Beiträge von void im Thema „Lehrte der Buddha Kreationismus?“

    Losang Lamo:

    Das Wort "geistähnlich" hab ich noch nicht gehört, aber es wird wohl ungefähr etwas gleichwertiges damit auf sich haben. Im tibetischen Buddhismus wird schon ganz richtig verstanden, was Shunyata ist, keine Sorge. ;)


    Ich kann mir vorstellen, dass mein eigener Geist ganz schön verblendet ist. Aber die Grundlage für all dies dummen Verblendungen ist mein dummer Körper und mein dummes Hirn.


    Was mich sehr irritiert sind, sind alle Vorstellungen, die Geist nicht als Produkt sehen, sondern ihm eine vorgelagerte Bedeutung zugesehen. Also alle die sagen, dass eine Gehirn zum Denken total unnötig ist, wo wir doch alle so strahelnde Astralkörper haben, mit dem wir wie Gespenster durch Schlüssellöcher flutschen können.


    Und das die Welt nicht nur in dem Sinne Illusion ist, das wir einen Stock für eine Schlange halten, sondern dass die gesamte Welt ein Trugbild ist und dass die Welt von ihrer Natur her eher geist-haft ist. Und dass, weil wir eh alle in der Matrix sind, die Unterscheidung in Lüge und Wahrheit, Virtuelles und Materielles eh keinen Sinn macht.

    Ich kann mich erinnern, dass das Wort "sammā" , das ja nicht nur als 'richtig" sondern auch als 'vollkommen' übersetzt wird sogar entfernt mit dem Wort "Summe" verwandt ist. Ich weiss nicht ob diese Deutung stimmt, aber es passt sehr gut zu der wohltuenden Ausgewogennheit in dem von dir zitierten Text aus dem "Mahādukkhakkhandha Sutta". Während uns Verblendungen immer nur einen bedingten Teilaspekt sehen lässt, den wir dann für die Sache selbst halten, wird hier dies gesamte Bandbreite erläutert.


    nibbuti:


    Natürlich ist die Lehre eine Buddha nicht schwarz-weiß. Aber Upaya ('geschickte Mittelchen') kann eben auch leicht nach hinten losgehen und weit vom Weg abführen. Erst recht in einem unerleuchteten Geist, der Upaya meint anzuwenden, ohne vorher die Dinge gesehen zu haben wie sie sind.


    Ich glaube nicht, dass da Böswilligkeit oder Aroganz dabei sein muss. Es reicht ja, zu bestimmten Gelegenheit, bestimmt Buddhaworte instrumentell aus dem Zusammenhang zu reissen. Ungleichgewichte können sich sehr schleichend ergeben.


    nibbuti:
    void:

    Vermutliche hatte er vollkommen falsche Ansichten über die Sonne und die Planeten. Bei all diesen Illusionen, die er hegte, handelt es sich aber deswegen noch lange nicht um Verblendungen im buddhitischen Sinn.


    Das ist ein Strohmann-Argument, Mutmaßung und darauf basierende Verleumdung der Buddha hätte 'diese' (welche denn?) Illusionen gehabt, also könne man selbst das auch. :shock:


    Mein Punkt war der, dass nicht alle Illusionen Klesha sind. Ich nehme an, dass Budhha naturwissenschaftlich gesehen auf dem Stand seiner Zeit war und das damals übliche Weltbild teilte. Daran ist überhaupt nichts Verwerfliches. Ich weiss nicht wie du darauf kommst mir vorzuwerfen, ich würde damit Buddha verleumden. Im Gegenteil, emfinde ich ja eher Ansichten, die Buddha als einen wundersames Überwesen sehen, dass schon damals alles über Quantephysik und Demokratie wusste, als einen Herabwürdigung. Reicht es nicht, die Tür zur Befreiung von allem Leid aufzustossen? Muss man neben bei auch noch allweissender Universalgelehrter sein?


    Meine Ausführungen ging es darum, dass ich glaube, dass die angesprochene Lehre ihren Ursprung nicht darin hatte, die Welt zu erklären. Sondern, dass es als ein geschicktes Mittel verwendet wurde, dem didaktischer Wert beigemessen wurde. Und wie bei allen Mitteln muss man prüfen, was es taugt.


