Beiträge von VOOM108 im Thema „Diamantweg“

    Es ist im Vajrayana / Diamantweg auch so, dass sich die Zuflucht auf die realisierte Sangha bezieht und somit auf die realisierten Bodhisattvas als "Freunde auf dem Weg".


    Die weltliche Sangha ist viel zu vergänglich, um als Zufluchtsobjekt geeignet zu sein. Sagen wir so: wenn ich die weltliche Sangha als Zuflucht sehen kann, brauche ich eh keine äußere Zuflucht mehr, weil ich schon erkannt habe, dass alles schon in mir angelegt ist, was ich brauche.

    Je nachdem, wieviel Zeit ist und wie lange man im Saal bleiben kann, gibt es die Zuflucht mit persönlichen Segen und individuellem Namen oder ohne. Es ist im Prinzip ein wenig wie eine geführte Meditation, bei der sozusagen eine Verbindung zu den Buddhas hergestellt wird. Die Zuflucht gilt eigentlich ganz universell. Du musst also nicht genau bei dem Lama Zuflucht nehmen, in dessen Zentrum Du später gehst. Vor allem, wenn es Lamas der gleichen Linie sind, wie im Fall von Shamar Rinpoche und Lama Ole. Abgesehen davon, dass es auch Zentren von Shamarpa in Deutschland gibt, aber direkt von Ole gibt es natürlich mehr.


    Es gibt eigentlich keinen Grund, es zu eilig zu haben mit dem Ngöndro; das dauert eh ein paar Jahre bei den meisten. Zuflucht und Einweihung sorgen halt dafür, dass man geschützt ist und die Praxis auch wirklich den größtmöglichen Nutzen hat und man sie richtig macht. Immerhin kann man ja z.B. mit Diamantgeist auch ein paar Reinigungserfahrungen haben und da ist es gut, wenn man die richtig einordnen kann. Für einen Mystiker ist es aber auch möglich, sich Einweihung und Zuflucht direkt von den Buddhas zu holen. Ob das funktioniert, hängt halt davon ab, wie sehr man dem eigenen Geist vertraut. :)


    Ich würde generell sagen, dass bestimmte Abläufe und Regeln ihren Sinn haben, aber es ist nicht so dass da ein Buddha herkäme und verlangt, dass man sein "Zufluchtszretifikat" gestempelt und beglaubigt vorzeigen solle, bevor man einen Segen für eine bestimmte Praxis bekommt. Insofern kann man sich da ruhig locker machen und dem eigenen Buddha-Geist etwas Vorschussvertrauen schenken ;)

    Wenn Du ein gutes Gefühl zu Lama Ole hast, dann kannst Du bei einem seiner Vorträge oder Kurse Zuflucht nehmen. Bis dahin kannst Du trotzdem - in Erwartung der Zuflucht - einige Meditationen machen. Gegen 16. Karmapa spricht da z.B. nichts, da diese Meditation gewissermassen schon eine Zuflucht enthält. D.h. Du kannst im Zentrum einfach schon mal die ersten Meditationen lernen und anfangen zu üben und Dir dann die "offizielle" Zuflucht beim Lama holen. Das kann natürlich auch ein anderer Lama der Linie sein wie z.B. Shamar Rinpoche. Je nachdem, wo es halt am meisten "kribbelt"...


    Mit dem Ngöndro musst Du ja auch nicht gleich anfangen; wobei es eine Meditation gibt, mit der Du Dich sozusagen auf das Ngöndro vorbereiten kannst und schon mal schauen kannst, ob Du Dir das "Projekt" mit 4x 100.000 Wiederholungen überhaupt zutraust. Die meisten fangen mit dem an, was sie im Zentrum bekommen und die ganzen Einweihungen kann man sich dann beim nächsten Kurs abholen, um die Erfahrung zu vertiefen.

    Stimme dem zuvor Gesagten zu... Die regelmäßige Praxis Zuhause und im Alltag ist vielleicht sogar noch am wichtigsten, weil es ja darum geht, die darin geübte Sichtweise zur Gewohnheit zu machen. Vielleicht schaffst Du ja den einen oder anderen Kurs mit einzubauen...

    Vermutlich hat der Geist eine natürlich Neigung, in seinen Ursprung zurückzufallen, wenn man ihn nicht künstlich davon abhält. Schon weil es wesentlich energieeffizienter ist, als mühsam die Illusion der Trennung aufrecht zu erhalten. Dummerweise sind die Gewohnheiten, die diese Illusion aufrecht halten, wirklich sehr sehr hartnäckig. Lustig finde ich den Trick, diese illusorische Trennung direkt anzuschauen und festzustellen, dass sie gar nicht existiert. Weil ja alles, was trennt gleichzeitig immer auch ein Berührungspunkt ist.

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    Damit arbeiten die Vajrayana Schulen gezielt, allgemeine Erfahrungen in reine Erfahrungen zu wandeln. "Man erlebt die Welt, wie ein Buddha, bis man selbst einer geworden ist. " lautet die Praxisanweisung.


    Da würde ein Dzogchenpa jetzt vermutlich einwerfen wollen, dass es nicht darum geht, etwas zu wandeln, sondern eben es so zu erkennen, wie wirklich ist. Aber das sind meiner Meinung nach semantische Spitzfindigkeiten, denn es geht ja wohl schon um das Gleiche....


