Beiträge von Erdmaus im Thema „Diskussion: "Buddhistische Wiedergeburt"“

    Leute,


    Nehmt euch mal ne Auszeit vom Forum. Die Gespräche hier laufen doch Jahr für Jahr in den immer gleichen Schemata ab.
    Zum Schluss wird nur noch gestritten. Ich würde das echt nicht durchalten. Da bekommt man ja Ausschlag :)
    Eine gesunde Streitkultur ist ja zu begrüßen, aber hier ist es ja schlimmer als in einer Bibelstunde. Dieser religiöse Eifer... :roll:


    Also ich tu mir das nur noch in kleinen Dosen an. Zur Beruhigung kann ich mir danach immernoch einen schönen Zombifilm angucken. ;)


    Grüße
    Maus

    Zitat

    Er wird an den Auswirkungen auch leiden, wenn sie ihm nicht bewusst sind,


    Wobei man hinzufügen sollte, dass diese Ansicht auf religiösem Glauben basiert und nicht auf empirischem Wissen. Es gibt sehr wohl Verbrecher, die bis ans Ende ihrer Tage ein recht unbeschwertes Leben führen.
    Natürlich glaubt der Buddhist daran, dass nach dem Tode dann irgendein Höllenbereich wartet, oder die Wiedergeburt unangenehm wird. Aber das sind nunmal nichts weiter als religöse, unüberprüfbare
    Dogmen. Nach dem was wir heute über das Gehirn wissen, endet mit dessen Zerfall auch alles was diesen Mensch einmal ausmachte. Wenn man diese Erkenntnisse ernst nimmt, so muss man nach heutigem
    Wissensstand also davon ausgehen, das die obige Aussage in dieser Absolutheit nicht haltbar ist. Allerdings ist es richtig, dass persönliches Glück und Wohltätigkeit in einem kausalen Zusammenhang zueinander stehen.
    Dies hat die Glücksforschung bereits herausgefunden. Das hat aber nichts mit Esoterik zu tun und es schließt auch die Möglichkeit ein, dass im Einzelfall ein grausamer Verbrecher nicht unter seinen Taten leiden muss.
    Hier hängt es davon ab, wie sein Gehirn und damit seine Persönlichkeit neuronal abgebildet wird.


    lg
    Maus

    Zitat

    Ich finde es interessant, das Konzept des evolutionären Prinzips hier zu thematisieren. Es ist die Anpassungsfähigkeit an immer neue Umweltbedingungen, die eine Spezies überlebensfähig macht. Für Religionen gilt das gleiche. Wenn sie sich dem Wandel zu stark entgegenstemmen, werden sie untergehen. Allerdings haben viele Religionen, insbesondere in ihren fundamentalistischen Ausprägungen eine starke Tendenz zum Konservatismus (Die "Reine Lehre" ist die ursprüngliche, die alte). Die Geschichte wird entscheiden, welche Religionen überleben und welche sterben werden.


    Hallo Onda,


    verzeih mir die verspätete Rückmeldung (wird leider auch in Zukunft oft nicht anders gehen, da ich wenig Zeit für dieses Forum übrig habe) . Ich möchte auf deine Ergänzung noch etwas genauer eingehen.


    Mit "Evolutionär" meinte ich im Kontext dessen was ich schrieb keinesfalls die biologische Evolution, sondern eine bewusste Evolution des Weltbildes basierend auf der vernünftigen Zurkenntnissnahme von Forschungsergebnissen. Dies bedeutet ständiges Infragestellen des alten Weltbildes und - sofern dies durch neue Erkenntnisse sinvoll erscheint - seine Modifikation. So arbeitet unter Anderem die Wissenschaft. Michael Schmidt Salomon (ein Religionskritiker und Mitbegründer der Giordano Bruno Stiftung) spricht vom evolutionären Humanismus. So möchte ich den Begriff verstanden wissen und so fühle ich mich: Als evolutionären Humanisten und Naturalisten. Der Begriff "Naturalistisch" bezieht sich hierbei darauf, dass ich davon ausgehe, dass es in der Welt mit rechten Dingen zugeht und weder Kobolde, Elfen, Dämonen oder Götter in die Naturgesetze eingreifen. Das bedeutet natürlich auch, dass ich die komplette Lehre des Buddha dahingehend umkrempeln muss um Natürliches und Unnatürliches (oder schlicht Unsinniges) voneinander zu trennen. Nur so bleibt mein Weltbild rational und vernünftig. So wie ein Kind langsam lernt, dass unter dem Bett oder im Schrank keine Ungeheuer lauern und Gespenster nicht existieren (Dinge, die im Weltbild eines gestandenen Buddhisten oder Christen durchaus vorkommen), so hat eben auch der Naturalist angefangen sich des Aberglaubens zu entledigen. Übrigens glaubt selbst der Dalai Lama und andere Buddhisten noch an Orakel, Geister und Gespenster und Dämonen - ja sogar an Schutzengel. Alles Dinge die ein vernünftiger Mensch ablegen sollte. ;)


