Beiträge von mumei im Thema „Der Fall Shimano. Mann ohne Rang“

    Interessant (oder auch nicht), was so Streithähne meinen zu wissen, wer oder was der „andere“ (nicht) sei oder was dieser nicht verstanden habe – im Gegensatz zu einem selbst.


    Wäre es nicht auch eine gemeinsame Übung, jenen „anderen“ verstehen zu wollen oder sich wenigstens darum zu bemühen, ihn bei aller Unterschiedlichkeit gelten lassen zu können?

    Lieber dorn,
    mein Kurzkommentar bezog sie nicht auf die „Frau aus dem Shimano-Archiv“, sondern auf Kainer Wahr:


    „Mal eine Frage: was halten die Frauen hier von derartigen Vorstellungen eines Mannes? "Das Dilemma der weibliche Natur" und so...“

    Wenn er auch nur explizit nach „weiblichen Meinungen“ gefragt hatte, so konnte ich mich an dieser Stelle nicht enthalten.
    (Der Kommentar ist doppelt, wegen der geforderten 30 Zeichen, und mehr fiel mir dazu nicht ein.)
    Zu den von dir aufgeführten neuesten „sexualwissenschaftlichen Erkenntnissen“ fällt mir allerdings überhaupt nichts mehr ein, außer dass mir aufgefallen ist, dass es scheinbar immer Männer sind, die alles so ganz genau über Frauen (in Archiven wie im wirklichen Leben) zu wissen glauben. Gibt es zu dem Thema auch Forschungsergebnisse von wissenschaftlich arbeitenden Frauen?

    Lieber dorn,
    es war nicht meine Absicht, den Eindruck zu erwecken, über Hellsichtigkeit zu verfügen. Lediglich das oben aufgeführte Zitat („Mit anderen Worten …“), hatte ich so interpretiert, dass du zu dieser Einschätzung gekommen seist.


    Ein offen deklariertes „Fickdojo“ könnte eine wirkliche (Er-)Neuerung bedeuten. Zumal eine rote Laterne am Eingang auch die Rente und somit die Unabhängigkeit des Betreibers gegenüber „verblödeten“ Alt-Sanghas sichern würde.
    Ich weiß nicht, gab es da nicht so einen Gemeinplatz im Zen, dass man den Meister an seinen Schülern erkennen könne?


    Selbstverständlich kann sich ein Meister, aus Erfahrungen schlau geworden, von unliebsamen „fremdbestimmenden“ Regeln befreien. Ebenso können im Gegenzug altgediente oder auch neue Sangha-Mitglieder zu der Erkenntnis gelangen: Wer A sagt, muss nicht auch B sagen. Er kann erkennen, dass A falsch war.
    (um hier – versprochen letztmalig – einen von Brechts Dialektik-Versuchen nochmals zu verdrehen)
    Falsch war in ihren Augen dann möglicherweise eben der „Meister“, und sie beharren kulturbedingt auf ihre selbstbestimmten Regeln. Auch gut.

    Falls ich hiermit missverstanden wurde:


    „Im Fall Eido Tai Shimanos könnte das heißen, ihm die Anerkennung, die ihm möglicherweise aufgrund seiner „Lehre“ zusteht, nicht abzusprechen und ebenso seine Untragbarkeit als einer Sangha verantwortlich vorstehenden „Meister“ festzustellen.“


    Mir ging es mit dieser Aussage, die als Vorschlag speziell an dorn gerichtet war, nicht darum, eine prinzipielle Trennung von Wissen und Haltung/Handlung zu legitimieren. Vielmehr fragte ich dorn, ober er unter der Voraussetzung, er wäre (wie von ihm erklärt) der Meinung, dass die Texte von Shimano anerkennenswert seien, er dennoch gegebenenfalls dessen Untragbarkeit als Meister einer Sangha akzeptieren würde.


    Auch ich tendiere aufgrund meiner Erfahrungen dazu, dass verbal übermittelte Einsicht und Meister-Praxis besonders im Zen nur schwer trennbar sind.
    Und mit jenem speziellen "Rinzai Roku" erging es mir ähnlich. Allerdings neige ich nicht dazu, ein solches Buch wegzulegen, sondern kritisch zu rezipieren, um zu verstehen, wie dessen Wirkung funktioniert. Um noch einmal Brecht (sinngemäß) zu bemühen: In der Nähe der Fehler wachsen die Wirkungen.