    Ich würde aber glaube ich trotzdem lieber formulieren: "Man übt, die Welt wie ein Buddha zu sehen, bis man so erkennt, dass man schon immer einer gewesen ist"


    Dabei wäre im Dzogchen Trekchö die Übung (GATE GATE), die Reinheit aller Phänomene immer im Jetzt zu erkennen (die Illusionen durchzuschneiden), Thögal eine erste Erfahrung von Phänomenen, deren Reinheit leichter zu erkennen ist (PARAGATE), als die der alltäglichen Phänomene - bis man darüber hinaus gegangen (PARASAMGATE) in die tiefgreifende Erfahrung (BODHI) eintritt, bei der alle Phänomene, selbst die scheinbar profansten, ständig und ohne Ausnahme als selbst-befreit erlebt werden. SOHA


    Die zuvor angesammlte Erfahrungsweisheit hilft dann in Verbindung mit der nun stets verfügbaren natürlichen Raumweisheit diese Erfahrung so auszudrücken, dass andere davon profitieren können, die die Welt als rein und sich selbst als Buddha noch nicht oder noch nicht dauerhaft erfahren.

    Danke erstmal für diese Erklärungen, die mir einleuchten, da sie mein Gefühl bestätigen (und diese Art "Gefühl", um die es hier geht ist bei mir nicht etwas, das aus der Luft gegriffen ist, sondern eher eine Art "Kristallisierung von kollektivem Wissen", dem ich nur so weit in Worten Ausdruck verleihen kann, wie ich sie mit eigenem angesammelten Wissen und Erfahrungswissen in Verbindung bringen kann...)


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    Diese Sichtweise und der Vergleich des Diamanten entsteht aus dem "Detong". Es wird im Detong betont, "da ist etwas". Die "Rangtong" Sicht des Grossen Mittleren Weges (Madhyamaka) bezeichnet das "leer von einem selbst". Die Betonung ist also hier die Leerheit, was bedeutet, "da ist nichts". (im buddhistischen Sinne)
    Es gibt noch eine dritte Version, das Shentong, was man als Bindeglied zwischen den beiden Vorigen sehen kann.


    Könnte man sagen, Detong bezieht sich auf den Sambhogakaya als Freudenkörper mit einer Betonung des Aspekts "Freude" beim Mahamudra und einer Betonung des Aspekts "Klarheit" bei Dzogchen, während Rangtong mit der Betonung des Dharmakaya sich auf den Wahrheitskörper bezieht? Etwa so: Sambhogakaya-Formen sind das, was im Thögal als Lichter erscheint, Dharmakaya ist Rigpa, aus dem und in dem die Lichter erscheinen. Ist die einzige Ursache der Lichter Dharmakaya, sind sie authentisch im Sinne der Thögal-Erfahrung. Ist die einzige Ursache der Freude der Raum selbst, ist sie authentisch im Sinne einer Mahamudra-Erfahrung. Bleibt man bei der Betonung eines einzelnen Aspektes stehen, fehlt der letztendliche Schritt in das hinein, was wirklich die letzte und höchste Einsicht ist in die wahre Natur der Dinge: Freude, Klarheit, Leerheit sind eins; Nirmanakaya, Dharmakaya und Sambhogakaya sind eins. Raum und Erscheinungen sind von der gleichen Natur. Raum und Bewusstsein sind von der gleichen Natur. Bewusstsein und Erscheinungen sind von der gleichen Natur. "Form ist Leere, Leere wird zur Form. Form und Leerheit untrennbar." Alle Erscheinungen haben nur den Raum selbst als Ursache, werden von diesem wahrgenommen - und dorthin kehren sie zurück. Im Sinne der Kayas wäre das der Svabhavikakaya, der diese Wesensgleichheit der Kayas bezeichnet.


    Leerheit bedeutet blos die Abwesenheit von einer Definition oder Geformtheit, nicht Nichts. Eher ein leuchtendes Potential ohne Eigenschaften, das aber zugleich alles beinhaltet was existiert.
    Klares Licht - Licht ohne Farbe - wie stellt sich das im leeren Raum dar? Wie unterscheidet man Licht von Raum, wenn da kein Objekt ist, an dem sich dieses Licht brechen kann. Insofern kann einem dieses Licht durchaus "Schwarz und Leer" erscheinen, obwohl es kein Nichts ist sondern Alles. Der Vergleich mit einem Diamanten hinkt etwas, aber er ist immer noch besser, als das schwarze Raumvakuum, das wir uns gemeinhin vorstellen. Denn der Diamant ist ja selbst auch vollkommen ohne Farbe und wird nur sichtbar durch Licht und Objekte, die sich darin brechen und spiegeln. Aber er ist "etwas" (Detong)

    Vielleicht noch eine kurze Bemerkung, warum das so wichtig ist, ob der erlangte Geisteszustand das Ergebnis (oder vermeintliche Ergebnis) von (geistigen) Handlungen ist, die man selbst oder jemand anders vorgenommen hat, oder ob er aus sich selbst heraus bzw. aus der Grundnatur heraus selbst-bestehend existiert: es geht darum, dass alles, was bedingt oder geschaffen ist, auch wieder vergeht oder vergehen kann. Einem solchen Zustand traut man auf ganz tiefer Ebene nicht, denn er ist geschaffen, also kann er auch wieder vergehen. Das einzige, was wirklich 100% verläßlich ist, ist das Ungeborene, Selbst-klare. Buddha sein kann also nur dieses Erkennen aller Dinge in ihrem So-Sein, diese Art der Wahrnehmung von den Dingen als ungetrennt von ihrer einzigen wirklichen Ursache, als Grundlage haben.

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    Aber ist es nicht eigentlich so dass alle großen tibetischen Schulen immer Tantra-Aspekte haben. Selbst im Dzogchen hast du immer irgendein Varjasattva(für mich auch tantra) oder eben auch Guruyoga(was auch irgendwie mit Vereinigung zu tun hat damit unterscheidet es sich inhaltlich im wesentlichen kaum vom Tantra)


    Wobei der Dzogchenpa ja argumentieren würde, dass es zwar Tantra als Vorbereitung im Dzogchen gibt, die höchste Sicht jedoch nicht tantrisch ist. Weil Tantra im eigentlichen Wortsinn immer eine Vereinigung von zwei Dingen bedeutet, die zuvor getrennt waren. Die höchste Sicht betrachtet diese Dinge jedoch von vorne herein als nicht getrennt. Das führt zu einer - wiewohl subtilen - unterschiedlichen Betrachtungsweise im Geist.


