Hallo alle miteinander,
ich lese gerade "Lojong - Der buddhistische Weg zu Mitgefühl und Weisheit" von Shamar Rinpoche, da ich mich stärker mit dem tibetischen Buddhismus befassen möchte und mir auch vorgenommen habe, eines der Bodhi Path Zentren zu besuchen, wenn wir wieder "Auslauf" haben.
Dabei bin ich nun bereits in den vorbereitenden Praktiken auf eine Meditation gestoßen, die mich massiv beunruhigt und gegen die ein sehr, sehr starker Widerstand in mir existiert. Und zwar geht es dabei darum, sich selbst als verwesend zu manifestieren, um Ekel gegenüber dem menschlichen Körper zu entwickeln und damit gegen Begierde vorzugehen. Es ist nun nicht so, dass ich skeptisch bin, ob das funktionieren kann. Eher im Gegenteil, ich bin eher besorgt darüber, DASS es funktioniert, aber vielleicht mit ungewollten Folgen. Dabei denke ich vor allem an zwei Dinge:
1. Dass es im Buddhismus sinnvoll ist, Begierden zu bekämpfen, finde ich nachvollziehbar. Aber durch Ekel? Tauscht man da nicht nur eine leidvolle Erfahrung durch eine andere aus?
2. Ich bin sehr misstrauisch, ob man wirklich so zielgerichtet Ekel nur gegenüber dem Körper schaffen kann. Ich meine, unser Geist ist sehr komplex, und ich kann mir gut vorstellen, dass ein nicht erleuchteter Geist bei dieser Visualisierung den Ekel dann nicht nur mit dem Körper des Menschen assoziiert, sondern auch mit dem Menschen an sich. Und das wäre zum einen eine furchtbare Erfahrung, gerade wenn sie durch lange Meditation stark in das Bewusstsein eingebrannt ist, und zum anderen auch nicht gerade förderlich, wenn es darum geht, mitzufühlen und zu lieben.
3. Ich tue mich ohnehin schon immer sehr schwer mit meinem Körper, da ich seit meiner Kindheit mit Übergewicht zu kämpfen habe. Ich glaube nicht, dass es da sonderlich heilsam wäre, mit einer Meditation am Beispiel des eigenen Körpers Ekel für den menschlichen Körper zu manifestieren (davon abgesehen, dass ich diesen Ekel-Ansatz eh etwas radikal finde).
Deshalb würde ich mich freuen, wenn ihr mir auf zwei Fragen Antworten geben könntet oder eure Gedanken dazu teilen könntet:
1. Zum konkreten Fall: Habt ihr Erfahrung mit dieser Meditationspraxis gemacht? Haben euch Lehrer davon berichtet und sind eventuell auch auf solche Aspekte eingegangen, zu denen ich gerade Bedenken geäußert habe? Würdet ihr so eine Praxis durchführen oder habt ihr da in eurer Schule / bei euren Lehrern andere Herangehensweisen, an das Thema Begierden heranzugehen?
2. Mal ganz allgemein: Buddha hat ja betont, man solle alle Lehren prüfen, bevor man sie annimmt und ihnen nicht blind vertrauen. Wenn das Resultat einer solchen Lehre entweder eine Verbesserung oder Stillstand sein kann, mag das ja auch eine sinnvolle Herangehensweise sein. Aber wenn die Lehre eventuell auch langfristigen Schaden verursachen könnte, wie ich in diesem Fall befürchte, dann gibt es ja keinen wirklich guten Weg, das zu prüfen, oder? Gerade weil es ja auch sehr subjektiv sein kann, was für Erfahrungen man mit solchen Praktiken macht und die Berichte von anderen nicht unbedingt mit den eigenen Erfahrungen übereinstimmen müssen. Wie haltet ihr es damit?
Liebe Grüße und kommt gut durch die schwierige Zeit gerade!