Beiträge von Raphy im Thema „Degenerationen & Stolperfallen - extended version“

    Onda:

    Die Lehre von anatta wirklich zu verstehen heißt, den Wiedergeburtsgedanken komplett abzulehnen.


    Hallo,


    heißt es für mich zum Beispiel nicht.


    Wenn es nichts gibt was ich bin, was mir gehört, dann macht gleichzeitig die Einteilung in atta und anatta keinen Sinn mehr. Der Begriff, die Konvention, die Vorstellung anatta löst sich sozusagen in sich selbst auf, wenn anatta gesehen wird. Sie löst sich gemeinsam mit atta auf.


    Wenn anatta keine Vorstellung und Theorie ist, sondern in jedem Moment selbst erfahren wird, ohne darüber nachdenken zu müssen, dass es kein atta gibt, dann ist es einfach klar.


    Und dann macht die Einteilung in atta und anatta keinen Sinn mehr, weil es nie ein atta gab. Also kann es den Gegenspieler anatta auch nie gegeben haben. Die beiden sind voneinander abhängig. Sie sind bedingt voneinander entstanden. Wenn sich das eine auflöst, löst sich auch das andere auf.
    Es gab sie nur in meiner Vorstellung.


    Und dann löst sich auch die Vorstellung von Wiedergeburt auf, aber auch die Vorstellung von Nicht-Wiedergeburt löst sich auf. Im Grunde löst sich jede Vorstellung auf, in dem Sinne, dass sie nichtmehr für die Wahrheit gehalten werden, aber trotzdem auftauchen können.
    Es macht keinen Sinn von Wiedergeburt oder Nichtwiedergeburt zu sprechen. Genau wie es keinen Sinn mehr macht von atta und anatta zu sprechen.


    Dann ist einfach was ist.


    Ich kann das was ist Wiedergeburt nennen, zum Beispiel in dem Sinne, dass Geburt immer wieder und wieder, ständig, in jedem Moment stattfindet.
    Oder auch nur Geburt sagen, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass da etwas Festes, Unveränderliches wiedergeboren wird.
    Oder man benutzt ganz andere Worte. Was einem hilfreich erscheint.


    Es macht auch überhaupt keinen Sinn mehr viel zu sprechen. Aber nicht weil sprechen an sich etwas Schlechtes ist, sondern weil einfach alles klar ist. Es gibt keinen Grund unbedingt über etwas sprechen zu müssen. Das Ziel wurde erkannt, es wird noch getan was getan werden muß, aber darüber hinaus gibt es nichts mehr zu tun.
    Alles was dannach passiert, sei es sprechen über anatta oder sprechen über Wiedergeburt oder was auch immer, passiert einfach. Aber es wird nicht an die Worte als dogmatische, unveränderliche, aus sich heraus unabhängige, feste Wahrheit geglaubt.


    Es geht nie in erster Linie um die Worte oder Lehrmeinungen, sondern darum dass man selbst sieht und erkennt was jetzt hier geschieht, im Innen oder Außen. Worte und Lehren können dabei helfen, müssen sie aber nicht zwangsläufig oder immer bei jedem.


    Es sind einfach Worte. Im besten Falle Worte die auf Freiheit und Frieden hinweisen. Aber auch nicht mehr.


    Anatta ist für mich sozusagen eher ein Hinweis auf die Wahrheit, welche aber nicht direkt in Worte gefasst werden kann. Nur indirekt als Hinweis.
    Ich denke mit anatta ist nicht die Polarität von atta und anatta gemeint oder das Festlegen auf die Polarität anatta. Sondern weil wir allgemein an ein atta glauben, wird das Wort anatta benutzt um uns von dieser Ansicht atta zu lösen. Aber nicht um stattdessen eine anatta Ansicht aufzubauen, sondern um die Freiheit und den Frieden zu erkennen der jenseits der Ansicht atta liegt. Aber auch jenseits der Ansicht anatta. Es geht darum sich von jeglicher festen, dogmatischen Ansicht zu lösen. Und den Frieden direkt sehen zu können. Der unabhängig von Ansichten, unabhängig von allem ist.


    Es geht für mich nicht darum für die atta Ansicht jetzt eine anatta Ansicht einzutauschen. Nicht die eine Fessel für die andere Fessel einzutauschen.
    Es geht für mich darum jede Ansicht loszulassen. Loslassen in dem Sinne, dass man den Glauben an die feste, dogmatische, aus sich heraus unabhängige Wahrheit von Worten, Meinungen und Vorstellungen loslässt. Dass man sieht dass Vorstellungen und Meinungen geistgemacht und vergänglich sind. Nicht mir gehören und nicht der Frieden sind.
    Deswegen ist im Grunde jede Vorstellung loszulassen, damit sich der von nichts bedingte, unabhängige Frieden zeigen kann, der sogar unabhängig ist von den Worten "bedingt" und "unabhängig". Der unabhängig von jedem Wort und jeder Vorstellung ist. Auch unabhängig von der Vorstellung etwas loslassen zu müssen.