    Die sich aber auch meiner Ansicht nach am Ende von selbst ausgleicht. Weil die wahre Natur der Dinge, wenn man ihr nahe genug kommt, eine unweigerliche Sogwirkung entfaltet. Die bezeichnet man in manchen Traditionen als "Gnade". Man kann halt den letzten Schritt nicht intentional gehen, weil genau diese Intention abgelegt werden muss, um hineinfallen zu können. Aber das führt jetzt zu weit vom Thema weg.


    Beim Guru-Yoga denke ich, muss man auch unterscheiden. Denn es geht ja darum sich mit den Qualitäten des Guru direkt zu identifizeren, damit eine direkt Geist-zu-Geist-Übertragung stattfinden kann. Je nachdem, welche Verwirklichung dieser Guru hat oder für welchen Ausdruck von Buddhaschaft er steht, ist das Ergebnis zunächst ein anderes. So wäre ein tantrisches Guru-Yoga durchaus subtil verschieden von einem Dzogchen-Guru-Yoga, wenn bei den Einen eine Vereinigung von Gegensätzen geübt wird, wo das Ergebnis diese Vereinigung als Ursache hat, und bei dem Anderen eine direkte Einsicht in den Geist übertragen wird, in deren Folge man die Dinge so sieht, wie sie sind, von Natur aus ungetrennt.


    Im Gegensatz zu gewissen Dzogchenpas sehe ich aber die Übertragung die durch ein Guru-Yoga auf Karmapa als lebendigem Ausdruck des Geistes aller Buddhas (Dorje Chang) - als Mahamudra-Übertragung - gegeben wird, ebenfalls als direkte Einsicht in die Natur des Geistes an, nicht als tantrische Vereinigung getrennter Gegensätze.


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    Genauso hat jede dieser Tradationen die Praxis der höheren Sicht z.B. Shamatha(ist jetzt nicht ganz exakt) o.ä. also eher eine nicht-Visualisierungsmeditation. Auch braucht jede Tradition an einem bestimmten Punkt ein Mantra denke ich.
    Es gibt für mich stand heute also nur solche Mischformen


    Mischformen - volle Zustimmung - als Systeme gibt es nur Mischformen, auch wenn man theoretisch als Individuum ein einzelnes Element losgelöst praktizieren kann - wenn man es kann (aus karmischen Gründen...). Und selbst da, wo jemand etwas losgelöst praktizieren kann, ist es wohl unvermeidlich, dass man in vorherigen Inkarnationen die vorausgehenden Übungen gemacht hat - oder man kommt gleich aus Shambhala oder den Reinen Ländern als Tulku.


    Worüber ich mich gerne weiter unterhalten würde, ist wieweit andere Sichtweisen qualitativ-inhaltlich gleichwertig sind mit derer aus dem Dzogchen oder Mahamudra. Also dass es darum geht, die Dinge so wie sie sind als rein und erleuchtet zu erkennen, ohne sie erst verändern, transformieren, vereinigen zu müssen usw.


    Ich würde nämlich durchaus sagen, dass z.B. im Taoismus die Grundlage dafür durchaus vorhanden ist. Das DAO ist schon eins, obwohl es die Unterscheidung beinhaltet. Wuwei ist ein Eins-Sein mit dem Hier und Jetzt, das allerdings meist als Ausdruck einer verinnerlichten Übung angesehen wird, nicht als direkter Ausdruck der Grundnatur.


    Worauf zielt Shamata ab? Geistesruhe, richtig? Dann kommt es darauf an, was man mit dieser Ruhe macht oder nicht macht. Aber ein direktes Sehen des So-Sein sehe ich da nicht zwangsläufig als notwendiger Bestandteil der Praxis. Vielmehr besteht (zumindest bei Anfänger) doch eine Neigung, Ruhe von Unruhe zu unterscheiden und das Eine vermeiden, das Andere jedoch erlangen zu wollen?!


    Wenn diese Ruhe allerdings auf den Betrachter bezogen ist und nicht auf das Objekt der Betrachtung, dann könnte man mit Ruhe alles betrachten, was im Geist erscheint. Immer noch übt man in einer Haltung der Trennung zwischen Betrachter und Objekten der Betrachtung. Was führt nun zur Auflösung dieser Trennung zwischen Subjekt und Objekt? Wird etwas gelehrt, das man anwenden kann bei einer Meditation der Geistesruhe, das diese Illusion einer Trennung aufgeben hilft? Solche Feinheiten machen oft einen entscheidenden Unterschied.

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    Worauf ich gern eine Antwort hätte: worin besteht der Sinn dieser Diskussion für Dich?


    Klärung von Begrifflichkeiten; Austausch über Gemeinsamkeiten und Unterschiede; Erkenntniszuwachs.


    Wer, wenn nicht ein Gelugpa, sollte eine gepflegte Diskussion zu schätzen wissen? ;)


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    Sagst Du hiermit nicht mit anderen Worten die einen wissen, wovon sie reden, die anderen geben nur Wissen weiter, das sie nicht verinnerlicht haben?
    Hab ich Dich nun so falsch verstanden?
    Die Unterscheidung zwischen gelehrt und praktiziert ist absurd. Wer etwas lehrt, was er nicht praktiziert, ist ein Scharlatan, mal krass ausgedrückt.


