Für mich ist das nicht säkular und ich weiß auch gar nicht, wieso Du das so nennst.
Ich sag ja, ich habe keine Ahnung, was nach dem Tod kommt und spekulieren will ich nicht. Sollte ich in die Hölle kommen, so nehme ich es auf mich und trage es, wegen des Anderen. Denn es geht da nicht um mich.
Mir ist ebenfalls ein Rätsel, weshalb Du einen Kriminalisten zu Rate ziehst Was hat das mit Mord und Totschlag zu tun? Was hat das mit Lust am Töten zu tun? Mit Aggressivität?
Ich habe halt keine einfache Antwort auf die Frage und lebe mit dem Dilemma Entscheidungen treffen zu müssen. Was ich nicht weiß ist, was nach dem Tod geschieht und ob grausame Schmerzen was mit Karma-Abarbeiten zu tun haben. Nach meinem Verständnis von Karma hat das nichts miteinander zu tun. Das wäre auch absurd, denn dann wäre in der Tat jede Hilfeleistung gleich welcher Art ein Verhindern von Karma-Abarbeit. Wenn Du also der Dame über die Straße hilftst und sie wird nicht angefahren, dann verhinderst Du, dass sie Karma abarbeiten kann. Das wäre so, gemäß Deiner Auffassung.
Auch wie Du mit dem Begriff "Menschlichsein" umgehst, kann ich nicht folgen. Sklaverei galt nie als "menschlich" im Sinne von "human, freundlich". Das war immer eine grausame Strafe, wurde als Unrecht empfunden. Es wurde mit dem Bewusstsein getan, dass es grausam ist. Das war Sinn der Sache – unterworfene Völker zusätzlich zu bestrafen und andere abzuschrecken. Ebenso Geschlechterdiskriminierung, denn Frauen galten und gelten als minderwertig (auch wenn dann drumrumgequatscht wird). Kannibalismus galt auch nie als Liebesbeweis, sondern hauptsächlich als Einverleibung der Kraft des getöteten Gegners, war oft sogar eine Ehrenbezeugung. Diese "Beweiskette" von Dir ist also überflüssig.
Du nennst das "selbstzufrieden". Wie kommst Du darauf? Ich vermute, Du hast Dir noch nie vergegenwärtigt, was es z.B. für Eltern bedeutet, die Maschinen abstellen zu lassen, an denen ihr Kind hängt. Das machen die nicht aus Selbstzufriedenheit und Bequemlichkeit. Ich kann nur hoffen, dass Du nie in so eine Situation kommst, in der Du eine solche Entscheidung treffen musst, wenn Du alle Hoffnung fahren lassen musst, wenn Du von Liebsten der Welt loslässt, um ihm den Frieden zu gewähren.
Im Gegensatz zu Dir habe ich ein schlechtes Gewissen, wenn ich eine Fliege töten würde. Denn das, auch wenn reflexartig, ist überflüssig wie ein Kropf. Das kann ich zu 99,99 Prozent kontrollieren. Dazu muss ich nicht einmal ein triebbefreiter Buddha sein. Ich muss nur ein wenig meinen Körper und meinen Geist beherrschen. Soll sie doch auf mir sitzen! Soll die Mücke mich doch stechen und sich vollfressen! Dann ist Ruhe und sie kann ihre Eier legen.
Liebe Grüße
Doris