Beiträge von Mirco im Thema „Pflanzen - Menschen - Dana - Sila“

    Hallo Markus,


    ich habe Deinen Beitrag aufmerksam gelesen.


    Markus Bertulat:

    Es ist immer wieder ratsam anderen Menschen mit Sarkasmus zu begegnen.
    Wenn jemand sagt: „Gestern hast Du aber noch anders geredet.“
    „Ja, gestern war ich dumm, heute bin ich weise.“


    Sarkasmus ist für mich unheilsames Reden. Wenn ich wirklich weich bin, kann mir eh niemand etwas anhaben, also brauche ich auch keinen Sarkasmus, um mich zu schützen. Sarkastisch zu antworten wäre unweises Handeln.



    Markus Bertulat:

    Ein persönliches Dogma zum Schutz des eigenen Geistes ist Gold wert.


    Verstehe, eine vorübergehende Eselsbrücke.


    Gruß,
    Mirco

    accinca:

    in A. 4. 13 ist der Begriff
    padahati = um etwas kämpfen, he strives, strives, takes up, confronts


    padahati besteht aus pa und dhā
    pa ist hier eine verstärkende Vorsilbe,
    dhā bedeutet tragen, aufrecht erhalten, sich erinnern


    Es geht also darum, etwas mit besonderer Sorgfalt Aufrecht zu erhalten.


    Bemühen(to strive), to take up oder to confront verstehe ich ja noch.


    Aber wie kommt man auf kämpfen? Dem kann ich nicht zustimmen.



    accinca:

    "appamādena karaṇīyanti" in M70


    • appamatta (a + pamatta)
      "nicht nachlässig sein,
      z.B. sorgsam, wach, sorgfältig, achtsam, aufmerksam"


    • karaṇīya (Gerundium von karoti)
      in jeder Form:
      "was noch getan werden muss; was noch übrig ist, getan zu werden"


    Auch hier meine Verwunderung. Wie kommt es zu kämpfen?
    Für mich eindeutig der falsche Begriff.



    Liebe Grüße,
    Mirco

    Hallo Markus,

    Markus Bertulat:

    Also, egal was in irgendwelchen buddhistischen Texte steht. Ich betrachte Dich und mich und alle die das hier lesen, sinnbildlich als eine Pflanze. An unseren Wurzeln kann niemand etwas ändern (Vergangenheit).


    Das ist ja gut für Dich. Ich bitte Dich aber für die Dauer dieser Unterhaltung meine Beschreibung zu erwägen. Sie ist Ausgang für diese Unterhaltung.



    Markus Bertulat:

    Niemand schlägt seine Wurzeln in Alkohol, Lüge, Diebstahl, Gewalt und Vergewaltigung. Das sind die Resultate von unheilsamen Geisteszuständen.


    Da wäre ich mir nicht so sicher. Glaubst Du wirklich, das es keine vorsätzlichen Vergehen gibt?



    Markus Bertulat:

    Wer seine Bemühung auf heilsame Dinge richtet - braucht sich über Verhaltensregeln (Sila) keine Gedanken machen. Also ich zumindest, stehe morgens nicht auf und sage mir: Heute stehle ich nicht. Heute lüge ich nicht. Heute schlage ich nicht. Heute töte ich nicht. Heute vergewaltige ich nicht. Üben muss ich mich in den Verweilzuständen.


    Da hast Du ja Glück gehabt. Wenn die Tugenden Dir selbstverständlich sind sollte es mit dem göttlichen Verweilen ja flutschen. Bedenke aber: viele verschiedene Menschen, viele verschiedene Bedingungen. Nicht jeder ist ganz natürlich so gut aufgestellt wie Du.



    Markus Bertulat:

    Die Wurzel steht immer im Zusammenhang mit einem Geisteszustand und unterliegt somit einer Bewertung. Der Samen ist neutral.


    Das habe ich noch nicht verstanden.
    Was ist bei Dir der neutrale Samen?
    Was ist bei Dir der bewertende Geisteszustand?