    Durchaus nicht, aus westlicher Sicht sind Wissenschaftler und Praktiker sogar völlig verschiedene Welten. Dass aus buddhistischer Sicht Wissen und eigene Erfahrung nicht zu trennen sind, ist etwas, das ich persönlich am Buddhismus sehr schätze. In den Mind & Life Gesprächen mit dem Dalai Lama wird das schon im ersten Band sehr schön herausgearbeitet: was definiert Wahrheit in der westlichen Wissenschaft, was definiert Wahrheit im der buddhistischen Philosphie und Wissenschaft. Im westlichen Paradigma ist es sogar verpönt, die eigene subjektive Erfahrung zum Bestandteil des Erkenntnisgewinns zu machen. Im buddhistischen Paradigma wiederum muss ich nichts für mich für wahr nehmen, wenn es nicht meiner eigenen Erfahrung entspricht oder wenn ich keine Möglichkeit habe, den Wahrheitsgehalt selbst als Erfahrung zu verinnerlichen.


    Trotzdem gibt es im Buddhismus durchaus die Unterscheidung zwischen "Lehrern" und "Meistern". Wobei ein Lehrer hier schon natürlich eigene Erfahrungen hat. Aber er muss nicht erleuchtet sein. Er kann über Erleuchtung dozieren, ohne ein Buddha zu sein. Erklären, was Befreiung bedeutet, ohne selbst befreit zu sein (= frei von Ego). Erklären, was Mahmudra ist, ohne selbst stabil in der Erfahrung zu sein; erklären, verstehen können, was Dzogchen ausmacht, ohne selbst im Natürlichen Zustand zu verweilen - sogar ohne selbst Dzogchenpa zu sein. Was sollte daran Scharlatanerie sein? Scharlatenerie wäre es, zu behaupten - oder den Eindruck zu erwecken und nicht aufzuklären - man habe etwas verwirklicht und erfahren, was man tatsächlich gar nicht verwirklicht und erfahren hat.


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    VOOM108 hat geschrieben:
    Tatsache ist allerdings, dass viele typische Vajrayana-Elemente von der "magisch-schamanischen" Art sind,
    von der sich die Gelugpas bei der Gründung ihrer Schule ausdrücklich emanzipieren wollten.


    Würd mich, wie gesagt interessieren, woher Du das Wissen um diese falschen "Tatsachen" beziehst, denn es werden bei den Gelugs, die ich kenne natürlich magische Elemente angewendet, nur wird damit nicht hausieren gegangen.


    Ich formuliere i.d.R. sehr präzise, daher ist es wichtig genauer hinzuschauen, als Du es bei mir zu tun scheinst. Ich habe nicht geschrieben, dass bei den Gelugpas keine magischen Elemente angewendet werden - wobei man "magisch" auch erstmal definieren müsste, bevor man das Wort erkenntnisbringend verwenden könnte. Eine Einweihung ist für mich noch keine Magie, auch nicht wenn sie von einem Bodhisattva in seiner Sambhogakaya-Form gegeben wird. Dorje Shugden wiederum hat magische Elemente, aber das ist eine andere Kontroverse, die ich hier gar nicht aufmachen will. Ich erwähne das nur, weil da bei den Gelugpas etwas praktiziert wird, was eigentlich nicht dem Verständnis der Gelugpa-Tradition entspricht - so wie ich es verstehe.
    Weiterhin schrieb ich, dass diese Elemente von der magisch-schamanischen Art seien von der ... sie ... sich emanzipieren wollten. Also ganz spezielle Elemente des magisch-schamanischen Spektrums. Was Du mir eigentlich mit der Aussage bestätigt hast, dass Tsongkhapa sich die Übertragungen neu von der Quelle holen wollte, wobei vor allem das herausgefallen sein dürfte, was die alten Schulen an vorbuddhistischen Ritualen, Gottheiten usw. integriert hatten.


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    So, obwohl ich die Zitateliste noch länger machen könnte, hab ich es nun auf den Punkt gebracht. Es reicht.


    Für Aussagen anderer bin ich ja nicht verantwortlich, ebenso wenig gehöre ich zu irgendeinem "wir" oder "euch" dazu. Wenn Du meine Aussagen als Fortsetzung anderer Aussagen missdeutest, wo ich diesen anderen Aussagen selbst nicht zustimmen würde und es auch nicht getan habe, so ist das Deine ganz eigene Konstruktion.


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    Verbindung mit der Sicht oder in Vorbereitung auf eine Dzogchen oder Mahamudra-Praxis gegeben wird


    Wir haben ja schon geklärt, dass Dzogchen- und Mahamudra-Übertragungen offensichtlich innerhalb der Gelug-Schule - aus den alten Schulen kommend - gelehrt und praktiziert werden. Auch wenn das nicht die Hauptpraxis ist. Generell bleibe ich dabei, dass man besonders mit dem Begriff Mahamudra allerdings vorsichtig sein muss, weil man sich immer erstmal die Inhalte anschauen muss, um zu sehen, ob das Gleiche gemeint ist, weil der Begriff an verschiedener Stelle verschieden gemeint ist. Siehe die offenbar schier unlösbaren Diskussionen zwischen (einigen) Dzogchen-Vertretern und Mahamudra-praktizierenden anderer Schulen schon allein hier im Forum.


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    das buddhistische Tantra ist gleichbedeutend mit dem Vajrayana. Vajrayana, Tantrayana, Mantrayana sind synonym.


    Wenn das offiziell so ist, dann ist die Gelugpa-Schule natürlich eine Vajrayana-Schule. Auch im Kern dessen, was sie von den anderen Schulen abgrenzt. Denn buddhistisches Tantra ist natürlich da.


