Beiträge von Amdap im Thema „Arbeitet Ihr mit Inhalten des Vajrasattva-Mantras?“

    Hallo Itssead,


    als ich ins Ngöndro eingeführt wurde, erhielt ich eine dreiteilige Anleitung, von Tenga Rinpoche verfasst, zum Studieren, sowie die einfache Form von S. H. dem Karmapa Orgyen Thrinley Dorje.
    Wie heißt denn Dein Buch, das Du mir empfohlen hast?
    Ich erhielt außerdem mal an anderer Stelle, in einem anderen Forum, die Empfehlung, mir das Buch "Der vortreffliche Pfad zur Erleuchtung" von Dilgo Khyentse Rinpoche anzuschaffen, auch das ist eine Anleitung zum Ngöndro, aber in der Visualisation abweichend. Zum Beispiel soll man sich da Vajrasattva nicht so vorstellen, als ob er mit dem rechten großen Zeh die eigene Fontanelle berührt, sondern Vajrasattva in der Yab-Yum-Form, und der Stiel der Lotosblüte sitzt dabei auf der eigenen Fontanelle.
    Ich finde es aber nicht sinnvoll, zwischen verschiedenen Bildern hin und her zu springen, wenn man übt.


    Allgemein habe ich den Eindruck, dass nahezu alle, die sich dem Tibetischen Buddhismus verschrieben haben, glauben, dass die Vajrasattva-Übung eine ausschließliche Reinigungsübung sei.
    Das ist aber ein Trugschluss, denn Vajrasattva kann auch, nach dem Schwerpunkt, eine Erkenntnisübung sein, und dann ist sie ganz anders strukturiert.


    In meiner früheren Gemeinschaft wurde Vajrasattva mehr als Erkenntnisübung durchgeführt.
    Seit ich zu den K.-Kagyüs gewechselt bin, nehme ich meine langjährigen Erfahrungen von damals mit Vajrasattva in meine jetzigen Vorgaben für diese Übung mit hinein. Es ist für mich also noch mehr als nur eine Reinigungspraxis.


    Doch auch dieses ist nicht das Eigentliche, warum ich dieses Thema hier eingestellt habe und was ich damit sagen will.
    Ich wiederhole nochmal, dass ich es absichtlich in den Allgemeinbereich "Meditation" gestellt habe und nicht unter "Tibetischer Buddhismus" oder in das Geschlossene Forum, weil ich das Mantra - mal auf Deutsch - allen buddhistisch Praktizierenden vorstellen wollte.
    Und das geht auch zum Beispiel die Theravadins etwas an.
    Wir sollten übrigens als Buddhisten nicht immer unser eigenes Süppchen kochen und uns von anderen Richtungen abgrenzen, sondern uns viel mehr untereinander austauschen, das finde ich sehr wichtig.


    Schaut bitte noch einmal ganz am Anfang, was das V.-Mantra beinhaltet. Der Text auf Deutsch.
    Danach habe ich dann, als Beispiel, eine Interpretation des ersten Satzes aus diesem Mantra eingegeben, damit Ihr versteht, worauf ich hinaus will, und als Anregung für alle. Und wie man sieht, geht das alle etwas an, und ich bin fest davon überzeugt, dass auch Praktizierende anderer Richtungen diese Leitsätze in der Meditation und in ihrem Leben anwenden.


    Ich dachte, da kommt noch etwas mehr Resonanz, mit Beispielen aus dem eigenen Leben.


    Naja, da muss ich wohl noch ein bisschen Geduld haben.
    Ich melde mich später wieder.


    Liebe Grüße von Amdap


    P. S. Denkt bitte nicht, dass ich die wunderbaren Sätze aus dem Mantra und den dazugehörigen Gebeten ignoriere. Ihr habt wirklich ganz berührende Übersetzungen hier eingestellt. Aber wie gesagt, mein Anliegen hat einen etwas anderen Schwerpunkt.
    Mir ist es wichtig, dass die Praxis immer lebendig bleibt.

    Hallo Kaffee,


    Das 100-Silben-Mantra, wie Du es hier wiedergibst, ist die tibetisch veränderte, da die Tibeter Schwierigkeiten haben mit der Aussprache des Sanskrit. Man kann aber noch erkennen, dass es ursprünglich mal Sanskrit gewesen war, obwohl einige Sanskritworte durch die tibetische Phonetik zerhackt und damit unverständlich wurden.
    Auch hat die tibetisch veränderte Version nicht 100, sondern 102 Silben.


    Ich selbst habe es vor fast 20 Jahren im Original Sanskrit gelernt, dann bin ich zu den Karma-Kagyüs gewechselt und mein Lehrer findet es völlig in Ordnung, wenn ich es weiterhin (für mich) auf Sanskrit rezitiere.
    Wenn ich mich in einer Gruppe befinde und es wird rezitiert (Deine Version), dann bleibe ich immer stumm, denn in dem tibetischen Rhythmus hört es sich für meine Ohren immer völlig verfremdet an.


