Beiträge von Tulamben im Thema „Buddhismus 2.0“

    Ich will es mal anders versuchen.


    Hier ein weiterer Auszug aus dem o.g. Artikel:
    "Säkularer Buddhismus versucht eine radikale Neuinterpretation der überlieferten Lehren Buddhas in der und für die heutige säkulare Gesellschaft. Radikal insofern, dass nicht einfach eine oder mehrere der bestehenden buddhistischen Schulen mit all ihren Traditionen in ein moderneres Gewand gekleidet werden, sondern dass die vermutlich zentralen und originären Ideen des historischen Buddha mittels kritischer Analyse der althergebrachten Texte und der historischen Zusammenhänge herausgearbeitet werden. Im Kontext zeitgenössischer philosophischer und wissenschaftlicher Erkenntnisse werden diese Ideen neu interpretiert, mit dem Ziel der Formulierung einer Praxis-Anleitung für ein gelungenes Leben in der heutigen Zeit."


    Mich würde interessieren, wir ihr zu diesem Ansatz steht und ob und warum Ihr diesen Ansatz z.B. als eine interessante Alternative empfindet oder ihm ablehnend gegenüber steht. Vielleicht hat ja auch schon jemand Erfahrungen mit einer säkularen Gruppe, dir sie/er mitteilen kann.


    @ Morpho
    Mich würde interessieren, wo Du einen Populismus ausmachst und was Du genau mit "populistisch" (Stil, Ideologie, Strategie usw.) meinst.

    Ich möchte gerne einen Auszug aus dem Artikel "Die Quellen von säkularem Buddhismus" (Winton Higgins, Buddhismus aktuell 2/2014 oder http://www.saekularerbuddhismus.org/?page_id=1579), als Grundlage für eine weitere Auseinandersetzung mit diesem Thema, nutzen. Ich denke, dass die Grundzüge eines säkularen Buddhismus hier ganz gut beschrieben sind und ggf. für ein wenig Klarheit sorgen können.


    "Den Dharma in den kulturellen Begriffen und für unserer Zeit neu zu formulieren- das ist der Ausgangspunkt eines säkularen Buddhismus."
    [...]
    "Die meisten Buddhistinnen und Buddhisten in westlichen Ländern gehören asiatischen Diaspora-Gemeinden an und bewahren die Praxis ihrer Herkunftsländer. Die größenmäßig nächste Gruppe Praktizierender besteht aus Menschen, die ethnisch dem Westen angehören und seit langem bestehende asiatische Formen von Praxis gemeinsam mit deren Glauben und Organisationskultur (einschließlich diskriminierender Geschlechterverhältnisse, Hierarchien und autoritärer Denkweise) angenommen oder nachgebildet haben. Keine dieser Gruppierungen ist säkular.
    Eine dritte Gruppe von Menschen, die im Westen Buddhismus praktizieren, formiert sich gerade. Ihr gehören jene an, die Praxisformen, Gemeinschaft und Gedanken entwickeln wollen, die mit ihrer eigenen Kultur und deren eher fortschrittlichen Werten in Einklang stehen – beginnend mit gesellschaftlicher Gleichstellung, dem Prinzip der Inklusion und demokratischer Selbstbestimmung. Es ist diese dritte Gruppe, die unter der Bezeichnung „Säkularer Buddhismus“ Beachtung findet. In ihren Reihen finden sich vor allem Menschen, die bisher nicht religiös gebunden oder interessiert waren, darunter solche, deren Interesse am Buddhismus nach einer positiven Erfahrung mit achtsamkeitsbasierter Psychotherapie oder ähnlicher persönlicher Schulung entstanden ist. Viele von ihnen suchen nicht eine alternative Religion, sondern eine Alternative zu Religion.
    Bei der Absicht, den Dharma in den eigenen kulturellen Begriffen und für die eigene Zeit neu zu formulieren, tut säkularer Buddhismus nicht mehr und nicht weniger als das, was frühere Wirtsgesellschaften taten, als der Dharma sich von seinem alten Geburtsort in Indien auf andere Gesellschaften ausbreitete. Zum Beispiel: als die Chinesen ihn vor zweitausend Jahren Schritt für Schritt für China adaptierten, machten sie die Praxis nicht nur für sich selbst zugänglich, sondern brachten auch verborgene Tiefen im ursprünglichen Ausdruck des Dharma zum Vorschein, indem sie sie in Begriffen ihres eigenen reichen kulturellen Erbes herauskristallisierten.
    [...]
    Säkularer Buddhismus ist keine „Schule“ des Buddhismus: er hat keine Orthodoxie, keinen separierten Kanon und keine institutionelle Präsenz. Der größte Teil seiner Sympathisantinnen und Sympathisanten beteiligt sich an Laien-Gemeinschaften (sanghas) mit Dharma-Freundinnen und -Freunden anderer buddhistischer Richtungen oder ohne eigene Ausrichtung.
    Säkularer Buddhismus steht vielmehr für eine Entwicklungsrichtung, die typisch buddhistisch ist in ihrem aufgeschlossenen Skeptizismus und ihrem Verlangen danach, den Dharma so effektiv wie möglich sprechen zu lassen, das heißt in Ausdrücken, die kulturell verfügbar sind."


    Tulamben