    Die Relgion ist natürlich - so wie alles andere auch, was sich bewähren muss - einem Selektionsprozess unterworfen. Es gibt diesbezüglich auch schon Theorien um diese Prozesse zu beschreiben. Bei Religionen sind es bestimmte Glaubenssätze und Gedankenmuster, die sich ähnlich einem Virus in den Gehirnen festsetzen (besonders erfolgreich im Kindesalter) und im Kommunikationsprozess "fortpflanzen". Wärend bei der biologischen Evolution die Gene Informationsträger sind, so sind es bei Religionen die Meme. Meme sind nichts anderes als Gedanken oder schlicht Bewusstseinsinhalte. Richard Dawkins greift diesen Begriff in seinem Buch "Der Gotteswahn" auf und erläutert hierbei warum Religionen so erfolgreich sind.


    Dawkins ist hierbei der Ansicht, dass Religionen insbesondere dann erfolgreich sind, wenn sie fundamentalistische Glaubenssätze transportieren. Das ist auch global gesehen die Beobachtung die wir machen können. Wie sonst wäre es erklärbar, dass uralte Hirtenreligionen es nahezu unverändert bis ins 21 Jahrhundert schaffen konnten, obwohl deren Inhalte massiv und auf groteske Weise mit den Erkenntnissen kollidieren, die wir mittlerweile über die Welt sammeln konnten? Grade die absurdesten Ideen blühen auch Heute besser auf denn je. Selbst die 10 Gebote aus der Bibel verstoßen gegen die Menschenrechte und sind unvereinbar mit unserem Grundgesetz. Warum schleppen wir diese uralten, längst überholten Schriften immer noch mit uns rum?


    Ähnliches gilt selbstverständlich auch für den Buddhismus. Auch hier sind im Palikanon für jedermann nachlesbar Inhalte vorhanden, die bizarr erscheinen. Beispielsweise die Legendenerzählungen, die nur als Märchen oder Metaphern zu verstehen sein können. Darunter aber auch Spiegelbilder der damaligen Zeit. Aber - und das ist wichtig - eben auch wertvolle Erkenntnisse über die Psyche des Menschen, sowie Techniken zur Formung des Gehirns (Meditation) die mittlerweile auch begleitend zur Psychotherapie aufgegriffen und nutzbar gemacht werden.


    So genug geschrieben. Ich muss mir jetzt noch was leckeres Essen und dann noch in die Mucki-Bude. Ich wünsche dir einen schönen Abend und schöne Feiertage! ^^


    lg
    Maus

    Zitat

    "Lasst uns das Wissen erlangen, wie man den wahren Buddhismus von den Dingen unterscheiden kann, die einfach nur mit ihm verbunden wurden und unter demselben Namen laufen. Sogar in den Lehrreden selbst müssen wir wissen, wie man die Grundprinzipien, die essentiellen Punkte herausfiltern kann. " Buddhadasa, Kernholz des Bodhibaums (S. 19)


    Hi Onda,


    Zu jeder Zeit hat es immer wieder Menschen gegeben, welche sich bemüht haben einen evolutionären Standpunkt einzunehmen. Der Begriff "Evolutionär" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das eigene Weltbild stets auf Basis neuer Informationen modifiziert wird um es zu realistischer werden zu lassen. Hierbei überleben stets jene Ansichten, welche sich im Abwägungs und Testprozess als die besten herauskristallisiert haben. Naturgemäß führt dies dazu, dass ein dogmatischer Standpunkt unmöglich ist.


