mukti:Besteht bei dem Wort "Buddhanatur" nicht das Risiko sich eine Daseinsstütze zu schaffen? Das war auch Eingangs meine Frage: Wozu einen zweiten Begriff wenn es dafür bereits Nibbana (Verlöschen) gibt? Frage nur damit ich vielleicht mein Verständnis weiter herausarbeiten kann.
Das ist ja generell der Punkt, an dem Thervada und Mahayana auseinder gegangen sind. Im Theravada war ja die klare, scharfe Trennung zwischen Samsara und Befreiung wichtig. Deswegen versuchte man, alles als Verneinung zu formulieren. Weil man der Ansicht war, das alles positiv formulierte, dazu vereinnahmt werden kann, als Anhaftung und "Daseinsstützte" zu dienen. Gerade im Bezug auf den "Anatta" Begriff, der ja gewissermaßen der Kern des Buddhismus ist, war man sehr bedacht, dass dieser nicht zu einer Atman/Brachman Vorstellung umgedeutet wird.
Buddha war ja ursprünglich einer jener Asketen, die alles Weltliche verabscheuten. Später erkannte er, dass auch an diesem "Verneinen" anhaften kann, und lehrte einen mittleren Pfad der weder an der Welt noch an ihrer Verneinung anhaftete. Aber auch innerhalb der buddhitischen Sangha gab es immer wieder beide Strömungen und man musste mal in die eine, mal in die andere Richtung gegensteuern. Auch Devadatta war ja ein Anhänger der asktischeren Richtung und er kritisierte Buddha dafür, dass die Mönchregeln zu lax seien und verschärft werden sollten.
In den Jahrhunderten nach Buddhas Tod verschärfte sich dieser Grundonflikt. Gerade die Masse der Laien wollten neben der Verneinung auch etwas, auf das sie sich positiv beziehen können. Rezitationen, Buddhstatuen, Gebete, religöse Gesänge usw. Während einige Mönche dazu tendierte, sich in Verneinung und Asketentum zu überbieten. Die Anhaftungen an Weltzugewandtheit und Weltabgewandtheit polarisierten sich also.
"Nibbana" ist ein Begriff, der Befreiung negativ (als ein Verlöschen) bezeichnet. Eine Negativität, die bewusst so gewählt wurde, um keine Daseinstütze zu schaffen. "Buddhnatur" ist ein Begriff, bei dem diese "Nebenwirkung" als weniger wichtig gesehen wurde und man sich "positiv" auf Befreiung bezog.
Ich finde es toll, wenn sich jede Schule, mit den negativen Seiten des eigenen Ansatzes beschäftigt. Der "Broken Buddha" Text in dem anderen Thread ist ein gutes Beispiel, für konstruktive Selbstkritik im Theravada, wo gezeigt wird, wie die Verneinung zur Unmenschlichkeit umschlagen kann. Im Zen gibt es dafür auch Beispiele, wie gerade ein freiere und offenere Interpretation buddhitischer Inhalte, zu Verhehrungen führt. (z.B Brian Victorias Buch zum Zen-Faschismus oder Hamachers "Zen hat keine Moral!“)