Beiträge von malsehen im Thema „Wege zur Auflösung Subjekt-Objekt Spaltung“

    Grund:
    Mabuttar:

    Obwohl es wohl schwierig ist für das Sein dem Sein zu entkommen, Viel Erfolg beim Abmühen :D


    Da hast du aber etwas falsch verstanden. Denn gemäß der schriftlichen Überlieferung ist sowohl Seinwollen als auch Nichtseinwollen abzulegen. Ein Abmühen ist also kontraproduktiv und setzt Wollen voraus 8)


    Wenn »Seinwollen und Nichtseinwollen abzulegen ist«, stellt sich mir die Frage, ob man sich nicht zu sehr an den mächtigen Begriffen Sein und Nichtsein reibt – bis hin zur Wahl des Verbs »entkommen«. Das schlichte Verb »wollen« tritt hier allzu leicht in den Hintergrund.
    Das eigene Wollen – und da formuliert mir bisher der Buddhismus nicht allzuviel neues – steht mir im Weg. Das Auftürmen von Beispielen, was alles nicht zu wollen sei bis hin zu scheinbar nicht unwollbaren Zielen bietet mir zwei Aussagen:


    1) Unterstreichen der Bedeutung des Wollens im Sinne von »Ja, es gibt vom kleinen bis ins Große nichts, ohne Ausnahme. Das Objekt des Wollens ist nicht das Thema.« Und damit auch ohne Hintertürchen für den, der mit der Ziesetzung des Nicht-Wollens befasst ist.


    2) Das Fehlen von Hintertürchen, also gerade die desparate Absolutheit der Aufgabe bietet auch eine gewisse Milde. Denn wenn es »nur« um das Wollen geht, werden die Objekte des Wollens vergleichbar, sie verlieren an Hierarchie. Ich kann mich an jeder Stelle in mir mit dem Wollen auseinandersetzen. Ich muss gar nicht beim Sein/Nichtsein anfangen.


    Auch wenn die buddhistische Lehre durchaus Zielvorstellungen beschreibt, bietet sie ja auch einen Weg. Der unabhängig von konkretisierteren Ausformulierungen durch spätere Exegese und die Durchführungsvorschriften von Schulen immer auch ein Angebot an das Individuum ist. Jegliches Objekt des Wollens ist nicht der Punkt. Objekte sind ja ggf. sogar sehr verschieden. Das Wollen ist übergreifender, jedem bekannt.
    Die Aufforderung, nicht zu wollen, kann in ihrem schlichten Imperativ sogar noch unfassbarer sein, als Sein oder Nichtseinwollen abzulegen. Indem diese Afforderung mir aber durch die Gleichmachung der gewollten Ziele freistellt, bei welchem Objekt meines Wollens ich damit arbeite, empfinde ich das als öffnend.

    Losang Lamo:
    malsehen:


    :) "Intellektuelle Redlichkeit" - das klingt spannend. Wie nennt sich das Fach dieses Professors?


    Der Mann ist seinem Portrait an der Uni Mainz nach »theoretischer Philosoph«.
    Er steht wohl eher auf der trockenen Seite des Ganzen, aber ich finde die Ansätze, von seiner Seite aus »Brücken« aufzuzeigen, Begrifflichkeiten aufzuräumen und so Trennendes sowohl zu klären, als auch Hürden aufzulösen, recht interessant.

    Mabuttar:

    Somit streben wir nach Leben, nach etwas, dass von Natur aus nicht ewig erreichbar ist... Das Verlieren ist vorprogrammiert, da kann man noch soviel beten. Am Ende heißt es einfach Akzeptieren und Loslassen die Fundamente der Spiritualität und tun was getan werden kann.
    Vielleicht ist gerade das der Kern der Religion > "Nicht Akzeptieren" und an den Wahrheiten von Jahrtausenden alten Lehren muss festgehalten werden, ja sogar eine strenge Linie der Tradition darf nicht unterbrochen werden. Das Fundament der Religion ist Angst sagte mal jemand.


    Von der verführerischen Einfachheit der religiösen Heilsversprechen zum Sterblichsein mal abgesehen, arbeite ich (nicht professionell, mit mir…) gerade genau an dem Thema Religion/Spritualität/Intellekt und Erknenntnis. Sehr interessant hierzu finde ich derzeit Herrn Metzinger mit diesem Vortrag:


    Youtube-Playlist des Vortrags
    Trasnkript des Vortrags als PDF

    Axel Benz:

    Der Verstand muss manchmal dazu in der Lage sein, sich auf ein Detail des großen Musters zu fokussieren, ohne dabei das Gesamtbild aus dem Auge zu verlieren. Anzustreben sind Fähigkeiten, die diesen Wechsel des Blicks ermöglichen, nicht solche, die den einen auf Kosten des anderen abwerten.


    Jawohl!

    Mabuttar:

    …Nichts Gutes ohne Böse würde bedeuten, wenn ich etwas Gutes tue, gleichzeitig etwas Böses passiert. OK konkreter, für jede gesunde Person muss es eine kranke Person geben !


    Das kann nicht wahr sein und gerade so etwas darf doch bei einer Nondualen Sichtweise nicht als Ergebnis rauskommen oder ?