    Gruß,
    Mirco

    [*]

    freeman:

    Warum siehst Du Dich/uns als "Opfer"? Der Buddhismus bietet doch eine gute Gelegenheit, aus der Opferrolle und damit auch aus den unheilsamen Konditionierungen, die uns die Leistungsgesellschaft so tief eingeprägt hat, heraus zu wachsen! Also, genau wie Du ja selbst sagst:
    Ausstieg ist möglich!


    genau. Ich sehe mich nicht als Opfer, sondern als Täter.


    Ich las Deinen Beitrag so, als sähest Du die Dinge aus der Opferperspektive.
    Was ja anscheinend nicht der Fall ist.


    Gruß,
    Mirco

    Hallo accinca

    accinca:

    Bei den vier rechten Kämpfen (samma-vayama) ist es jedenfalls nicht so.
    Vier Kämpfe gibt es, ihr Mönche. Welche vier?
    Den Kampf zur Vermeidung, den Kampf zur Überwindung, den Kampf zur Entfaltung, den Kampf zur Erhaltung


    Joram:


    Anstatt "Kampf" würde ich das Wort "Anstrengung" schon verwenden,


    da Vermeidung, Überwindung, Entfaltung und Erhaltung, ohne Mühe/Anstrengung, oder mindestens etwas "Energie" die man mit „Achtsamkeit“ auch beschreiben könnte, nicht möglich sind.


    erst mal muß ich sagen, dass ich accinca hier auf den Leim gegangen bin.
    Das kommt davon, wenn man ungeprüft von anderen übernimmt ^_^.


    Die vier rechten ?Kämpfe? (siehe Padhāna Sutta) sind nicht samma-vāyāna,
    sondern die vier sammappadhānāni bzw. padhānāni.


    padhānāni = pa+dhā
    pa = hier: verstärkende Vorsilbe
    dhā = tragen, aufrecht erhalten, sich erinnern


    Es heißt also, die vier (dann folgenden) Dinge, die Aufrecht erhalten werden sollen.


    Was das zweite Beispiel angeht: in ganz M70 taucht kämpfen kein einziges Mal auf.


    Gruß,
    Mirco

    accinca:

    Bei den vier rechten Kämpfen (samma-vayama) ist es jedenfalls nicht so.


    Vier Kämpfe gibt es, ihr Mönche. Welche vier?
    Den Kampf zur Vermeidung,
    den Kampf zur Überwindung,
    den Kampf zur Entfaltung,
    den Kampf zur Erhaltung


    Kampf klingt in meinen Ohren an diesen Stellen immer wieder verwirrend.
    Mit Kampf assoziiere ich Anstrengung und Anspannung.
    Dieser Kampf wird aber mit anderen Mitteln 'geschlagen'.


    vāyāma kommt von Wurzel yam .


    Hier geht es bloß um entspannen, entstauchen, entlasten.
    Friedvoll werden. Ruhig werden.


    Leider scheinen sich schon vor langer Zeit schon Fehler in die Übung eingeschlichen zu haben, die sich natürlich auf die Sprache auswirken. So findet sich unterdrücken, niederringen o.ä. .


    Praxis oder Übung passt besser als Kampf.



    Gruß,
    Mirco

    Hallo 'Tashili',

    Tashili:

    ich finde, Wurzeln hat man. Die eigene Geschichte und familiäre Traditionen (Karma)- nun ja, oft nicht so nährend. Schwer zu akzeptieren und anzunehmen, was alles nicht wachsen konnte und was alles kaputt ging. :?: Dauert lange!


    gute Worte.




    Sein zu müssen - das ist es was es die längste Zeit meines Lebens nur gab. Ich bestand nur aus Gedanken. Langsam kehren die Gefühle zurück. Ich spüre, was gut tut und was nicht.


    Wenn ich z.B.lüge oder rohe Worte gebrauche kann ich hinterher sofort spüren, wie es sich nicht gut anfühlt. Es schmeckt mir nicht. Ich nehme das natürliche Feedback war.


    So wird Sila von einer geistlichen Übung zu einem natürlichen Verlangen.



    Herzliche Grüße,
    Mirco

    Hallo Markus,



    Markus Bertulat:

    Von der Anhaftung soll man sich geistig befreien - zumindest den Abstand vergrößern.
    Das Lotos-Beispiel: "Verwurzelt im trüben Schlamm, im Dunklen, nicht Sichtbaren, wächst er dem Licht entgegen an die Wasseroberfläche, um in vollendeter Blüte seine Schönheit zu entfalten."


