Beiträge von Wesen

    Ich habe gerade in einem anderen Forum über die Gemeinsamkeiten zwischen Buddhisten und den aus den Star Wars Filmen bekannten Jedi diskutiert. Dabei kam die Frage auf, ob im Buddhismus zwischen Ego und Selbst unterschieden wird. Auch der Begriff Atman tauchte auf. Könntet ihr mir bitte erklären, was genau mit Atman gemeint ist und ob es eine Unterscheidung zwischen Ego und Selbst im Buddhismus gibt?


    Edit: Oder ist Ego und Selbst synonym zu verstehen?


    LG Wesen

    accinca:
    Wesen:

    Diese Definition stammt von viewonbuddhism.org:


    Das ist auf alle Fälle nicht schlecht, beinhaltet aber nicht sich an sinnlicher Lust zu ergötzen.


    Ich habe mal auf palikanon.com nachgelesen und muss dir im Nachhinein zustimmen, jedwede sexuelle Handlung scheint ein Ausdruck von Anhaftung zu sein, egal wie man es dreht und wendet. Du hast gewonnen. :grinsen:


    Was das Wirken zum Nutzen anderer angeht, habe ich euch jetzt so verstanden, dass ihr dies ebenfalls als Ausdruck von Anhaftung begreift, weil bereits die Motivation etwas für andere zu tun, die Anhaftung birgt. Das klingt erst mal logisch für mich, allerdings auch irgendwie ernüchternd.


    Heißt für mich, man solle den schönen Dingen keine übermäßige Beachtung schenken, damit Anhaftung gar nicht erst entsteht. Klingt einleuchtend.


    accinca:


    Was glaubst du wohl, warum nicht überall Befreite herum laufen?
    Warum es Betrüger, Verbrecher, Räuber, Mörder, Terroristen gibt?
    Eben wegen diesen Begierden und den den Begierden entsprechenden Ansichten.


    Ich glaube, dass solche Menschen einfach extrem verblendet sind. In einem Ausmaß, das die Verblendung der meisten anderen bei weitem übersteigt. Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber die haben das Glück im Innern noch nicht gefunden und suchen daher weiterhin vergeblich im Außen.


    Ich möchte noch etwas ergänzen.


    Diese Definition stammt von viewonbuddhism.org:


    Zitat


    Die Definition von Liebe im Buddhismus lautet: Wollen, dass Andere glücklich sind.
    Diese Liebe ist unbedingt und verlangt eine Menge Mut und Akzeptanz (Selbst-Akzeptanz eingeschlossen).
    Der „nahe Feind“ der Liebe, oder eine Qualität, die dieser Liebe sehr ähnlich erscheint, jedoch mehr ein Gegenteil ist, ist: bedingte Liebe (egoistische Liebe; siehe dazu auch die Seite über Anhaftung).

    mukti:
    mukti:


    Na was gäbe es dann für einen Grund nach Schönem und "Erbaulichem" zu trachten wenn nicht Anhaftung, und die ist nun mal unheilsam. Dieses angebliche Genießen ohne Anhaften erscheint mir wie Selbstbelügung. Wenn man etwas nicht braucht dann lässt man es eben, dann ist das eine eindeutige Sache. Und Freiheit von Anhaftung ist Bedingung für Glück.


    "Na was gäbe es dann für einen Grund nach Schönem und "Erbaulichem" zu trachten."
    Nach etwas trachten impliziert, dass man etwas haben will. Was ich meine ist, dass man einfach die schönen Dinge genießen soll, ohne eben emotional anzuhaften bzw. nach etwas zu trachten. Der für mich einzige wirklich triftige Grund, neben der Fortpflanzung, ist natürlich, aus gegenseitiger Liebe Sex zu haben.
    Mir drängt sich aber dazu schon länger eine Frage auf: Wenn ich jemandem Trost spende oder allgemein zum Nutzen anderer wirke, wäre das dann auch Anhaftung? Weil ich möchte ja in dem Moment etwas. Aber dies würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass man sich auch von positiven Dingen befreien muss und dazu zähle ich eben auch Liebe und Mitgefühl. Ich konnte bisher keine befriedigende Antwort darauf finden und will keinesfalls den Eindruck erwecken, dass ich die Weisheit mit dem Löffel gefressen hätte. :grinsen:



    Doch, natürlich kann man anhaften. Aber man kann eben auch nicht anhaften. Meiner Ansicht nach.
    Ich verstehe deinen Standpunkt. Du setzt Sex mit Begierde bzw. Anhaftung gleich. Für mich ist Sex erst mal nur ein körperlich angenehmer Akt, den man idealerweise aus Liebe ausüben sollte und der auch angenehm für beide Seiten sein sollte. Nach meinem Verständnis kann Sex Anhaftung auslösen oder auch nicht, wobei man dann schauen müsste, welcher Aspekt am Sex genau die Anhaftung auslöst.


    accinca:
    mukti:

    Und Freiheit von Anhaftung ist Bedingung für Glück.


    Und damit keine falschen Vorstellungen aufkommen:
    Freiheit von Anhaftung ist Bedingung für die Befreiung vom Leiden.