    Selbstverständlich ist es im Zen legitim, wenn es erforderlich ist und die Einsicht dazu vorliegt, neu anzufangen. Nur teile ich nach Dorns Mitteilung „Mit anderen Worten, Shimano weiß um seine Schwäche, will aber wahrscheinlich nicht davon lassen.“ nicht seine Einschätzung, dass Shimano im Gegensatz zu den anderen beiden von ihm genannten „Meistern“ wirklich neu angefangen hat.


    Wenn unter diesen Bedingungen wieder Menschen bereit sind, einem solchen „Meister“ trotz aller Aufklärung und größtmöglicher Transparenz zu folgen, liegt das in deren Verantwortung. Die Auffassung, eine Sangha müsse sie dann nur vor diesem Meister genügend schützen, kann ich nur schwer nachvollziehen.
    Möglicherweise müsste man den „Meister“ vor allem vor sich selbst schützen. Dies würde dann allerdings die Persönlichkeitsrechte Shimanos verletzen.


    Lieber Ellviral, meinst du wirklich, dass das was du aus Selbstschutz vor familiären Zumutungen und Übergriffen ablehnst, mit dem gleich zu setzen ist, was als mögliche Anforderungen an eine Meister-Funktion/Position (unabhängig von dem Einzelfall Eido Tai Shimano) hier kritisch befragt wird?

    Lieber dorn,
    noch ein Versuch meinerseits: Ist es wirklich so schwer zusammenzudenken, dass ein Mensch mit „… eine(r) Spaltung von emotionaler und intellektueller Struktur (…) gute Bücher schreiben und Vorträge halten und (…) dennoch auf der emotionalen Ebene unreif …“ sein und deshalb verantwortungslos und unheilvoll handeln kann?


    „Zusammenzudenken“ würde in dem Fall auch bedeuten, beides sehen zu können und so in seiner Widersprüchlichkeit anzuerkennen: Denselben Menschen für das eine zu loben und für das andere zu verurteilen, das eine ebenso wenig wegen des anderen abzuwerten noch es umgekehrt wegen diesem zu entschuldigen.


    Im Fall Eido Tai Shimanos könnte das heißen, ihm die Anerkennung, die ihm möglicherweise aufgrund seiner „Lehre“ zusteht, nicht abzusprechen und ebenso seine Untragbarkeit als einer Sangha verantwortlich vorstehenden „Meister“ festzustellen.
    Es ist eine inzwischen allgemein anerkannte Feststellung, dass der allgegenwärtige Narzissmus in unserer Kultur Menschen mit einer ebensolchen Prägung ungehindert in Positionen bringt, in denen sie sich unbehindert antisozial verhalten können – mittels Macht und dem Missbrauch dieser Macht (in finanzieller, sexueller und anderer Hinsicht).

    Lieber dorn,
    zur Klarstellung: Von meiner Seite wurde kein Zusammenhang einer möglichen bipolaren Störung einer Schülerin Eido Tai Shimanos mit einer analogen Störung des Lehrers konstruiert.
    Mein Interesse bestand lediglich darin, den von Aiko zur Diskussion gestellten Erklärungsversuch der Möglichkeit einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung (was etwas anders ist) nachzugehen, weil mir die hier so auffällig polarisierte Diskussion damit im Zusammenhang zu stehen scheint.
    Da mein Fokus weniger auf individualpathologischen Erklärungsversuchen und somit auf der Ebene von Schuldzuweisungen oder Schuldabwehr liegt, bestand mein Beitrag zu dieser Diskussion lediglich darin, einen Zusammenhang zum aktuellen gesellschaftskritischen Diskurs über Narzissmus in unserer Kultur und dessen Folgen herzustellen. Dieser Zusammenhang wurde nach meiner Rezeption in der bisherigen Diskussion bereits unter Stichworten wie Machtmissbrauch, Vertrauensbruch usw. angezeigt.


    Als „Anschauungsmodell“ habe ich hierfür die Lukullus-Debatte angeführt.