    Das sprechen über anatta ist sozusagen ein Mittel um die Vorstellung von atta einmal loszulassen. Und dadurch jegliche feste, dogmatische Vorstellung loszulassen. Und auch die Vorstellung von anatta loszulassen. Und den Frieden zu sehen der darin liegt.


    Trotzdem können Gedanken, Worte und Vorstellungen auftauchen. Sogar sehr leicht und trotzdem tiefgründig. Aber man glaubt ihnen nicht. Man glaubt nicht an ihre Wahrheit. Und man ist nicht von ihnen abhängig, man braucht sie nicht, man identifiziert sich nicht mit ihnen.
    Man ist einfach freier.


    Man geht ihnen nichtmehr ständig nach. Man geht eher dem Frieden nach. Im Vergleich zu dem Frieden sind Gedanken, Worte und Vorstellungen einfach weniger interessant.
    Manchmal hilfreich, manchmal verwickelt man sich vielleicht auch noch darin, aber im Grunde sind sie uninteressant.



    Aber nur meine Meinung.


    Liebe Grüße

    Hallo,


    ich denke die größte Stolperfalle liegt darin, dass wir einen festen Weg suchen, eine Art Patentrezept das uns zur Befreiung oder Glück oder was wir eben suchen, führt.
    Diesen festen Weg gibt es nach meiner Erfahrung aber nicht.
    Es gibt einen Weg, aber er ist nicht fest.
    Diesen Weg sieht man nur, wenn man in jedem Moment, also immer wieder für sich selbst, neu hinschaut auf das was ist. Ohne feste Konzepte, Vorstellungen und Gedanken wie der Weg sein sollte. Denn sonst ist es nicht der Weg, sondern eine Spielerei des Geistes oder des Verstandes. Eine Illusion die mir vorgaukelt der Weg zu sein.
    Ich sehe dann was ich sehen will, aber nicht unbedingt das was da ist.


    Man könnte also sagen es gibt den achtfachen Pfad, aber man könnte nicht abschließend für jeden Menschen allgemeingültig formulieren wie dieser Pfad ganz genau aussieht. Ein Mönch wird andere Schwerpunkte haben, wird mit einem ganz anderen Ohr hinhören, wird für sich und sein Leben vielleicht ganz andere Schlußfolgerungen aus einer Lehrrede ziehen als ein Haushälter. Und ich meine hier die Einteilung Mönch/Haushälter weniger oder nicht nur auf das Äußere bezogen, sondern ob jemand eher die innere Einstellung eines Mönches oder Haushälters hat. Natürlich wird sich irgendwann auch die äußere Form dem Inneren anpassen oder Dem anpassen was man bejaht. Die Worte Mönch und Haushälter sollen eher Beispiele dafür sein, dass es unterschiedlichste Menschen gibt und unterschiedlichste Motivationen.


    Der achtfache Pfad wurde ersteinmal nur sehr allgemein formuliert.
    Nämlich : "rechte Anschauung, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechte Lebensführung, rechtes Bemühen, rechte Achtsamkeit, rechte Versenkung."
    Natürlich gibt es auch viele Erklärungen dieser Pfadglieder was sie konkret bedeuten sollen, aber keine Erklärung ist allgemeingültig oder immer und überall, für jeden gültig.
    Diese Erklärungen vom Buddha zu den Pfadgliedern sind nur Wegweiser und Hilfen wo die Freiheit und der Frieden zu finden sind.
    Weil diese Freiheit und dieser Frieden nichts Festes, nichts Greifbares sind. Und trotzdem kann diese Freiheit und dieser Frieden so offensichtlich sein. Wenn man richtig hinschaut.
    Diese Erklärungen sind nichts Festes, sondern Personen- und Umständebezogen.


    Aber die Grundlage bleibt. Nämlich der Frieden und die Freiheit die von nichts berührt sind.
    Diese Grundlage ist aber kein festes Etwas. Deswegen sind auch die Worte Freiheit und Frieden schon eine Lüge, wenn man diese Worte als etwas Festes, Dogmatisches sieht. Sie sind dann tot, sie leben nicht. Sie führen in die Irre.
    Und die Worte Freiheit und Frieden können dann ein Wegweiser, eine Hilfe sein, wenn man nicht das tote Wort sieht, sondern die lebendige Wirklichkeit auf die diese Worte hinweisen wollen. Wenn man das sieht was jenseits dieser Worte ist. Wenn sie auf die eigene Erfahrung hindeuten. Wenn sie deutlich machen, dass diese Freiheit und dieser Frieden erlebt, erfahren und verwirklicht werden wollen und können und zwar bis in mein tiefstes Sein. Jetzt hier.
    Die Worte sind nur das Sprungbrett.