    Ich habe dazu eine persönliche Haltung, die eher sagt: Es ist sowieso beides in Dir. Gut und Böse. Ich habe das mal aus der ganzen Verdrängungstaktik gegenüber dem realen, aber doch fast unfassbar Bösen (z.B. Faschismus, III. Reich) abgeleitet. Verdrängungstaktik, dergestalt, als dass gerne nach den personifizierten Betreibern/Propagandisten/Verführern und ihren Qualitäten gesucht wurde und wird. Nicht, dass das nicht auch von Belang ist. Es ist nur ein in meinen Augen verführerischer Weg, in dieser Projektion auf die anderen, »bösen« Personen den eigenen Charakter reinwaschen zu wollen. Eben dualistisch zu unterteilen: Da ist die (andere) Seite des Bösen (s.a. »Achse des Bösen«), hier ist (meine) Seite des Guten.
    In meiner Sicht ist die Annahme, dass beides in einem jeden wohnt, und nicht zwingend erst durch Mechanismen wie in Experimenten à la »Die Welle« zum Vorschein kommen muss, sondern jederzeit auch einen Einfluss auf mein Handeln haben kann, eher zielführend. Denn »das Böse« im einzelnen ist immer eher klein und im Gesamtzusammenhang kraftlos. In dieser Form kann man damit arbeiten. Wenn man es abtrennt, den Anderen zuspricht ist das eine Art von Augen verschließen, die dem Ganzen Raum geben kann, egal wie sehr ich auf die Anderen und ihr Böses achte…
    Dabei ist die Quote (X Einheiten Böses muss gleich X Einheiten Gutes) oder zeitliche Synchronizität für mich eher unerheblich.

    Mabuttar:

    Dennoch ist es interessant wo die Grenze gelegt wird. Ist die Grenze von Innen / Außen die Haut ? Das Herz ? Das Gehirn ? Selbst Gefühle und mein Körper kann ich als "umwelt" bezeichnen.


    Hmm, ich lese gerade Alva Noë: »Du bist nicht Dein Gehirn« – Eine radikale Philosophie des Bewusstseins.« (2011, Piper). Na, ja, ich bin irgendwo in der MItte steckengeblieben, nicht, weil das Buch einen nicht hält, aber ich hab gerade mal wieder zu viele Bücher angelesen…
    Er verwehrt sich darin gegen die neurowissenschaftlichen, allzu determinsitischen Ansätze der Definition von Bewusstsein.
    Dabei sind viele Fragestellungen und Antwortansätze (mal wieder alle freuen) buddhistischen Fragestellungen zur Herleitung der Leerheit nicht unähnlich. So zum Beispiel

    Zitat

    »Wir sind nicht im Gefängnis unserer Vorstellungen und Empfindungen gefangen«


    Wobei er nicht bei der Leerheit herauskommt, aber ich bin ja noch nicht durch.
    Vor allem aber begegnet der auch der Frage, wo eine Grenze zwischen einem Bewusstsein und einer Umwelt ziehen. Er stellt diese Frage immer wieder als Gegenposition zu einer organisch/physischen Lokalisation des Bewusstseins und damit zu einer chemisch/neurologischen Sichtweise.
    Ich finde gerade die prägnante Textstelle leider nicht.
    Zusammenfassend kann man die These vielleicht so formulieren:
    Bewusstsein ist nicht lokalisierbar.
    Weder im Sinne des nach immer kleineren Teilen oder Mechanismen im Menschen suchens.
    Noch des eine »formale Grenze« im Sinne eines Behältnisses (Gehirn? Schädel? Haut?) definierens, in der es dann »passiert«.
    Einbezogen in das Bewusstsein selbst werden sämtliche Handlungen. Dadurch, dass sie qua Erfahrung prägen, aber auch dergestalt, dass in einem beliebigen Moment das Bewusstsein nicht handlungsfrei ist.
    Dabei sind Handlungen nicht Bestandteile. Sie sind nicht abteilbar (!). Ohne sie kein Bewusstsein.

    Zitat

    »…Als wäre die einzige Alternative zu der Vorstellung, dass dieses denkende und fühlende Ding in unserem Inneren immateriell und übernatürlich ist, die Vorstellung, dass es Teil unseres Körpers ist. Erstaunlich wäre die Vorstellung, dass wir uns das Bewusstsein ganz falsch vorgestellt haben – als etwas, das wie die Verdauung in unserem Inneren vor sich geht. Stattdessen sollten wir es als etwas sehen, was wir tun, was wir aktiv betreiben.«

    »Damit wir das Bewusstsein von Mensch und Tier verstehen, dürfen wir den Blick nicht in die stillen Winkel unseres Inneren richten, sondern müssen untersuchen, wie jeder einzelne von uns als ganzheitliches Lebewesen das Leben in der Welt, mit der Welt und als Reaktion auf die ihn umgebende Welt lebt. Das erlebende Subjekt ist nicht ein Stück Fleisch unseres Körpers. Wir sind nicht unser Gehirn.« …


    Ich meine hier in sofern eine Auflösung der Subjekt-Objekt-Spaltung wahrzunehmen, als dass die Subjekt-Grenze mindestens auf die Interaktion mit dem Objekt, wenn nicht gar auf die Objekte (Umwelt) ausgedehnt wird.