dennoch untergehen kann, dass der Beschuss einen dennoch treffen kann, dass dies das Ende sein kann. Das heißt, die Rezitation hält einen davon ab, einer Illusion zu verfallen, statt sie zu nähren.


    Den "Rest" - ob darüber hinaus eine Kraft des Mantras bestehen kann - möge jeder, der Lust hat, selbst checken ...

    Danke, no name. Beim langsamen Querlesen der Joko Beck-Bücher im Hugendubel hatte ich vor Jahren den Eindruck, dass die zum Besseren gehören.
    Wäre schade, wenn sie als Beispiel etwas nimmt, was irgendwie nix bringt - Mahlzeiten erkennen (es sei denn, man wollte sie vergiften).


    Du hast recht, dass ich hin und wieder Andeutungen mache. Ich bin davon überzeugt, dass man zum Beispiel durchs Ausmaß der Liebe und Zuneigung - obwohl ja eigentlich im Zen illusionär und im Palikanon letztlich ein skandha - einiges auslöst, was sonst nicht da wäre: Begegnungen, Gefahren spüren, in denen sich der/die andere befindet und ähnliches. Und mich interessiert, ob und wie man das - wie etwa auch Träume - nutzbar machen kann. Und genau daran hapert es oft, weswegen ich mich auch nur vorsichtig weiter darüber auslasse. Trotzdem - dem Rat, das als makyo (Täuschungen) anzusehen folgend und damit spielerisch umgehend, kann mich niemand mehr vom Gegenteil überzeugen, seit mindestens einer großen Liebesgeschichte. Auf der anderen Seite relativiert das auch die buddhistischen Weisheiten. Es gibt eben doch etwas, das sein Existenzrecht einfordert, trotz der erkannten "Leere" und "Vergänglichkeit" der Phänomene. Allerdings in eher sinn-loser Form, wie mir scheint.


    Gerade las ich auch die Warnung eines Börsenanalysten. Er fand heraus, dass Experten oft meinen, sie hätten etwa Crashs vorhergesehen. Rückblickend zeigt sich, dass sie nicht danach handelten. Und warum nicht? Weil sie sie gar nicht voraussahen. Sie täuschen sich über sich selbst und ihre Erinnerung. Weil ich zum Beispiel nicht genau gleich nach meinem Traum von Sasaki Joshu notierte, wie ich drauf kam, dass ich ihm als Tier wieder auf die Welt half, weiß ich weder als welches Tier noch ob ich mich da nicht sofort nach dem Aufwachen in eine Interpretation begab. Was besonders grotesk ist, wo wir doch nur über einen läppischen Traum reden.


    In einem anderen Thread habe ich Deshimaru verteidigt. Ein Grund ist, dass mir sein Verständnis des Karma half, diese Dinge einzuordnen. Experimentell legte ich z.B. meine Liebesgedanken und -gefühle (schmerzlich) ab, um zu sehen, ob es weiterhin zu überraschenden Treffen mit der Geliebten käme und dergleichen. Es geschah nicht. Es ist wie mit einem Experiment, an dessen Ausgang man nicht so recht glauben mag, aber dann bekommt man's wie Butter aufs Brot geschmiert. Wenn ich mich geistig von Leuten verabschiede, verschwinden die recht konsequent aus meinem Leben, das heißt dem Feld meiner Alltagsbegegnungen. Das war sogar bei meinem ehemals besten Freund so, mit dem mich über 20 Jahre Freundschaft verbanden. Früher lief der mir sogar bei Dates mit Frauen noch vorm Restaurant übern Weg. Das finde ich doch bemerkenswert. Es kommt mir so vor, als wolle der Buddhahdarma mir ein bisschen Schokolade für meine Bemühungen zuteil werden lassen.


    Vielleicht erzähle ich irgendwann eine größere Geschichte. Sie wird von Lucky Strike handeln. Denn Liebesgeschichten möchte man zu gern als Wunschträume abtun.


    Wichtig ist immer - es gibt keine Garantie für nix. Diese Geschichten sollen eben nicht heißen: Mit dem "übernatürlichen" Geschehen bekomme ich die Frau, die ich will. Im Gegenteil. Zur Schokolade gibt auch ein Stück Trocken Brot, damit es richtig sackt. Was dann aber das eigentlich tiefgründige Gefühl auslöst: "Ich kann nicht durch Wände gehen, aber wenn ich bis zum Anschlag Liebe, dann erschüttert das zumindest die Welt einer anderen Person. Ich kann nicht durch Wände gehen, aber wenn ich bis zum Anschlag hasse, dann gibt es sogar noch ein Rauchverbot in thailändischen Bars, die im Freien stehen." Auf dieser subtilen Ebene ist einiges bewegbar, nach meiner Überzeugung. Es geschieht nicht von selbst, aber es geschieht auch nicht so, dass es irgendein Normalverbraucher sehen oder verstehen würde. Diesen Energien sollte man unbedingt vertrauen. Das "Mysterium" hat seine Daseinsberechtigung, weil wir zu unreif sind, es zu begreifen. Also bemühen wir uns, bis wir in vielen Tausend Jahren vielleicht so mutiert sind, dass wir's verstehen (oder ganz anders oder "läppisch" nennen).

    Zitat

    das tatsächliche Stattfinden der überlieferten übernatürlicher Kräfte wird/wurde oft von namenhaften buddhistischen Führern der vergangenen 75 Jahre erwähnt


    Es hat einer behauptet, durch Wände gehen zu können? Wer denn? Nicht mal der Shakyamuni konnte dafür einen glaubhaften Zeugen benennen.


    Natürlich gibt es übernatürliche Kräfte. Sie sind im Zen genauestens definiert:


    Essen, Schlafen, Rülpsen und Furzen.


    Und Joko Beck hatte auch bloß diese Kräfte. Sonst hätte sie sich - wegen Hellsicht - nicht erst im Nachhinein beschweren müssen, dass Joshu Sasaki (angeblich) an ihrer Tochter rumfummelte.


    Der ganze Schmonzes aus dem Palikanon, der dazu weiter oben zitiert wurde, bedeutet bei genauer Betrachtung, dass Gehörlose also nicht erwachen können, da sie die menschlichen Stimmen nicht hören. Welche Herablassung! Was diese Schreiberlinge doch alles nicht bedacht haben ...