Beiträge von VOOM108 im Thema „"Ohne Mantra kein Vajrayana"...???“

    Da hatte wir an anderer Stelle schon mal die entscheidenden Fragen:
    1. Ist Vajrayana = Tantra (meine Ansicht: nein)
    2. Wird es gelehrt, oder tatsächlich auch praktiziert?
    Lehren kann man vieles, für die Praxis des Vajrayana braucht es eine lebendige Übertragung. Da waren wir glaube ich zu dem Ergebnis gekommen, dass bei den Gelugpas einige Übertragungen der anderen Linien auch tatsächlich lebendig verwendet werden, aber diese nicht aus der Gelugpa-Linie hervorgegangen sind. Natürlich haben sich die Linien ohnehin immer wieder vermischt und es wurden Übertragungen von anderen Linien gehalten und aufgenommen, teilweise aus Not, teilweise aus Interesse an der Praxis.


    Die Antwort von Angulimala sagt ja: "in erster Linie" nicht "ganz oder gar nicht". Dass der Fokus bei den Gelugpas in erster Linie auf einem Stufenweg und dem genauen Studium und Bewahren von Lehren liegt, und bei den alten Schulen eher auf einem ganzheitlichen Ansatz, bei dem auch mal ganz viel Fühlen wichtiger sein kann, als genaues Wissen über Details, das kann man glaube ich schon so sagen.

    Ich sehe bei der Meditation auch fast gar nichts, da kann ich mich anstrengen wie ich will. Ich sehe auch keine Auren o.ä. Und das obwohl ich ansonsten ein sehr visuell veranlagter Typus bin, ich Muster, Formen und Zusammenhänge aufgrund ihrer asthetischen Kongruenz wahrnehme, die anderen gar nicht auffallen - aber eben mit offenen Augen, in der materiellen Welt. Auf der anderen Seite bin ich sehr hellfühlig, also ich fühle die Buddhas und Yidams und Gottheiten sehr intensiv, sobald sie präsent sind. Ebenso fühle ich Dinge sehr intensiv bei Menschen, die ein hellsichtiger oder aurasichtiger Mensch vielleicht visuell bei einem anderen Menschen wahrnehmen würde. Das hat den praktischen Vorteil, dass mein wichtigster nicht materieller Sinn auch auf Entfernung funktioniert, z.B. "im Internet", wenn es notwendig ist. Insofern liegt mir der Begriff "Vergegenwärtigen" auch sehr viel näher, als "Visualisieren". Man kann allgemein sagen, dass jedem materiellen Sinn ein nicht-materieller Sinn zugeordnet ist, der nicht übernatürlich ist, sondern lediglich andere Signale auffängt. Jeder von uns hat alle diese Sinne so wie jeder von uns alle materiellen Sinne hat. Aber so wie bei jedem einige materielle Sinne mehr ausgeprägt sind und andere weniger, so ist es auch auf der feineren Ebene. Und wie die materiellen Sinne kann man auch die anderen Ebenen der Sinne ein Stück weit trainieren, aber nur bis zu einem gewissen Grad.

    Wenn man sich anschaut, dass jeder Lama die Dinge etwas anders lehrt und andere Schwerpunkte setzt und ausserdem der gleiche Lama womöglich jedem Schüler individuell zumindest teilweise andere Antworten auf die gleichen Fragen gibt, dann resultiert daraus vielleicht, dass (abgesehen von absoluten Kernbelehrungen, die sich bei keinem Lehrer unterscheiden) das meiste nicht so in Stein gemeisselt ist, wie man es tendenziell denkt.


    Das führt für mich dazu, dass sich die Frage "ist das so oder so" erübrigt, dafür tut sich aber diese Frage auf: habe ich Vertrauen zu meinem Lama? Denke ich, dass er das, was er mir sagt, aus gutem Grund zu mir sagt, oder vermute ich vielleicht, dass ich es besser weiss oder er nur irgendwas wiederholt, was gar nichts mit mir zu tun hat. Ist die Antwort: Ich vertraue, dann sollte ich wohl davon ausgehen, dass das Gesagte für mich bestimmt ist und es mich weiterbringt, wenn ich dem nachgehe. (Voraussetzung ist natürlich, grundsätzlich die Eignung des Lehrers für sich geprüft zu haben, bevor man dieses Band eingeht). Habe ich aber dieses Vertrauen nicht, dann sollte ich vielleicht prüfen, woran das liegt und/oder ob vielleicht ein anderer Lehrer besser passt, dessen Praxis-Anweisungen ich auch bereit bin, umzusetzen.

