Beiträge von Doris im Thema „Dzogchen-Praxis im Alltag - Dilgo Khyentse Rinpoche“

    Zitat

    Woran erkennt man Einsicht/Verwirklichung/Realisierung und die Fähigkeit andere anzuleiten ohne ihnen ein X für ein U vorzumachen?


    Es gibt diese Faustregel, dass der Schüler den Lehrer sieben Jahre prüfen und dann der Lehrer den Schüler sieben Jahre prüfen soll. Macht also vierzehn Jahre intensiven Kontaktes und Beziehung.
    Finde ich schon mal sehr hilfreich.
    Dann gibt es im tibetischen einen ganzen Katalog, anhand dessen geprüft werden kann.


    Was ich persönlich ganz wichtig finde, ist die Selbstprüfung.
    Bin ich jemand, der schnell ein Fan von jemanden oder etwas wird?
    Bin ich gelassen in diesen Dingen oder überkritisch (allzu skeptische Haltung ist in meinen Augen nur die Kehrseite derselben Medaille)?
    Geht es mir dreckig und suche ich schnelle Hilfe?
    Isoliere ich mich durch meine Beschäftigung mit dem Lehrer usw. oder macht es mich neugierig auch den Blick über den Tellerrand zu blicken?
    Finde ich es toll, dass ich endlich für alles eine vorformulierte Formel habe oder versuche ich das, was ich lerne und erkenne mit eigenen Worten auszudrücken?
    Führt meine Beschäftigung und mein Kontakt mit dem Lehrer, dass ich mich dadurch aufgewertet fühle?
    Habe ich die Geduld für klitzekleine Fortschritte oder will ich möglichst sofort die höchsten Weihen haben?


    und vieles mehr


    Ich kann mich also selber kennenlernen. Und ich vermute, dass sich mir nur so die Verwirklichung eines Meisters allmählich erschließt. Bis dahin ist für mich ein Lehrer ein Lehrer, jemand, der mir was beibringen kann. Dafür kann ich nicht genug dankbar sein, ich werde ihm jedoch nicht gerecht, wenn ich ihm einen Heiligenschein verpasse. Denn den verpasse ich ihm, weil es mir selber gut tut, aus reinem Eigennutz.
    Mit anderen Worten, mein eigener Fortschritt lässt mich erkennen, ob mir jemand ein X für ein U vormacht. Dazu gehört auch Geduld, und zwar jahrelange Geduld, vielleicht so lange, bis man keine Geduld mehr hat, weil das nicht mehr wichtig ist.


    Liebe Grüße
    Doris