    ...und die Wurzel des oben erwacht Blühenden stecken trotzdem nach wie vor im Schlamm.



    Markus Bertulat:

    Im asiatischen Bereich gibt es auch das Beispiel mit dem Baum. Auch dieser ist verwurzelt in der Erde und strebt dem Himmel, Licht entgegen. "Je höher man steigt, umso reiner wird die Luft."


    In der christlichen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine positive Assoziation: als Sinnbild für Standfestigkeit.


    In der buddhistischen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine negative Assoziation: als Sinnbild für Anhaftung. Die Wurzeln sind eigentlich das Sinnbild der Anhaftung.


    Und in meinem Beispiel wird die Wurzel nicht bewertet.
    Sie steht neutral da in ihrer Funktion als Organ der Nahrungsaufnahme und Standfestigkeitsgeber.


    Wo hinein ich sie schlage, bleibt mir über lassen, bilde ich mir ein.


    Saufe, lüge, betrüge, stehle, schlage und schände ich mich durch's Leben, wird die Pflanze dementsprechend aussehen.



    Zitat

    Der Begriff Tugend kommt aus der vorchristlichen griechischen Philosophie. Genannt werden die Kardinaltugenden: Weisheit oder Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, und Mäßigung.
    Man(n) sollte standhaft in der Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung sein, aber ein Anhaften dabei vermeiden.


    Wenn ich als als Buddhist in einem buddhistisch orientierten Forum von Tugend(en) schreibe, meine ich die vorgeschlagenen Verhaltensempfehlungen des Buddha, auch als Sila bekannt.




    Herzlich,
    Mirco

    Hallo 'freeman',

    freeman:


    Ich unterscheide grundsätzlich zwei Ebenen: Die Ebene der Unterscheidung und die Ebene der Nicht-Unterscheidung. Auf der Ebene der Nicht-Unterscheidung sehe ich Thatata, bin ich Thatata und prozessorientiert. Auf dieser Ebene haben für mich alle Menschen recht, egal, was sie tun oder sagen- eben Thatata, So-Sein. Auf der Ebene der Unterscheidung bin ich zweckorientiert, rational. Auf dieser Ebene unterscheide ich die Ansichten der Menschen und unterscheide zwischen falsch und richtig. Ich pendle ständig zwischen beiden Ebenen hin und her und bin darauf aus, dass sich beide Ebenen in mir sinnvoll und fruchtbar ergänzen.


    stimmt ja, Du bist ja kein Buddhist ;)


    Mirco:

    Die Gewohnheit, die Dinge meistens ergebnisorientiert anstelle prozessorientiert zu betrachten, steckt sehr tief.

    freeman:

    Das stimmt allerdings, trifft auch auf mich zu. Ich glaube, das hängt mit unserer abendländischen Kultur, mit unserer Ver-Bildung (z.B. in der Schule, Notensystem etc.) und unseren Konditionierungen zusammen, die uns das Leistungssystem sehr tief eingeprägt hat.


    ... und nimmt seinen Lauf zusammen mit Familie, Kollegen, Mitmenschen, Medien, Gesellschaft.
    Ach wir arme Opfer. Das heißt ja aber nicht, dass es so bleiben muß. Austieg ist möglich :idea: .



    Gruß,
    Mirco

    freeman:

    Ich persönlich denke, die Natur selbst ist auch nie auf Perfektion aus. Ich glaube, die Natur ist eher spielerisch, als zweckorientiert veranlagt. Könnte man vielleicht sagen, dass die Natur einfach zweckfreies "So-Sein/Thatata" ist und der Mensch nur Zwecke, Leistung, "survival of the fittest" usw. in die Natur hineinprojiziert? Allan Watts z.B. sagte mal in einem Vortrag: "Nature is essentially playfull."


    Ich höre es so oft von meinem Lehrer und vergesse es täglich:
    "It's a game. Have fun" (Es ist ein Spiel. Hab' Spaß.)
    Die Gewohnheit, die Dinge meistens ergebnisorientiert anstelle prozessorientiert zu betrachten, steckt sehr tief.



