Beiträge von malsehen im Thema „Wiedergeburtsglaube als Akt der Vernunft ?“

    Ja, ja, die Paradoxien…


    Für alle pluralistisch? Hmm. Das wäre aber kein Entwicklungsweg des Buddhismus, sondern einer in jedem einzelnen Kopf/Herz/Bauch. Und damit vielleicht des Budshismus.
    Nötig wäre, das eigene Vertrauen zu kultivieren. Das eigene Vertrauen auch dann als stark zu erleben, wenn das Vertrauen des Nachbarn schon wieder ganz anders aussieht.
    Widerspricht das dem Vertrauensbegriff? Muss das Objekt des Vertrauens nicht stark, klar erkennbar (wenn auch mglweise nicht leicht zu verstehen) und eindeutig da stehen, um ihm mein Vertrauen geben zu können? Kann ich etwas vertrauen, dem scheinbar nur ich vertraue?
    Der Mensch als zoon politicon nimmt gerne die Gruppe als Schutzraum der gleichen oder ähnlichen Identifikation gegen die eigene Unsicherheit/Angst. Unsicherheit hier als unmittelbarer Antagonist zum Vertrauen.
    Erst, wenn wir in uns diese Unsicherheiten angehen oder sogar überwunden haben, können wir einen solchen Pluralismus zulassen. Erst, wenn wir erkennen, dass die nackte Angst uns dazu treibt, diese "Lagerkämpfe" zu führen, können wir davon ablassen.
    Eint uns dann etwas neues? Brauchen wir diese Einheits- und Identitätsbildung von Heilslehren unbedingt, wenn sie uns doch u.a. in den Lagerkämpfen nur darin bestärkt, dass es die Angst, das eigene sei "nicht richtig" bestärkt?


    Wir dürfen eigentlich lernen, dass wir verbunden sind – auch mit dem Nachbarn mit dem "anderen Vertrauen". Verbunden soll dabei eben nicht heißen, dass es um gleichmacherisches, sentimentales "Wir sind alle (nur) Menschen" geht. Da ist jemand, der anders ist. Man könnte nun sagen, dass man mit ihm verbunden ist, weil er anders ist, oder, dass man Verbundenheit spürt, obwohl er anders ist, gegebenenfalls über diese Unterschiede hinweg. Ich meine, dass Verbundenheit erst entsteht, wenn man ohne die Attribute verbunden ist. Mit den Attributen fällt die Einschätzung und Bewertung der Andersartigkeit und des Unterschiedlichen. Das Unterschiedliche selbst bleibt erhalten, es tritt nur aus dem Raum zwischen den Menschen in die Menschen selbst zurück. Er oder sie ist auf diese Art und Weise, aber er oder sie ist nicht anders. Er oder sie ist nicht gleich, auch nicht ähnlich.


    Diese Utopie ist – wie in vielen anderen Heilslehren – auch im Buddhismus enthalten. Insofern sagt Bakram richtig:

    Bakram:

    … Religionen befassen sich mehr mit der Art und Weise wie wir Menschen miteinander, mit uns selber und mit unserer Umwelt umgehen


    Ein tatsächlich verbundener Umgang miteinander würde sich wohl recht schnell auch auf die Umwelt ausweiten. Der Mensch, auf den wir treffen, ist nur immer das erste Übungsfeld, eben weil wir diesem Treffen nicht so leicht aus dem Weg gehen können.


    In dem Moment, in dem diese Utopie einträte, würde sie alle Heilslehren überflüssig machen. Sogar dieses Bild des zurückzulassenden Floßes ist ja enthalten. So lange wir die Ausstattung des Floßes betrachten, uns Gedanken über die Anzahl der Baumstämme, des Sonnenschutzes, der Sicherheit, oder Bequemlichkeit machen, so lange wir argwöhnisch auf den Fluss um uns herum schauen, was der andere da an seinem Floß herumschraubt, vertrauen wir schlicht unserem eigenen nicht.
    Eine Frage der Perspektive? Ich bin ja nun auch Segler. Ich beobachte immer wieder, dass "meine" Crews in der Zeit auf dem Schiff mit aufmerksamen Augen und vielen Kommentaren die Schiffe um uns herum betrachten, kommentieren, kritisieren und beneiden. Man sieht wenig von dem Dampfer, auf dem man selbst steht. Das Schiff da drüben sehe ich in seiner Gänze… Da ich nicht im Geld schwimme, bin ich eher auf etwas schlichteren Dampfern unterwegs, jahrelang auch als Ausbilder auf Schiffen, die als "Fahrschulfahrzeug" ihre besten Tage hinter sich hatten. In sofern mag dieser Blick besonders nachvollziehbar sein. Spannend war aber immer, bei den Crew-Mitgliedern den Blick auf die eigene Planke zurückzuführen. Klar zu machen, dass dieses Schiff unter uns uns am Abend in den Hafen bringen wird, und dass man sich deswegen vielleicht eher um das eigene Boot als das da drüben kümmern solle…


    Ich merke gerade, dass ich eine lange Plattitüde mit dem Tenor "kehr zuerst vor Deiner eigenen Tür" geschrieben habe. Na gut.
    Jeder behält diese eigene Tür. Egal, ob er für sich in einem Haus wohnt, oder ob er in einem riesigen Komplex lebt, der einen Eingang für viele hat.
    Wir sollten dieser Tür sauber halten und dem vertrauen. Ohne Stolz, denn das lässt uns nur wieder auf den Art und Weise schauen, in der der Nachbar die Tür fegt. Vielleicht entdecken wir in dem Vertrauen, dass wir durch diese Türen (die zugleich Schwellen sind) miteinander verbunden sind. Nicht trotz dieser Schwellen. Mit ihnen.