    Die Aussage ist lediglich verkürzt. Freiheit von Anhaftung ist eine Bedingung für die Befreiung vom Leiden, was wiederum eine Bedingung für Glück ist.
    Ich weiß nicht, warum du unterschwellig so aggressiv reagierst. Ist dir nicht klar, dass jeder Mensch die Welt etwas anders wahrnimmt? Du wirfst mir vor, ich würde an meinen Ansichten anhaften, doch haftest du deinen eigenen nicht ebenso an? Du stempelst meine Wirklichkeit als schlicht falsch ab, weil sie nicht deiner Auffassung von Wahrheit entspricht und gibst dir große Mühe, deine Ansichten gegen andere zu verteidigen. Ich habe das früher auch oft gemacht, bis ich erkannt habe, dass es völlig sinnlos und kräftezehrend ist und letztlich nur dem Ego dient. Man kann niemanden von "seiner Wahrheit" überzeugen und das sollte auch niemals das Ziel sein. Stattdessen ist es sinnvoller, das ständige relative Bewerten aufzugeben und einfach zu akzeptieren, dass es so unterschiedliche "Wahrheiten" gibt, wie es Menschen gibt. Wenn Menschen den Buddhismus im Verlauf der Jahrhunderte nicht unterschiedlich aufgefasst hätten, dann gäbe es heute nicht die vielen unterschiedlichen Schulen und Ausprägungen. Was mich aber interessieren würde: Fasst du die buddhistische Lehre so auf, dass man sich angenehmen Dingen verwehren sollte, weil Angenehmes Anhaftung birgt? Dann würde mich nämlich auch deine Antwort auf meine oben gestellte Frage interessieren. Glaubst du, dass man sich von positiven Dingen wie Liebe und Mitgefühl befreien muss, wenn man Anhaftung überwinden will?


    Was Heilige oder "Nichtwiederkehrer" angeht oder überhaupt Nirvana, so mache ich mir darüber noch keinen Kopf, denn wenn man darüber spricht, verlässt man jegliche rationale Grundlage und begibt sich auf ein rein spekulatives Niveau. Fakt ist, wir wissen nicht, was nach dem Tod geschieht, noch ob Reinkarnation tatsächlich existiert. Man kann sich entscheiden, ob man daran glauben will, aber man könnte genausogut an einen Himmel, eine Hölle und einen lenkenden Gott glauben. Im Buddhismus wird zwar alles viel logischer Erklärt, Samsara, Nirvana, Reinkarnation, Nichtwiederkehrer und so, aber es bleibt dennoch ein reines Glaubenskonstrukt.

    mukti:
    Wesen:

    Anhaftung ist demnach ein leidvoller Zustand, den es zu überwinden gilt. Ich habe jetzt im Augenblick keinen Sex und leide auch nicht unter diesem Zustand, dass ich jetzt gerade keinen Sex habe, also hafte ich nicht an. Hätte ich aber jetzt gerade Sex, gäbe es ja keinen Grund anzuhaften.


    Warum dann überhaupt Sex haben wenn er einem nicht abgeht, da könnte man es ja gleich für immer sein lassen.


    Mal vom naheliegendsten Aspekt abgesehen, der Fortpflanzung, kann Sex ja schon eine erbauliche und heilsame Wirkung haben. Es fühlt sich ja auch nicht gerade unschön an. :grinsen:
    Es gibt aber keinen wirklich triftigen Grund, nur weil Sex schön ist, daran anzuhaften. Übehaupt gibt es keine triftigen Gründe, überhaupt an irgendwas anzuhaften. Gleichwohl tragen aber natürlich alle Dinge das Potenzial dafür in sich, das will ich gar nicht bestreiten. Es kommt eben drauf an, was man als Bedingung für Glück akzeptiert.

    accinca:
    Wesen:

    Ich sprach von heilsamer Sexualität zwischen Menschen, die sich lieben.
    Nicht von Vergewaltigungen, dem Rotlichtmilieu oder Sex aus Mitleid.


    Das wahren ja auch nur Erklärungsversuche wie man sich Sex ohne Anhaftung vielleicht
    vorstellen könnte - wenn überhaupt. Bei "Sex zwischen sich liebenden" kann ich mir das
    eben nicht vorstellen sondern halte solche Vorstellungen für reine hormongesteuerte Verblendung.
    -


    Das liegt dann vielleicht daran, dass ich den Begriff anders auffasse, als du. Ich habe Anhaftung so verstanden, dass man sich nicht an Dingen emotional festklammern soll, da dies unweigerlich mit Leiderfahrung einhergeht. Anhaftung ist demnach ein leidvoller Zustand, den es zu überwinden gilt. Ich habe jetzt im Augenblick keinen Sex und leide auch nicht unter diesem Zustand, dass ich jetzt gerade keinen Sex habe, also hafte ich nicht an. Hätte ich aber jetzt gerade Sex, gäbe es ja keinen Grund anzuhaften.