    Mirco:

    Das Wunder des Pflanzenlebens ist mir da aufgefallen.
    Sie keimen, bilden Wurzeln & Blätter, blühen schließlich, werden bestäubt und tragen Früchte. Einfach so?

    freeman:

    Ja, ich glaube tatsächlich "einfach so" und genau das verstehe ich auch unter "Tathatta":Einfach so.


    Ach, ich weiß nicht. Es drängt mich, mehr zu finden, und ich glaube, es gibt da auch mehr zu entdecken. Kommt auf die Ebene an. In der Ebene der Begriffe macht's Spaß, die Zusammenhänge zu erkunden.


    Gruß,
    Mirco


    l a n g s a m. Gutes Stichwort. Die Erwartungen passen mal wieder nicht zur Realität.


    Herzlich,
    Mirco

    Hallo Florian,

    Buddhaghosa:


    So folgen deine Gedanken Buddhas Stufendarlegung, die du sicherlich kennst: Geben, Tugend, Wiedergeburt, Elend des Begehrens und dann Vorteile der Entsagung. Darauf erst folgt die dem Buddha eigentümliche Lehre. Jedoch ist diese Stufendarlegung nicht rein linear, sondern es gibt überall Wechselwirkungen.


    nein, die Stufendarlegung kenne ich nicht.


    Ja, und das es nicht rein linear ist, habe ich inzwischen auch erkennen dürfen.


    Gruß,
    Mirco

    Hallo 'Sumedhâ',

    Sumedhâ:


    Entsagung kommt von alleine wenn ich den äußeren (be)dingungen keine (be)deutung zuweise....


    von alleine kommt gar nichts.


    Gruß,
    Mirco


    P.S.: ... und ausserdem hast Du in Dein 'von alleine' selber ein 'wenn' eingebaut ;)

    Hallo,


    Seit neuestem stecke ich öfter mit den Händen in der Erde.
    Ein- und umpflanzen, jäten, sähen, gießen, Kompost sieben. Und so weiter.
    Macht Freude. Schöne Beschäftigung.


    Das Wunder des Pflanzenlebens ist mir da aufgefallen.
    Sie keimen, bilden Wurzeln & Blätter, blühen schließlich, werden bestäubt und tragen Früchte. Einfach so?


    Wo stecken meine Wurzeln, dachte ich.
    Was sind überhaupt Wurzeln? Wer hat sie und welche Funktion erfüllen sie?
    Kann ich das Wesen der Pflanzen mit dem der Menschen vergleichen?


    Pflanzen haben ein exoterisches Wesen. Ihr 'ich' umgibt sie.
    Sie Wurzeln, die sie in die Erde treiben. Mit den Wurzeln nehmen sie ihre Nahrung auf. Sie geben ihen Standfestigkeit.
    Sie keimen und bilden Wurzeln, wenn die Bedingungen (Erde, Wasser, Temperatur) die rechten sind.
    Sie haben Blätter, welche sie in den Himmel strecken.
    Sie richten sich nach der Sonne, dem Mond und den Planeten.
    Das ist ihre Moral. Sie sagen ihnen, was sie wann tun sollen.
    Dann die Aufgabe, welche sie für ihre Umwelt erfüllen, die ihnen mitgegeben scheint.
    Diese Aufgabe scheint Teil universeller Gesetze.


    Sie treiben ihre Wurzeln also in ihre Moral, wenn die Bedingungen die rechten sind.
    So habe ich gedacht. Weiter habe ich gedacht, hat das etwas mit mir zu tun?


    Sollte ich meine Wurzeln in die Tugenden(sila) schlagen?
    Sind sie es, die mir Standfestigkeit geben? Vermutlich.
    Warum treiben sie dann nicht recht? Sind die Bedingungen ungünstig?



    Was sind die rechten Bedingungen, welche (meine) Wurzeln in die Tugen treiben lassen?
    Ist es Großherzigkeit (dana)?
    Ist Dana die Bedingung, um mit Leichtigkeit Wurzeln in den Tugenden schlagen zu können?


    So meine Gedanken heute morgen.



    Gruß,
    Mirco


    Herzlich,
    Mirco