    Der Kernpunkt meiner Religionskritik, welche sich auf alle Religionen bezieht, betrifft den dogmatischen Charakter von Religion. Eine Lehre wird durch einen Heilsverkünder, Guru oder Propheten verkündet und wird so wie sie ist praktisch unverändert tradiert, wobei eine der Grundanliegen des Lehrers darin besteht, dass Althergebrachte möglichst nicht zu verändern. Diese Vorgehensweise widerspricht dem evolutionären Prinzip, welches auch der Wissenschaft zu Eigen ist. So verwundert es auch kaum, dass innerhalb von Jahrtausenden die Religionen keinen nennenswerten Wissenszuwachs hervorbrachten, wärend die Wissenschaft innerhalb kürzester Zeit die Menschheit aus der Düsternis des Aberglaubens herauszuführen imstande war (jedenfalls diejenigen die es zuließen).


    Dieses evolutionäre Prinzip hat auch innerhalb der Biologie dafür gesorgt, dass aus einfachen Einzellern komplexe Lebensformen wurden. Wenn die Natur einer Religion gefolgt wäre, so wäre die Welt von Heute wohl immernoch von Einzellern bevölkert ;)


    Natürlich schießt die Gleichung "Religion = Zurückgeblieben" in dieser Vehemenz über das Ziel hinaus. Aus diesem Grunde verfolge ich mittlerweile den "nutze was sich bewährt und verwerfe was veraltet ist"-Ansatz. Selbstverständlich bedeutet dies, dass ich auf religiöse Glaubenssätze verzichten muss und daher kein Buddhist im herkömmlichen Sinne sein kann. Nichts desto trotz kann ich Elemente der Religion übernehmen, sofern sie den Prüfkriterien stand halten, oder praktisches Handwerkzeug liefern können (Stichwort Meditationstechnik). Hierbei spielen selbstverständlich die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften immer eine bedeutende Rolle.


    PS:
    @ Merkur Uranus


    Danke für den interessanten Text. Ich konnte ihn aus Zeitgründen nur überfliegen, werde ihn mir bei Zeiten jedoch noch genauer angucken.


    lg
    maus

    Zitat

    Hallo liebe Leute, ich habe von Buddhismus noch wenig Ahnung. Nun, ich habe die Diskussionen über die Wiedergeburt gelesen. Für mich heisst Wiedergeburt, ich werde wieder geboren mit meinen Geist und Körper. Also stelle ich mir die Frage kennt Ihr Jemanden, der sagt er wurde wiedergeboren. Ich kenne Niemanden. Das heisst für mich es gibt keine Wiedergeburt. Es nützt mir nichts, wenn ich in ein anderes Wesen geboren werde, wenn ich nicht weiss wer ich war. :?:


    Hallo zorro,


    Die Idee einer Wiedergeburt in dem von dir genannten Sinne entspringt einem esoterisch/religiös orientierten Weltbild, welches nur schwer mit modernen Erkenntnissen über das Gehirn und seine Funktionsweise in Einklang zu bringen ist. Der "Geist" und deine Persönlichkeit werden in Form von neuronalen Strukturen abgebildet, welche nach dem Tod innerhalb kurzer Zeit funktionsuntüchtig werden und schließlich unwiederbringlich zerfallen. Dieser Prozess kann sogar schon vor dem Tod beginnen und wird insbesondere bei Demenzerkrankungen augenscheinlich.


    Zu Zeiten des Buddha wusste man davon nichts. Es ist daher in jedem Falle sinnvoll die alten Texte vor diesem Hintergrund zu lesen und neu zu interpretieren, so dass sie nicht mehr mit Erkenntnissen des 21 Jahrhunderts kollidieren. Ich denke hier besteht im gesamten buddhistischen Lehrgefüge ein enormer Nachholbedarf. Wir sehen die Tendenz zum Esoterischen/Irrationalen letztlich in allen Religionen aufscheinen. Die Kunst besteht darin den Blick für diese Irrungen zu schärfen und das Verwertbare der Religion zu extrahieren und nutzbar zu machen.


    Grüße!
    Maus