Kusala:Alles anzeigen
Nehmt an, ihr Mönche, es ist da eine viele Jahre alte Eiterbeule, die neun von selbst entstandene Wundöffnungen hat. Was da nun hervorquillt und heraussickert, das alles ist unrein, übelriechend und ekelerregend.
Als eine Eiterbeule aber, ihr Mönche, bezeichnet man diesen aus den vier Grundstoffen bestehenden, von Vater und Mutter gezeugten Körper, der mit Reis und Grütze großgezogen wird, der Vergänglichkeit unterworfen ist, gesalbt und massiert werden muß und der Auflösung und Zersetzung anheimfällt.
Dieser Körper hat neun natürliche Öffnungen. Und was da hervorquillt und heraussickert, das alles ist unrein, übelriechend und ekelerregend. Darum, ihr Mönche, wendet euch ab von diesem Körper!
Neun Vorstellungen, ihr Mönche, entfaltet und häufig geübt, bringen hohen Lohn und Segen; sie münden im Todlosen, enden im Todlosen. Welche neun?
Die Vorstellung der Unreinheit, des Todes, des Ekelhaften bei der Nahrung, der Reizlosigkeit des ganzen Daseins, der Vergänglichkeit, des Leidhaften in der Vergänglichkeit, der Ichlosigkeit im Leidhaften, des Aufgebens und der Entsüchtung.
Ein wichtiger Text. Der rechte Zugang muss erlernt werden. Wer bei dem Text hängenbleibt, wird zu einer negativen, pessimistischen Auffassung von der Lehre gelangen. Ich vermute, Textstellen wie diese waren die Grundlage, weshalb früher Buddhismus manchmal als Religion des Leidens verstanden wurde.
ZitatAlles anzeigen277
"Kein Ding bleibt immer gleich", wer's eingesehen hat,
Kehrt sich vom Leiden ab. Dies ist der Reinheitspfad.
278
"Kein Ding befriedigt ganz", wer's eingesehen hat,
Kehrt sich von Leiden ab. Dies ist der Reinheitspfad.
279
Und "kein Ding ist mein Ich", wer's eingesehen hat,
Kehrt sich vom Leiden ab. Dies ist der Reinheitspfad.
Dhammapada Magga 277-279 http://www.palikanon.com/khuddaka/dhp/dhp4.htm#Magga
Die drei Merkmale gelten für alles, auch den Körper. Zu Lebzeiten Buddhas, mit einer niedrigen Lebenserwartung, Seuchen, harter körperlicher Arbeit waren die Betrachtungen über die Eiterbeule sicher viel einfacher zugänglich.
Wir leben heute eher in einer absurd ins Gegenteil verkehrten Welt. Werbung, Printmedien und TV pusten uns jeden Tag tausende Mal ein Bild vom Menschen um die Augen und Ohren, das völlig unrealistisch ist. Jugendlichkeitswahn, scheinbar ewige Schönheit und Gesundheit, Sterben wird in Hinterzimmer von Krankenhäuser oder Hospize abgedrängt oder findet zur Erheiterung in Krimis statt, wo wir wissen, das die Toten hinterher mit einer guten Gage in der Tasche wieder aufstehen. Krank oder schwach sein ist nicht erlaubt, Fitnessstudios und Wellnesscenter an jeder Straßenecke.
Dieses Anhaften, dieser Durst ist zu überwinden.
ZitatAlles anzeigenDas hab ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Benares am Sehersteine im Wildparke. Dort nun wandte sich der Erhabene an die fünf verbündeten Mönche:
"Zwei Extreme sind, ihr Mönche, von Hauslosen nicht zu pflegen. Welche zwei?
Bei den Sinnendingen sich dem Anhaften am Sinnenwohl hingeben, dem niederen, gemeinen, gewöhnlichen, unedlen, heillosen; und
sich der Selbstqual hingeben, der schmerzlichen, unedlen, heillosen.
Diese beiden Extreme vermeidend, ist der Vollendete zum mittleren Vorgehen erwacht, das sehend und wissend macht, das zur Beruhigung, zum Überblick, zur Erwachung, zum Nirvāna führt.
Samyutta Nikaya 56.11. Vom Vollendeten Gesprochenes - Dhammacakkappavattana Sutta http://www.palikanon.com/samyutta/sam56.html#s56_11
Wer der Eiterbeulen Sutta nichts als Selbstqual abgewinnen kann, sollte sie meiden. Wer solche Gedanken als Balance, als Gegengewicht zu einer Übersteigerung des Körperlichkeitswahns sehen kann hat eine Chance auf eine angemessene (mittlere) Sicht.
Vielleicht sollte man auch sehen, daß Texte wie dieser an Mönche gerichtet sind. Und denen meinte Buddha wohl etwas mehr zumuten zu können als Laien. Es wäre interessant, einen vergleichbaren Text auf Laien zugeschnitten zu sehen.