    Ich sprach von heilsamer Sexualität zwischen Menschen, die sich lieben. Nicht von Vergewaltigungen, dem Rotlichtmilieu oder Sex aus Mitleid. Deine Worte sind von einer aggressiven Grundstimmung durchdrungen, daher spare ich mir weitere Ausführungen und belasse es einfach dabei.

    accinca:
    Wesen:

    Der Wunsch nach Sexualität ist meines Erachtens erst einmal nur ein Impuls
    des Körpers und hat weniger mit Begierde oder Anhaftung zu tun.


    Das ist zu flach. Körperliche Dinge können immer nur Auslöser sein. Sie selber
    haben keine Wünsche. Es sind nur tote Substanzen aber es können bei gegebener
    "psychischer Disposition" (um es mal so auszudrücken) Gefühle ausgelöst werden.


    Ich habe mich ungenau ausgedrückt. Was ich sagen wollte war, dass gelebte sexuelle Intimität mit einem Partner nicht zwangsläufig mit Begierde (Anhaftung) einhergehen muss. Erst wenn man Sexualität als eine Bedingung für Glück definiert, haftet man an.


    Was Sexualität an sich angeht, so kann man sie natürlich rein rational unter biologischen Gesichtspunkten erklären. Ich finde aber, das wird dem Ganzen nicht gerecht. Liebevolle Sexualität, die nicht nur dem Befriedigen eigener Wünsche bzw. Trieben dient, kann durchaus heilsam für beide Partner sein. Außerdem dient nicht jede Form von Beziehung auschließlich der Arterhaltung.


    accinca:
    Wesen:

    Was das Anhaften an den Partner angeht: Ich lebe seit fast 15
    Jahren glücklich in einer Partnerschaft, doch ist es nicht so, dass ich an meinem
    Partner anhafte oder gar besitzen möchte.


    Das würde ich an deiner Stelle aber nicht glauben.


    Warum denn nicht? Es ist durchaus möglich, nicht am Partner anzuhaften. Das äußert sich schlicht darin, dass man zusammen die gemeinsame Zeit genießt, ohne sich an sie emotional zu klammern, sich gegenseitig Freiheit zu lassen und den Partner nicht vereinnahmen zu wollen.


    Um nochmal aufs eigentliche Thema zu kommen: Der Liebe anhaften kann man m. E. nur, wenn man noch nicht gelernt hat, Selbstliebe zu entwickeln (bitte nicht als Liebe zu einer Ich-Entität verstehen, das meine ich nicht). Dann sucht man die Liebe im Außen und macht Glück von anderen abhängig. Liebe, die frei von Anhaftung ist, ist nicht davon abhänig, ob sie erwidert wird. Das meine ich mit bedingungsloser Liebe. Ist man fähig zur Selbstliebe, braucht man sie nicht im Außen zu suchen, sie ist allenfalls ein Bonus, aber keine Bedingung mehr für Glück.

    Ich melde mich auch mal zu dem Thema zu Wort, vielleicht kann ich etwas Erhellendes zur Diskussion beitragen. Der Zustand der anhaftenden Liebe ist mir nicht fremd. Es gab mal eine Zeit in meinem Leben, da war ich ein sehr eifersüchtiger Mensch. Eifersucht ist ja eine extreme Form der Anhaftung. Mir ist es irgendwann jedoch gelungen, mich von diesem leidvollen Zustand zu befreien und dies hat auch dazu geführt, dass ich heute ein eher weites Verständnis von Liebe habe. Im buddhistischen Jargon würde man wohl von bedingungsloser Liebe sprechen. Bedingungslose Liebe seinem Umfeld gegenüber und Liebe in einer Partnerschaft unterscheiden sich überhaupt nicht voneinander. Nun mögen vielleicht einige einwenden, dass in einer Partnerschaft auch Sexualität gelebt wird. Der Wunsch nach Sexualität ist meines Erachtens erst einmal nur ein Impuls des Körpers und hat weniger mit Begierde oder Anhaftung zu tun. Man kann diesem Impuls nachgeben oder auch nicht und man hat auch die Wahl, ob man diesem Impuls auf heilsame oder unheilsame Weise nachgibt.
    Was das Anhaften an den Partner angeht: Ich lebe seit fast 15 Jahren glücklich in einer Partnerschaft, doch ist es nicht so, dass ich an meinem Partner anhafte oder gar besitzen möchte. Mir ist klar, dass diese Beziehung irgendwann durch den Tod beendet werden wird, doch ist dies kein Grund für mich in Hoffnungslosigkeit zu versinken, solange ich jeden Augenblick im Jetzt lebe und keine Gedanken an Vergangenheit und Zukunft verschwende.
    Der Ausspruch "ich liebe dich" ist lediglich eine verbale Form seine Liebe zu bekunden und sagt noch nichts über Anhaftung aus. Genauso könnte ich "ich liebe dich" jedem fremden Menschen, der mir auf der Straße begegnet, zurufen. Nur ist dies in unserer westlichen Kultur nicht unbedingt üblich. :grinsen:
    Ich sage meinem Partner immer, dass er seine Liebe nicht auf mich oder auf irgendwen beschränken soll, denn das ist nicht die Natur der Liebe.
    So viel zu meinen Gedanken dazu.