    Angulimala:

    Was ist daran gewagt?
    Eine jede Mediation auf die Buddhaaspekte betont und lehrt, daß der jeweilige Buddha eine Form aus Licht und Energie ist, wie die Spiegelung des Mondes im klaren Wasser. Eine Erscheinung, aber nicht mehr als das.


    Einen Buddha als etwas wirkliches zu sehen, führt zu einer weltlichen Meditation mit weltlichen Ergebnissen. Es geht ja gerade darum, die Illosionshaftigkeit der Dinge zu erkennen. Buddhas stell man sich vor, wie Hologramme. Das a und o. Das ist -entschuldige das- Basiswissen.
    Buddhas sind immer "nur" Ausdruck der eigenen Fähigkeiten, aber sicher keine Wesen.


    Das ist durchaus kein Basiswissen :) "immer nur" ist jedenfalls definitif falsch. Eine typische Antwort der Lamas auf die Frage, ob die Buddhas real sind, ist dass sie beides sind - Ausdruck und Spiegel unserer eigenen Fähigkeit UND eigenständige Wesen. Und zwar gleichzeitig! Das ist ein wenig wie mit den Quanten: Sind sie Teilchen (Lokalisiert in Zeit und Raum) oder "Welle" (=ausgedehnt im Raum)? In unserer Wahrnehmung hängt das davon ab, worauf wir uns gerade beziehen. Auf der letztendlichen Ebene sind sie aber beides gleichzeitig.


    Die Buddhas für reine Projektionen unseres Geistes zu halten führt auch nicht zum richtigen Ergebnis: vor allem weil wir etwas, das wir selbst erzeugt haben, nur schwer als erleuchteter wahrnehmen können, als uns selbst ;) Die Buddhas sind erleuchtete Qualitäten des Raums, als solche aus sich selbst heraus existent, aber keine Person. Da der Raum "nicht-lokal" ist, teilen wir alle diese Qualitäten, so wie wir alle den gleichen Raum teilen.


    Insofern würde die Idee, Tara die Mantras machen zu lassen, durchaus etwas Segen bringen, wenn wir uns bewusst sind, dass das auch ein Teil von uns selbst ist, der die Mantras macht und uns immer wieder bewusst machen, dass da die Mantras rezitiert werden. So richtig sinnvoll finde ich das aber auch nicht. Entweder ich gehe gleich ins Volle und mache mir immer bewusst, dass alle Geräusche Mantras sind, oder ich rezitier sie selbst. Die Tara würde ich eher so wahrnehmen wollen, dass ihr Körper mit ihrem Mantra schwingt, als würde sie vollständig daraus bestehen. Oder anders: wäre ein Buddha ein Geräusch für einen Blinden, so zeigt er sich in Form seines Mantras.

    Ich bin der Überzeugung, dass das Vertrauen in die Wirkung als Einflussfaktor stärker ist, als die Schwingung selbst. Da gibt es ja auch die tibetischen Weisheitsgeschichten, wo jemand ein "Mantra" bekommt, das eigentlich gar keins ist sondern eine ganz profane Bedeutung hat und nicht als Mantra verwendet wird. Das Vertrauen und die Hingabe ist dann bei der Person so gross, dass sie mit diesem "Mantra" zur Erleuchtung kommt. Es gibt auch (nicht-buddhistische) Traditionen, wo individuelle Mantras vergeben werden, die gerade deswegen so wirksam sind, weil sie nur von der einen Person un ihrem Lehrer gewusst werden. Da spielt die "Schwingung an sich" keine grosse Rolle. Auch wenn ich mir eine Situation vorstelle, wo ich ein Mantra für ein Tier mache, dann ist glaube ich meine Einstellung dabei wichtiger als der Klang des Mantras. So wie ich einen Hund, wenn ich dabei freundlich und mitfühlend bin, im Wortlaut beschimpfen kann und er wedelt erfreut mit dem Schwanz. Ich denke schon, es die Schwingung eine Rolle spielt, aber eben eine untergeordnete Rolle. Insofern ist eine Kombination aus richtiger Einstellung mit einem richtigen Mantra vermutlich am stärksten.

    Matthias65:
    Thubten Gawa:


    Ja, das mache ich auch 8) Und wenn ich es lange genug mache, dann habe ich die Mantras immer so im Hinterkopf mitschwingen.


    Wenn viele das so machen würden, entsteht ein wunderschöner Chorgesang aus verschiedenen Mantras :)


    Oder man singt mit sich selbst im Chor und gibt es frei. Das ist dann vielleicht auch eine Art Gebetsmühle...