    Der Punkt an dieser Stelle ist doch nachzufragen, ob die Vorstellung eines schöpferischen Geistes wirklich heilsam ist oder ob sie gefährlich ist. Was hätte Buddha dazu gesagt?


    Ich nehme an, die Lehre vom "grossen Geist" hätte ihm vor allem deswegen sehr missfallen, weil es ihm darum ging, alles als leidhaft, bedingt und "anatman" zu beschreiben. Billigt man einem "Geist" eine der Welt vorgelagerte Ursprung-Status zu und vernachlässigt seine Bedingtheit, dann schmuggelt man diesen Geist quasi aus Samsara heraus und assoziiert ihn ein stückweit mit der Befreiung vom Leid. Und genau das passiert ja in manchen tibetischen Texten: Indem Shunyata als "geistähnlich" und "raumgleich" Attribute kommt, werden Geist und Raum aus Samsara heraus-geadelt.

    Hallo nibbuti,


    Die Idee von "Upaya" geht ja gerade darauf zurück, dass Buddha Shakyamuni zu unterschiedlichen Menschen in unterschiedlicher Weise sprach. Ihm ging es ja nicht darum, unveränderliche,ewige Wahrheiten zu verbreiten, sondern seinem konkreten Gegenüber zu helfen. War ein Mönch z.B vom sexuellen Verlangen gepeinigt und dachte dauernd nur an Frauen, so sprach Buddha vielleicht in einer zu ihm Weise, die dieser Verblendung entgegenwirkt und die hässlichen und widerlichen Aspekte des weiblichen Körpers betonte. Damit wollte er nicht die einseitige, verblendte Sicht "Frauen sind wunderbar" durch eine ebenso einseitige, verblendete Sicht "Frauen sind widerlich" ersetzten, sondern der einen Verblendung durch ihr "Gegengift" entgegenwirken. Würde man die einseitige Darstellung widerlicher Aspekte des weiblichen Körpers als "Aussagen darüber, wie Frauen so sind" nehmen würde man nicht umhin kommen, es für eine gewaltige Illusion anzusehen. In seiner Rolle als Gegengewicht kann eine Aussage, die aus dem Kontext gerissen, als Illusion anzusehen wäre, jedoch heilsam sein. So wie auch ein Arzt je nach Krankheit andere Medikamente verschreibt, von denen manche für einen Gesunden sogar schädlich sein mögen.


    Für mich ist die Sicht, die betont wie der Geist als Ursprung wirkt und dabei unterschlägt, wie das Geistige selbst bedingt ist", eine einseitige und verzerrte Sicht, aber deswegen noch keine Lüge. Es ist etwas, was für jemanden der sich selbst als machtlos empfindet, als "Gegengift" sinnvoll sein kann. Aber vielleicht dafür jemanden, der sich selbst als Nabel der Welt hält, in seinem Wahn bestärkt. So wie Morphium für jemanden gut ist, der sich einer schweren Operation unterzieht, aber in den Händen von jemanden, der es als Realitäsflucht missbraucht, zur gefährlichen Droge werden kann.


    nibbuti:


    "Heilsame Illusionen" ist somit ein Oxymoron oder Widerspruch in sich, da Illusionen (Verblendung) per Definition unheilsam, unheilbringend, ungesund und unzuträglich sind.


    Bei "Klesha" handelt es sich natürlich um Illusionen, weil durch die drei Geistesgifte manches anders erscheint, als es in Wirklichkeit ist.


    Aber bedeutet es, dass deswegen alle Illusionen Klesha sind? Ich glaube nicht. Zum Beispiel kann man davon ausgehen, dass Buddha kein im Lichte der heutigen Naturwissenschaften gültiges Wissen über die Welt hatte. Vermutliche hatte er vollkommen falsche Ansichten über die Sonne und die Planeten. Bei all diesen Illusionen, die er hegte, handelt es sich aber deswegen noch lange nicht um Verblendungen im buddhitischen Sinn. Ebenso, wie es Illusionen gibt, die heilsam sein können. Ich finde z.B die Idee von der "Würde des Menschen" mit seinen "eingeborenen Menschrenrechten" einen sehr schönen Traum.