    Ich würde immer noch zwischen Vajrayana und Tantrayana unterscheiden, weil auf jeden Fall die höchste Sicht im Dzogchen und vermutlich auch die höchste Sicht im Kagyü-Mahamudra eben gerade nicht (mehr) tantrisch sind. Sie gehen über Tantra hinaus, sowohl in der Sicht als auch in der Methode, auch wenn meist parallel tantrisch und mit der Sicht praktiziert wird. Diese Unterscheidung - unterscheiden heisst ja immer, willkürlich irgendwo eine Grenze zu ziehen und zu sagen: das gehört zu diesem, das zu jenem, obwohl überall nur fliessende Übergänge und Berührungspunkte existieren, wo man meint, dass sich Grenzen befinden, diese Unterscheidung also mag mein ganz persönliches Ding sein ;) Ich leite sie daraus ab, dass der "Diamant" (Vajra, Dorje) als Symbol für den Geist an sich steht, selbst-leuchtend, immer schon da, muss nicht erst erlangt werden, sondern nur erkannt usw. Das ist dann - oder das sehe ich dann - (als) Verweis auf die höchste, nicht-tantrische Sicht, die mit dem Tantra zusammen praktiziert werden kann, aber es geht eben auch Tantra ohne diese Sicht oder gar die blosse Sicht als Praxis ohne Tantra, Mantras usw.

    Hat denn sonst niemand eine Idee dazu, ob pauschal Tantra = Vajrayana - oder ob Vajrayana noch etwas braucht, was im Tantra allein nicht enthalten ist, um Vajrayana zu sein?
    Bevor das nicht geklärt ist, ist die restliche Diskussion eh hinfällig, weil dafür jede Basis fehlt. (Ich befürchte allerdings, dass es dazu verschiedene Sichtweisen gibt, die alle gültig sind, weil es halt eine Frage der Definition und Systematik ist...)

    Ich habe ja auch nicht gesagt, dass sie nicht gelehrt oder praktiziert werden. (Wieder eine Verabsolutierung einer eigentlich differenzierteren Aussage von mir...)


    Ist aber deswegen eine Schule eine Vajrayana-Schule, weil sie auch - aus anderen Schulen kommende - Vajrayana-Inhalte übermittelt?


    Ist eine Sporthochschule eine Medizinische Hochschule, weil Sportwissenschaftlicher auch etwas über den menschlichen Körper lernen?


    Und wieder, nur um gleich Missverständnissen vorzubeugen:


    1. Unterscheidung ist nicht gleich Urteil (bei mir jedenfall nicht)


    2. Ich habe mir noch keine abschliessende Meinung dazu gebildet, ob man die Gelugpa-Schule zum Vavjrayana zählen sollte.


    Dafür müssten erst zwei Dinge abschliessend geklärt sein, die man vielleicht nicht abschliessend klären kann:
    A. Was ist das konstituierende Merkmal einer Schule, um zu einer Kategorie zugehörig zu sein?
    B. Was definiert den Vajrayana in Abgrenzung zu anderen Kategorien und fällt dann diese Schule in diese Definition.


    Fazit: Ich sage, es ist möglich, je nach Betrachtungsweise, dass man sagt: es zählt zum Vajrayana oder auch, dass es nicht dazu zählt. Solange ich nicht eines ausschliessen kann, ist für mich beides gleich wahr.


    An Dich ginge nun meine Frage, warum es Dir so ein Bedürfnis ist, zu beweisen, dass es Vajrayana ist. Das kann ja nur dann von Bedeutung sein, wenn man selbst das Gefühl hat, es wäre vielleicht weniger Wert, wenn es nicht dazu zählt. Dabei ist es doch wert, was es wert ist, so wie es ist, völlig unabhängig davon, welche Kategorien und Benennungen vielleicht rein logisch oder systematisch zutreffend sind.


    Ich nehme zum Beispiel auch an schamanisch-spirituellen Arbeiten aus Südamerika Teil, wo eine christliche Symbolik vorherrscht. Erzengel Michael hat für mich eine ähnliche (ähnlich, nicht identisch!) Bedeutung wie Manjushri (weil ich mich auf das hinter dem kulturell geprägten Archetyp stehende Prinzip beziehe). Obwohl ich diese schamanische Schule sehr wertschätze - so wie sie ist - und die Erfahrungen gut mit Meditationserfahrungen z.B. aus dem Phowa in fruchtbare Verbindung bringen kann, käme niemand auf die Idee, zu sagen, diese schamanische Schule sei Mahayana, obwohl es durchaus Elemente von Tantra hat und von Mitgefühl motiviert ist. Einfach, weil es gänzlich verschiedene Kategorien und Systematiken sind.


    Das sagt eigentlich recht genau, was ich auch meinte: der Kern dessen, was die Gelugpa-Schule ausmacht, ist Mahayana / Tantra. Ein explizit stufenweiser Weg. Es werden auch andere Lehren inkl. Mahamudra weitergegeben, deren Übertragung aber aus den alten Schulen stammt. Daher kann man durchaus argumentieren, dass die Gelugpa-Schule NICHT vorwiegend Vajrayana ist, denn das, was sie ausmacht, ist Mahayana-zentriert. Da, wo aber Vajrayana vermittelt wird, stammt die Übertragung aus den anderen Schulen.


    Mahamudra oder Dzogchen ist eben gerade kein stufenweiser Weg sondern ein Mittel der direkten Transformation dessen, was im Hier und Jetzt erscheint. Wobei "Transformation" nicht ganz das richtige Wort ist, da es darum geht, die Dinge so zu erkennen, wie sie wirklich sind, ohne sie zu verändern. Was transformiert werden soll, ist die Wahrnehmung, nicht das Objekt der Wahrnehmung.


    Mein Fazit ist daher, dass wir gewissermaßen beide Recht haben. (Abgesehen davon, dass es mir von Anfang an um die Suche nach der Wahrheit ging und nicht darum, eine Meinung durchzudrücken...)

