Beiträge von dermatze im Thema „wie bekommt man den kopf frei?“

    Ji'un Ken:


    FelidaeCat sucht ein Mittel zum Zweck. Sie wird es mit autogenem Training oder anderen ähnlichen Übungen gut erreichen. Dazu braucht es keine buddhistische Meditation.


    Buddhistisch motivierte Meditation wäre eine Sache. Aber hat es einen bestimmten Grund, dass du Meditation wie MBSR u.ä. nicht empfehlen willst?

    fotost:


    Ja, ich habe diese Erfahrung gemacht und leider mache ich sie im Augenblick wieder.


    Danke für die Rückmeldung. Ich bin da ja gerade auf einer Entdeckungstour, versuche den Nutzen von Meditation zu ergründen. Inklusive, aber auch abseits von buddhistischer Praxis.


    Ich kenn die Gedanken, wenn ich schlecht drauf bin, und jemand mir "gut gemeinte" Ratschläge geben will. Gerade weil ich in dem Moment schlecht drauf bin, tendiere ich dazu zu denken: "ach komm, such dir doch jemanders, um deine Ego-Selbstbefriedigung à la "ich großartiger Mensch erkläre dir die Welt" auszuleben.


    Dennoch kommt mir bei deiner Beschreibung der Gedanke: bist du wirklich schon am Ende mit den Möglichkeiten? Ist die Mischung aus Niedergeschlagenheit, Müdigkeit und Unruhe ein KO-Kriterium für Meditation? Ist das eine Situation, wo es für uns das beste ist zu sagen: "es geht jetzt eben nicht. das ist doch menschlich."?


    Ich will nicht darauf hinaus, dass man sich zwingen soll. Vielmehr darauf, dass gerade in so einer Situation auch Meditation (neben anderen Dingen, um für sch zu sorgen) möglicherweise sehr hilfreich sein kann. Wenn es sich für dich nicht so anfühlt, ist es dann evtl. möglich, dass sich die innere Erwartungshaltung ändern lässt? In depressiven Phasen neigen wir ja dazu, sehr streng mit uns zu sein (was oft zur Gegenreaktion führt, nichts mehr tun zu wollen, weil der innere Druck so hoch ist). Evtl. kann man diese Anspruchshaltung bei der Meditation ändern? Sanfter sein? Negative Gedanken akzeptieren lernen?


    Das sind Ideen aus den Büchern, die ich gerade lese. In der ACT Therapie wird Achtsamkeit ganz gezielt bei Depressionen und Ängsten verwendet (s.a. Anwenderliteratur) . Immer mit dem Ziel, die negativen Gefühle nicht länger "wegmachen" und aussitzen zu wollen, sondern sie akzeptieren zu lernen, ihnen gleichzeitig den Schrecken zu nehmen.


    Bei mir funktioniert das interessanterweise (ich kann das ja auch nur beobachten) ganz gut. Ich empfinde Meditieren sogar als mit das wohltuendste, wenn ich mich unwohl fühle...

    Vorweg: weil mich das Thema "Meditation als therapeutisches Mittel" momentan sehr interessiert, ist der folgende Beitrag etwas länger geraten. Sorry dafür. Auch wenn ich hier nur einen kleinen Teil dessen anreisse, was mir dazu begegnet ist, so lässt sich das Thema leider noch weniger in schnittigen zwei Sätzen unterbringen. Wenn dich das Thema nicht betrifft, bin ich nicht gekränkt, wenn du deine Zeit sinvoller einsetzt als sie meinem Beitrag zu widmen ;)


    fotost:


    Meditation kann kontraproduktiv sein, wenn der Kopf zu voll ist. Wenn Du erst mal anfängst, Meditation gedanklich mit etwas unangenehmen (Scheitern von Meditation, Selbstzweifel, Ärger) zu verbinden, kann das längere Nachwirkungen haben.


    Wie kommst du darauf, hast du diese Erfahrung gemacht?


    Ich hab in den letzten Tagen etwas bei Pema Chödron, Yongey Mingyur Rinpoche sowie westlichen Therapeuten (aus der Richtung der Acceptance Commitment Therapie "ACT") zum Meditieren gelesen. Die große Vorsicht, wie sie hier gelegentlich anklingt, ist mir noch nicht begegnet. Es klingt hier manchmal so, als wäre Meditation ein wahnsinnig machtvolles Instrument, das kurzfristig sowohl Erleuchtung, aber auch Abrutschen in Psychosen bewirken könnte.


    Ich vermute beides ist nur in Ausnahmefällen möglich ;) . Menschen mit manifsten psychischen Krankheiten sollten sehr, sehr wahrscheinlich besser unter fachlicher Anleitung mit geistigen Übungen beginnen. Aber wo wir von Unruhe, Nervosität, auch Ängsten sprechen, ist mir bislang keine "Kontraindikation" für Meditation begegnet. Was nicht heisst, dass es keine geben mag.


    In einem therapeutischen Buch zur Anwendung von Meditation bei Ängsten findet sich bspw. folgende kleine Übung:


    Stelle dir einen weissen Raum in dir vor, der zwei Türen hat. Eine nach vorne, eine nach hinten. Nun beobachte wie Gedanken durch die vordere Tür in den Raum gelangen. Egal was für Gedanken es sind, es wird niemand ausgeschlossen.


    Bei jedem Gedanken, der im Raum ist, frage dich: ist dies ein bewertender Gedanke? D.h. ist er mit einer Urteil im Sinne von "schlecht, gefährlich, darf-nicht-sein, unerträglich, gut" verbunden? wenn ja, dann stelle das für dich einmal fest und denke: "bewertend". Wenn du merkst, dass dich die Bewertung emotional aufwühlt, und du sie verändern willst, dann nimm auch das sogleich als Gedanken wahr, und denke "bewertend". Irgendwann wird jeder Gedanke von alleine wieder gehen, den Raum durch die hintere Tür verlassen.


    Hier geht es wohlgemerkt um den therapeutischen Einsatz für Einsteiger. Nicht um jene, die schon den halben Palikanon auswendig können. Idealerweise lernt ein Anwender mit so einer Meditation, mit den eigenen Ängsten vertrauter zu werden. Sie als Normalität zu akzeptieren. Nicht als etwas, das unter Anstrengung "weg gemacht" werden muss.


    Nach regelmäßiger Übung stellt sich ein Gefühl ein, dass unsere Gedanken oft in zweifacher Ausführung daher kommen: der eigentliche Gedanke, und die automatischen Bewertungen desselben. Ziel ist letztere als das zu erleben was sie sind: eine 100%ige Kreation unseres Verstandes, nicht die Wirklichkeit. Das schafft Distanz.


    Eine andere Übung, um mit starken Emotionen umzugehen, ist folgende von Pema Chödrön inspirierte: Wende deine Aufmerksamkeit auf die körperliche Reaktion, die der Gedanke in dir auslöst. Bei mir ist es oft ein Druckgefühl im Magen. Verbleibe dort, so lange wie du möchtest. Wenn dir jedoch zu viel im Kopf herumgeht, dann kannst du deine Aufmerksamkeit zwischendurch immer wieder auf den Atem richten. Und bspw. bis 10 oder 20 mitzählen. Und dann einzelnen Gedanken wieder mehr Aufmerksamkeit zuwenden.


    Mich würde sehr interessieren, welche Erfahrungen ihr mit Meditation und aufwühlenden Gedanken macht. (Mal abseits von Tips wie "Tanzen oder Kochen". Was nicht abwertend gemeint ist, ich habe bspw. Improvisationstheater als unschlagbare Methode zum Abschalten kennen gelernt.)