    Um dorns Begründung seiner Argumentation als „psychologisch“ aufzugreifen, erinnere ich an einen in den fortgesetzten „Personalquerelen“ untergegangenen, tatsächlich psycho(patho)logisch) ansetzenden Gesprächsbeitrag:


    „ …dass es hier eine Person wohl ist, die eine sogenannte dissoziative Störung hat, eine Spaltung von emotionaler und intellektueller Struktur. solche Leute können gute Bücher schreiben und Vorträge halten und sind dennoch auf der emotionalen Ebene unreif.“
    von Aiko am 09.01.2014, 10:49


    Dieser Ansatz wird für mich insofern beachtenswert, da die genannte Spaltung – besser Polarisierung – auch in der hier geführten Debatte zwischen Kainer Wahr und dorn zu beobachten ist.
    Hinzu kommt die Einschätzung eines amerikanischen „Arztes der Psychiatrie“ aus dem Jahr 1964 (!) in dessen Brief an Robert Aitken, aus der Kainer Wahr in seinem Blog auszugsweise zitiert:


    “Was meine Meinung über den bei ihnen lebenden Mönch angeht, so denke ich, dass es keine vernünftigen Zweifel daran geben kann, dass diese Person, während sie intellektuelle und religiöse Dinge von höchstem Niveau diskutierte, Fräulein Schmidt [Pseudonym] verführte und mit ihr Beischlaf hatte. Das führte augenscheinlich zu einem ausgesprochen zerstörerischen Ergebnis. Die Angelegenheit legt nahe, dass der bei ihnen lebende Mönch die Philosophie und Religion die er oberflächlich vertritt, in keiner Weise repräsentieren kann. Es ist zu hoffen, dass Zen von den Entstellungen die dieser Mönch ihm antut, befreit wird.”


    Ich kann nicht beurteilen, ob die Lebens- und Wirkungsgeschichte von Eido Tai Shimano mit diesem Störungsbild abschließend erklärt, verurteilt/entschuldigt werden kann oder sollte.
    Die Bedeutung der anhaltenden Auseinandersetzung um diesen Zen-Meister resultiert nach meinem Verständnis vor allem aus der damit verbundenen Frage, weshalb er – und nicht nur er – jahrzehntelang gefördert/geduldet/gedeckt usw. wurde.
    Eine Debatte über das Versagen einzelner Förderer/Dulder/Vertuscher (und deren gleichzeitige Diffamierung) ist dabei durchaus angebracht aber sicher unzureichend.
    Eine derartige, oben beschriebene Spaltungsproblematik kann auch innerhalb des Spektrums der narzisstischen Persönlichkeitsstörungen betrachtet werden.
    Wie diese aus den Biografien der Einzelnen erklärbar sind, erscheint mir dabei zweitrangig im Hinblick auf die Frage ihrer gesellschaftlichen Erfolge und deren fatalen Folgen.


    Hierzu gibt es spätestens seit Publikationen wie „Das Zeitalter des Narzissmus“ (1979) des Historikers und Sozialkritikers Christopher Lasch für die amerikanische Kultur und um in der Nachfolge unter vielen anderen Untersuchungen auch die eines deutschen Psychologen zu nennen, „Die narzisstische Gesellschaft: Ein Psychogramm“ von Hans-Joachim Maaz, einen anhaltenden gesellschaftlichen Diskurs.


    Auch in diesem Forum vorgenommene differierende Schwerpunktsetzungen wie (Machtmissbrauch, Vertrauensbruch, Ausbeutung Täuschung usw.) erscheinen dabei als unterschiedliche Betrachtungsperspektiven auf den „Elefanten“.


    Hierzu ergänzend noch ein weiterer nicht psychologisierender Ansatz, in dem es um die gesellschaftliche Bewertung des Wirkens solcher großen/grandiosen aber widersprüchlichen Persönlichkeiten ging. Und auch daran war vor allem die nachfolgende teilweise gewaltsam ausgetragene und die Akteure diffamierende gesellschaftliche Rezeption interessant:


    „Das Verhör des Lukullus“ (auch „Die Verurteilung des Lukullus“)
    Ein Hörspiel von Bertolt Brecht, mit Paul Dessau zu der gleichnamigen Oper weiterentwickelt.