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    Z.B. der Vergleich Bäckermeister/Tischlermeister, Mahamudrameister und Vajrayanameister - was für Spitzfindigkeiten! Die Übersetzung für Mahamudra ist meines Wissens nach "natürliche große Glückseeligkeit". Glaubst Du, die Glückseeligen würden noch ausdiskutieren:


    Mahamudra heisst "Das Grosse Siegel" und meint, dass sozusagen garantiert ist, besiegelt, dass es darüber hinaus nichts mehr weiter zu erlangen gibt. Die Erfahrung von Mahamudra ist in keiner Weise gestgelegt, weil sie sich nicht auf den geistigen Inhalt bezieht, sondern auf die Art, wie man die Dinge sieht und wahrnimmt.


    Maha-Ati (Dzogchen) wiederum heisst "Grosse Vollkommenheit" und meint das Gleiche: es ist Vollkommen, es gibt nichts mehr darüber hinaus. Wieder ist der Geistesinhalt dabei völlig wurscht, weil es darum geht, wie man die Dinge wahrnimmt.


    Verwirklichung - es ist schon ein Unterschied, was man verwirklicht hat. Wenn ich sage "ich bin ein verwirklichter Schwarzmagier" würdest Du das auch nicht mit einem verwirklichten Mahamudrameister gleichsetzen wollen, oder? (Wie man bei Milarepa nachlesen kann, steckt dazwischen eine Menge Arbeit...) Und die Spitzfindigkeiten sind nicht meine, sondern das können die Tibeter ganz gut. Und da gibt es ganz klar einen Unterschied, ob jemand ein Gelehrter ist und etwas theoretisch weiss, und theoretisch lehren kann, oder ob er etwas selbst verwirklicht hat.


    Und wenn ein Wort verschieden verwendet wird, dann ist der Inhalt eben nicht der Gleiche. Trotzdem wäre ich der letzte, der nicht zustimmen würde bei der Aussage: man kann nicht mehr oder weniger Buddha sein, wenn man Buddha ist, ist man Buddha, egal auf welchem Weg man das geworden ist. Aber trotzdem gibt es einen Medizinbuddha, einen Weisheitsbuddha, einen Mitgefühlsbuddha. Sind die alle gleich? GleichWERTIG - ja sicher, wesensgleich - natürlich. Aber nicht gleich im Ausdruck und in der Bedeutung für die Menschen.


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    Also, ich hab auch vor Buddhadasa Bhikku, vor Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama und vor Chögyam Trungpa oder wem auch immer, der verwirklicht ist, gleichermaßen Respekt und staune nur über diese Menschen, anstatt da intellektuell dran herumzufummeln, inwiefern sich das Erwachen wohl voneinander unterscheidet.:)


    Ich habe gleichermaßen Respekt vor einem Bergsteiger, der sich selbst überwindet um zum Gipfel zu kommen, wie vor einem Professor, der mit grosser Intelligenz sinnvolle Sachen herausfindet und lehrt. Deswegen kann man aber nicht behaupten, ein Bergsteiger und ein Professor seien das Gleiche. Wenn es nicht gerade Indiana Jones ist ;)


    Das Erwachen an sich ist sicherlich in der Essenz immer wesensgleich, aber jeder Erwachte kommt auf andere Weise dorthin und drückt sich danach individuell aus. Die Qualität ist die gleiche, aber der Inhalt trotzdem verschieden.

    Auf jeden Fall haben wir es mit irgendwelchen "Kommunikationsblockaden" zu tun, da würde ich zustimmen...
    Welches Ohr da grad mal so am Werk ist, ist mir auch nicht ganz klar...

    Ja, dann war Deine Wortwahl wirklich sehr misslungen und missverständlich ;) UR teilen zu wollen, liegt mir hier noch ferner denn irgendwo, wo es mir nicht so leicht fällt, wie bei verschiedenen buddhistischen Wegen, einfach mal alles gut zu finden (nur ist halt nicht alles auch gut für jeden...)


    Denn im Grunde meinte ich oben daraufhin ja nichts Anderes, als das was Du schreibst, und eben auch dass das Phänomen des "sich um etwas drücken" überall vorhanden ist.


    Ausserdem sehe ich Tantra nicht als etwas Höheres an. Tantra ist etwas anderes - man kann fast sagen, dass je stärker die Störungen sind, die man hat, man umso weniger in der Lage ist, sich zu konzentrieren, so dass man Mittel braucht, die direkt mit diesen Störungen arbeiten.


    So mancher Tantriker braucht vielleicht erstmal Tantra, um die damit gemeinsam gegebenen "höheren" Belehrungen über Mitgefühl und Leerheit überhaupt erfassen zu können ;) Wegen seiner Störungen braucht er aber die Belobhudelung, seine Praxis wär was Höheres, damit er sich nicht komplett ablenken läßt....


    Daher der Knackpunkt - es ist gut, das, wofür man sich entschieden hat, konsequent durchzuziehen, statt immer nach rechts und links zu schauen, wer vielleicht noch eine "bessere" Praxis anzubieten hat.


    Diejenigen, die wirklich karmisch schon so viel Vorarbeit geleistet haben, dass sie - wie reifes Obst vom Baum - ganz von selbst in die Erleuchtungserfahrung plumpsen, die werden das eh tun, wenn die Zeit reif ist, egal ob sie Tantra, Diamantweg oder "ich lass mir die Sonne auf den Bauch brennen und starre in den Himmel" praktizieren ;)

    Wo habe ich denn geurteilt?? Und über wen? Wäre mir jetzt nicht bewusst, scheint mir also ein Missverständnis zu sein...

    Ein Bäckermeister muss ja kein Tischler sein, um ein authentischer Bäckermeister zu sein :)


    Aber ich bein sehr gespannt, was ein Gelug-Lama zu dieser Frage selbst zu sagen hat, also zu Vajrayana und Mamamudra bei den Gelugpas :)


    Drücken kann man sich überall vor allem, wenn man will oder nicht anders kann. Dann kann man auch den Anschein erwecken, aber immer um des Pudels Kern drumherum schleichen...