    Das zeichnet für mich einen Buddha aus, dass er jedem das passende Sprungbrett zur Verfügung stellt das ihn in diesem Moment dahin katapultieren kann, worauf ein Buddha hinweist. Oder näher dahin bringt es zu verstehen. Wenn derjenige das möchte und bereit ist.


    Aber auch wenn man diesen Sprung einmal gemacht hat, heißt das nicht, dass nichts mehr zu tun wäre. Oder man ein Heiliger ist.
    Aber man kennt jetzt das Ziel aus eigenem Erleben und weiß, dass das Wort "Ziel" eine Lüge ist, wenn man an eine dogmatische und feste Wahrheit dieses Wortes "Ziel" glaubt.
    Man weiß dass der mittlere Weg, der achtfache Pfad jenseits der Worte ist.
    Aber man weiß auch, dass Worte manchmal helfen können um sich an die Wahrheit zu erinnern die jenseits dieser Worte ist. Und man weiß, dass Worte am Anfang das Einzigste oder Offensichtlichste ist um andere Menschen zu erreichen, die erreicht werden wollen.


    Aber Worte sind relativ. Es geht vor allem darum welche Worte helfen die Wahrheit zu sehen.
    Und das geht nur, wenn man immer wieder neu hinschaut. Immer wieder frisch hinschaut. So gut das jetzt in diesem Moment eben möglich ist.
    Ohne jedem Gedanken und jeder Vorstellung blind zu glauben. Egal ob diese Vorstellung lebensfreundlich oder lebensfeindlich zu sein scheint. Letztendlich ist auch die Einteilung in lebensfreundlich und lebensfeindlich ersteinmal nur ein Gedanke.


    Die eigene Erfahrung, das eigene Erleben wird zeigen ob es hilfreiche Gedanken sind oder weniger hilfreiche Gedanken. Und das zeigt sich, wenn ich in jedem Moment wieder neu und frisch auf das schaue was jetzt hier ist. Sei es in meiner sogenannten Außenwelt oder sogenannten Innenwelt.
    Und mir bewußt bin, dass es einen Weg gibt, der aber nicht fest ist.
    Denn das würde ja gerade den Erkenntnissen widersprechen die man auf dem Weg macht. Nämlich dass nichts in dieser Welt fest und unveränderlich ist. Dass es also auch keine dogmatische für jeden immer und überall gültige Wahrheit geben kann, die mit Worten beschreibar oder ausdrückbar ist. Also kann es auch keinen festen, dogmatischen Weg geben.


    Muß jeder für sich entscheiden ob etwas was nicht fest und klar definierbar ist, als Weg zu bezeichnen ist.
    Ich würde sagen man kann es als Weg bezeichnen, weil die Freiheit und der Frieden klar gesehen werden können. Aber dieser Frieden und diese Wahrheit sind jenseits dogmatischer Worte wie Weg, Frieden oder Wahrheit. Trotzdem habe ich kein Problem damit auch von einem Weg zu sprechen. Oder Worte zu benutzen oder zu denken.
    Alles kein Problem.


    Worte und Denken haben ihren Stellenwert und ihre Berechtigung. Aber dieser Stellenwert sollte auch nicht überbewertet werden.
    Und auch da wieder hängt es von dem Moment ab, ob und welche Gedanken hilfreich sind ihnen nachzugehen.
    Oder ob man überhaupt fähig ist Gedanken nachzugehen ohne von ihnen eingenommen und mitgerissen zu werden. Und was in so einem Fall eine hilfreiche Praxis ist.


    Es gibt einen Weg, aber er ist nicht fest oder dogmatisch. Er kann nur mit frischen, munteren Augen gesehen werden.
    Und immer nur jetzt hier beschritten werden, mit dem was jetzt da ist und was vorgefunden wird. Es kann jetzt nur so sein, wie es jetzt ist.
    Dieser Frieden ist nicht greifbar oder ergreifbar. Er ist kein Etwas. Deswegen ist Loslassen und Nichtergreifen ein schöner Hinweis.


    Und das alles schließt auch nicht aus, dass man sich eine Zeit lang oder auch sein ganzes Leben lang sehr genau an die Prinzipien und Erklärungen des edlen achtfachen Pfades hält, wie sie überliefert sind. So wie ersteinmal nichts ausgeschlossen wird.
    Aber man muß sich nicht daran halten. Man muß es nur, wenn man es als seinen Weg wohin auch immer sieht oder man für sich einfach weiß, dass es das Richtige ist. Aber dann will man es ja auch. Es ist dann nichts Aufgezwungenes von Außen. Es sei denn mal will etwas Aufgezwungenes. Aber dann will man es ja wieder.


    Aber wie immer nur meine Meinung und Erfahrung.


    Falls das jemand gelesen hat. :D


    Liebe Grüße