    Das Problem in das sich die christlichen Kreationisten verfangen haben ist ja, dass sie Spiritualität mit Welterklärung vermischen. So wie es uns Buddhisten wichtig ist, dass nicht aus sich selbst heraus existiert, ist es vielen Christen wichtig, sich jederzeit bewusst zu bleiben, dass er selbst und alles andere nur aus der Gnade und dem Willen Gottes heraus existiert. Um diesen (im Sinne der Spiritualität) "heilsamen" Gedanken zu stützen und ihm gegenüber naturwissenschaftlichen Auffassungen Gewicht zu verleihen, glauben Kreationisten ihn in einer banalen und geradezu bizarr konkreten Weise auffassen zu müssen, in der Gott zu einem Ingenieur wird, der die Erde in sieben Tage hingeschustert hat. (Wohl umflattert von einer Wolke von Projektmanagment-Engeln)


    Wie ich schon in dem Threads "der Geist Entscheidet" und "Welt, ein Trugbild?" sagte, glaube ich, dass die Auffassung, die Geist als ein der Welt vorgelagertes Schöpfungsprinzip sieht, vor allem didaktische Gründe hat.


    Man sagt das also nicht aus Gründen der Spekulation über die Weltentsehung und auch nicht wie die Kreationisten, um dadruch andere Ideen zu legitimieren, sondern deswegen, weil man es als einen konstruktiven Gedanken im folgenden Sinne erachtet:


    Betont man gegenüber jemanden, wie sehr seine Handlungen und auch seine Gedanken bedingt sind, so kann das ja dahingehend ermutigen, sich als "Opfer der Umstände" zu betrachten. Demgegenüber möchte man jemanden vielleicht ermutigen, indem man betont, wie sehr man durch das eigene Denken und Handlen für das was man erlebt verantwortlich ist. Und das man alles ändern kann, wenn man damit anfängt das eigenen Denken zu ändern.


    Beim eigenen Willen zu beginnen, wird also als eine im Sinne der Praxis ermutigende und damit heilsame Sichtweise gesehen. Aber es handelt sich um eine einseitige und verzerrende Sichtweise, weil sie alles ausblendet, was "vor" dem Willen ist:


    nibbuti:

    Wohingegen die Lehre des Buddha vom Bedingten Entstehen erklärt, dass Wahrnehmung, Empfindung, Anhaftung usw. erst beim Kontakt dreier Dinge entsteht: Sinnestor, Objekt, (Sinnes-)Bewusstsein.


    Die Frage ist jetzt, ob man diese Verzerrrung in Kauf nimmt. Und da gibt es die Ansicht, dass wenn wir sowieso in verblendeter Umnachtung leben und es so lange man kein Buddha ist, nicht hoffen kann die Welt zu sehen wie sie ist, es doch sinnvoll sein könnte, "heilsame Illusionen" zu hegen.


    wiki:


    The implication is that even if a technique, view, etc., is not ultimately "true" in the highest sense, it may still be an expedient practice to perform or view to hold; i.e., it may bring the practitioner closer to the true realization in a symilar way.


      ( Ich probiere es mal auf Deutsch: " Die Konsequenz ist, dass auch wenn eine Technik, Ansicht, usw. nicht im höchsten Sinne "wahr" ist, sie dennoch eine brauchbare Praxis oder Ansicht sein kann, das heißt den Parktzierenden gleichsam dem Erwachen näherbringen kann.")Quelle


    Mann kann also argumentieren, dass diese Ansicht in der Praxis so heilsam ist, dass ihre Einseitigkeit und mangelnde Übereinstimmung mit buddhitischen Grundkonzepten zu entschuldigen ist. Kann man dem "Risiken und Nebenwirkungen" engegenhalten, wo die Ansicht nicht konstruktiv sondern verghängnisvoll und gefährlich ist?