    Dann lieber eine klare Entscheidung für etwas, das man dann auch durchzieht...

    Na ja, die eingängliche Frage ist ja eigentlich beantwortet, und unter dem Thema "Diamantweg" Überlegungen anzustellen, was darunter fällt und was nicht ist ja durchaus eine sinnige Folgeüberlegung.


    Nachdem ich eigentlich alles dazu gesagt habe, was mir dazu einfällt, will ich nur noch das "was genau bei Euch gelehrt wird" zurückweisen - ich wüsste nämlich nicht, welchem "Euch" ich da zugehörig sein sollte. ;)


    Kern meiner Praxis ist eine Sichtweise, die ich in keiner Tradition verorten möchte, auch wenn man das sicherlich könnte - und auf der äußeren Ebene bin ich immer offen in alle Richtungen und finde gerne die Gemeinsamkeiten verschiedener spiritueller Traditionen, durchaus auch nicht beschränkt auf den Buddhismus. Wenn man allerdings Gemeinsamkeiten sucht, ist es gleichzeitig wichtig, sich in Unterscheidungsweisheit zu üben, damit man die Dinge richtig einordnen kann und auch nicht fälschlicherweise Dinge zusammen in einem Topf wirft, die keine schmackhafte Erleuchtungssuppe egeben ;)

    Hmm, irgendwie verstehst Du grad Dinge, die ich differenzierter meine sehr absolut.


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    Ja, schön - aber von einer Schule, die die Leerheit ausklammert, wo nur gelehrt aber nicht praktiziert wird, wo es keine direkte Übertragung, meinetwegen auch magisch, gibt - davon hab ich noch nie gehört.
    Ist für mich so, als ob jemand fragt: "Hat der Gelug-Besen denn auch Borsten? Das ist nämlich ein wichtiger Unterschied, ob ein Besen Borsten hat oder nicht..."
    Verstehst? Kommt mir völlig merkwürdig vor.


    Aber ich sage doch nicht, an keiner Stelle, die Gelugpas würden generell nur lehren und nicht praktizieren. Das wäre ja totaler Unsinn!! Und wo habe ich behauptet, es würde die Leerheit ausgeklammert??


    Ich stelle die Frage, ob bei den Gelugpas Mahamudra nur gelehrt wird, aber vielleicht nicht als lebendiger Erfahrungsstrom übertragen und praktiziert.


    Von einem Gelug-Mahamudra-Meister habe ich jedenfalls bisher nichts gehört!?


    Natürlich gibt es bei den Gelugpas Übertragungen und Einweihungen. Aber gehören Mahamudra-Einweihungen dazu, im Sinne des nicht-tantrischen Mahamudra z.B. der Kagyü-Schule? Denn es gibt ja, wie wir hier im Forum immer wieder feststellen müssen, solches (tantrische Praxis innerhalb des Dzogchen-Systems) und solches (Höchste Sicht der Kagyü-Schule) und solches (philosophische Sichtweise bei den Gelugpas?!) Mahamudra - und noch Anderes (den Begriff gibt es nämlich auch im Hinduismus, meint aber da wieder nicht das Gleiche...)


    Wenn man nun Vajrayana so definiert, dass unabdingbar die spezifische Praxis und Übertragung von nicht-tantrischem Mahamudra oder Dzogchen dazu gehört, dann wäre die Aussage richtig, dass das, was in bei den Gelugpas hauptsächlich gelehrt und praktiziert wird, was die Gelugpas als Gelugpas generell definiert, kein Vajrayana wäre.


    Meine Absicht ist es, etwas herauszufinden, dafür werfe ich das ein, was ich weiss, ohne dieses Wissen als der Weisheit letzten Schluss zu betrachten. Ich lasse mich also gerne eines besseren belehren von jemand, der da Experte ist... :)


    Übrigens ist ja meines Wissens bei den Gelugpas vor allem das Kalachakra-Tantra von Manjushri aus dem Shambhala heraus gegeben und dieses wird auch vor allem von den Gelugpas weitergegeben; die grossen Kalachachakra-Einweihungen kennt man ja vom Dalai Lama.


    Aber das ist halt kein Vajrayana. Kalachakra wird sogar von Einigen als nicht-originär-buddhistisches, säkulares Tantra angesehen. Dazu passen die Bestrebungen des Dalai Lama, für die Weltbevölkerung eine nicht religiös geprägte Ethik auf Basis grundsätzlicher Menschenrechte zu etablieren. Das ist Shambhala-Aktivität, die ich für generell höchst unterstützenswerte Bodhisattva-Aktivität halte.


    Belehrungen von Sambhogakaya-Formen zu erhalten mag dem Westler zwar "magisch" anmuten, gehört aber nicht zu dem, was ich jetzt mit "magisch-schamanisch" meinte. (Nämlich das, was der tibetische Buddhismus aus dem vor-buddhistischen Tibet übernommen hat...)


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    Es kann sein, dass der Bön mit seiner Magie genommen und auf "Buddhismus" umfrisiert wurden. So hab ich mal gehört. Aber direkt alles Streichen und Ablehnen würd ich das nicht nennen. Jedenfalls ist Mahamudra und Shunyata nicht herausgekürzt sondern unabdingbarer Bestandteil.


    Hab ich irgendwo gesagt "Alles Streichen und Ablehnen" ??? (Nein)


    Der tibetische Buddhismus der alten Schulen ist sehr geprägt von der Integration magischer und schamanischer Elemente der vor-buddhistischen Zeit. Dzogchen war ja schon vor dem Buddhismus da und wurde vor allem von der Nyingma-Schule integriert. Nicht-tantrisches Mahamudra im Sinne der Kagyü-Schule ist nochmal eine Abwandlung des Dzogchen.


    Von Shunyata habe ich kein Wort gesagt und mitnichten negiert, dass dieses bei den Gelugs eine Rolle spielt - das wäre ja absurd!


    Ob das Mahamudra, das bei den Gelugpas gelehrt wird, aber vielleicht ein tantrisches oder rein philosphisches Mahamudra ist (der Begriff wird ja leider an verschiedenen Stellen sehr verschieden verwendet, s.o.) und nicht das Mahamudra im Sinne der Kagyü-Schule??


    Dann könnte man weiterhin sagen, dass die Gelugpas vorwiegend nicht zum Vajrayana zählen. Da sie ja Madhyamika in den Vordergrund stellen. Was wiederum die philosophische Grundlage im Diamantweg der Kagyu-Schule ist. Aber nicht hinreichend, um für sich betrachtet zum Vajrayana zu zählen.


    Interessant finde ich übrigens auch, dass ausdrücklich der Dalai Lama erst neulich einen "reformierten Bön" als "5. buddhistische Schule" wieder angenommen hat, nachdem man den "alten Bön" - und dessen Anteile in den alten Schulen - ursprünglich grad mal nicht haben wollte.


    Aber hier muss man wohl den Dalai Lama einmal als spirituelles Oberhaupt der Gelugpa-Schule sehen - und einmal als politisches Oberhaupt der Tibeter. Was für ein Konstrukt ;) Als letzterem steht es ihm nämlich überhaupt nur zu, eine Aussage über Bön als "authentische Schule" zu machen.


    Die modernen Bönpos wiederum schaffen den höchst spannenden Kunstgriff, ihren Gründer als "Buddha" vor "dem Buddha" zu postulieren und sich so als "Buddhismus vor dem Buddhismus" darzustellen. Nicht unbedingt zu unrecht*... ;) Probleme und Knoten im Kopp bekommt man hier ja überhaupt nur nur, wenn man sich an Worten aufhängt und diese mit den Inhalten verwechselt.


    8)


    * Die Tibeter meinen ja mit "Sangye" einen Erwachten. Also so generell erwacht. Egal welcher Tradition, Kultur und Herkunft. Und wer jetzt von diesem Beitrag Version bzw. Editierung oder Iteration 1, 2 oder X mitbekommen hat hat halt dieses oder jenes Karma :grinsen:

    Na ich hab ja nicht gesagt, dass das Eine besser wäre als das Andere, blos weil es in eine andere Kategorie gehört...!


    Und "authentisch" und "verwirklicht" sind keine Attribute, die zwangsläufig nur für Mahamudra-Meister gelten müssen.


    "Vajrayana" bezeichnet halt etwas ganz bestimmtes... Ich habe nur versucht, Merkmale dafür zu definieren.


    Die Antwort eines erfahrenen Gelug, wie das bei den Gelugs ist, will ich damit auch nicht vorweg nehmen...


    Tatsache ist allerdings, dass viele typische Vajrayana-Elemente von der "magisch-schamanischen" Art sind,
    von der sich die Gelugpas bei der Gründung ihrer Schule ausdrücklich emanzipieren wollten.


    Trotzdem sind viele dieser Elemente aber vermutlich dennoch erhalten geblieben.
    Daher ist das vielleicht nicht immer so trennscharf, wie man das gerne hätte...

    Gelehrt oder praktiziert? Das ist ja der Knackpunkt... Es gibt einen gravierenden Unterschied zwischen einem Lehrer, der das Wissen zu Mahamudra weitergeben kann - und einem Mahamudra-Meister, der in diesem Zustand ist und eine direkte Geist-zu-Geist-Übertragung gibt.

    Zitat

    Ist eine Einweihung in Kriya-Tantra oder Anuttarayoga-Tantra kein Vajrayana?


    Ich würde sagen: wenn die Einweihung in Verbindung mit der Sicht oder in Vorbereitung auf eine Dzogchen oder Mahamudra-Praxis gegeben wird, ist es Vajrayana; spielt diese Ebene keine Rolle, ist es kein Vajrayana, dann ist es "einfach" Tantra, wenn auch Anuttarayoga-Tantra die höchste Tantraklasse ist. Auch wenn die Höchste Sicht zwar philosophisch erklärt wird, aber keine Übertragung und Praxis dazu stattfindet, ist es noch kein Vajrayana.


    Meist werden im Vajrayana Halten der Sicht und Tantras parallel praktiziert, so dass es nicht immer eindeutig erscheint. Man könnte sagen, dass man sich so von beiden Seiten vorarbeitet - die Buddhanatur strahlt von Innen immer mehr durch und von Aussen her löst man auf bedingter Ebene Hindernisse auf und schafft gute Grundlagen, bis Innen und Aussen nicht mehr zu trennen sind.

    Tja, was soll ich sagen. Ich weiss nur, dass ich, als ich das erste Mal ein Bild vom alten Gendün Rinpoche gesehen habe, ich lange nicht aufhören konnte zu heulen wie ein Schlosshund... Ähnliches habe ich nur erlebt, als ich das erste Mal in diesem Leben der Grünen Tara wieder begegnet bin.


    Von den genannten Lehrern bei Bodhipath kenne ich natürlich einige Namen, live erlebt habe ich Shamarpa und Jigmela. Jigmela habe ich zwar sehr angenehm empfunden, aber auf Dauer wäre sein Lehrstil nichts für mich gewesen.


    Was das Verhältnis der DW-Zentren und der eher (vergleichsweise!) traditionellen Zentren / Klöster angeht, ich glaube das hat wie so vieles zwei Seiten. Ich möchte mich da gar nicht einmischen, kann selbst mit beiden gut, vielleicht aber auch gerade weil ich mich mit keiner einzigen Linie oder Schule identifiziere.