    Seit einiger Zeit wird mein Wunsch, mit den Inhalten, was dieses Mantra bedeutet, immer größer.
    Und das ist hier in diesem Forum, in diesem Thema, mein Anliegen, ob, und wenn ja wie, die Teilnehmer mit dem Mantra und seinen Inhalten umgehen.


    Liebe Grüße - Amdap

    Hallo Itssead,


    ich bin sehr froh, dass Du geantwortet hast!


    Mir scheint doch, dass es viele gibt, die dem Vajrasattva-Mantra ratlos gegenüber stehen und oder weil, wie ich schon schrieb, ihnen die Inhalte nicht bekannt sind und ihnen das Zählen und Anhäufen von Mantras doch wichtiger ist. Leider.


    Auch mir ist es sehr wichtig, die Inhalte zu kennen.
    Schauen wir doch einfach mal auf den ersten Satz auf Deutsch des Vajrasattva-Mantras.
    Da heißt es:
    "Om Vajrasattva, des Gelöbnisses Schutzherr!"


    Bin ich ein vajrayanisch Praktizierender, so stelle ich mir auch die Gestalt des Vajrasattva vor und versuche mich in seine Erscheinung, mit allen Attributen, einzufühlen.
    Übe ich aber nicht mit Visualisationen, wie im Theravada zum Beispiel, was bleibt in diesem Satz des Mantras allgemein gültig?


    - Richtig!, dass ich mithilfe meiner spirituellen Praxis zum Beispiel zu meinen Versprechen stehen und meine Mitwesen nicht enttäuschen will.
    Dass sie sich auf mich verlassen können, auch wenn es Opfer kostet, und dass ich zu ihnen stehe, auch wenn andere sich von ihnen abgewendet haben.
    Jedes fühlende Wesen erleidet auch Schmerz, und es ist unsere Aufgabe, ein Stück des Weges mit dem Anderen zu gehen, so gut wir es eben können, auch wenn andere sich (von ihm) abgewendet haben. Der gute Wille, die Aufrichtigkeit zählt dabei am meisten.
    Das kann jeder üben, egal welcher buddhistischen Richtung er angehört, egal, ob er überhaupt Buddhist ist.


    Es könnte sein, dass anfangs dieses Mantra nur für Ordinierte entstanden ist, denn hier geht es um ein Gelöbnis oder Gelübde.
    Aber egal, in welchem Stand wir uns befinden - immer wieder kommen wir in die Situation, dass wir etwas geloben, einen guten Vorsatz umsetzen wollen, jemandem etwas versprechen oder dergleichen. Das Mantra kann uns helfen, mit unserem ganzen Herzblut dahinter zu stehen.


    Mir geht es genauso wie Dir, itssead, auch ich möchte lieber auf Deutsch mit längeren Mantras arbeiten. Doch kann auch ein deutscher Text mit der Zeit mechanisch werden und darum muss man immer wieder sich selbst und seine Motivation überprüfen. Allgemein sollte man dafür sorgen, dass die eigene Übung nie zur Erstarrung kommt, sondern immer lebendig und frisch bleibt. Das ist ausgesprochen wichtig.
    So könnte man zum Beispiel sich Teile aus diesem wunderbaren Text, die Du als Beispiel angeführt hast, vornehmen und damit üben, was einen gerade besonders anspricht.


    Alles Liebe - Amdap

    .



    Hallo e-coder,


    vielen Dank für die umfangreiche Ergänzung!


    Sehr schön, wenn auch auf Englisch, dem nicht alle so flüssig folgen können.


    Die von mir eingestellte deutsche Übersetzung klingt ja nicht so ganz glatt, was einfach damit zusammenhängt, dass man im Grunde genommen nie eine Sprache so wirklich in eine andere übersetzen kann. Es verändert sich immer ein bisschen von dem ursprünglichen Geist. Trotzdem versteht man in der Übersetzung gleich, was im Wesentlichen gemeint ist.


    Ich habe das Vajrasattva-Mantra absichtlich nicht in die tibetische Abteilung gesetzt, weil das, was es ausdrückt, allgemein-menschlich ist und die Grundlagen beinhaltet, mit denen wir es in der Meditation zu tun haben.


    Darum wundert es mich sehr, dass sonst noch keiner geantwortet hat.


    Nur Mut, auch Theravada-Praktizierende und Zen-Anhänger können sich gerne äußern!
    Vielleicht haben die Praktizierenden von nicht-tibetischen Richtungen auch die eine oder andere Frage dazu.


    Liebe Grüße von Amdap

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    Liebe Leute,


    hier geht es zwar um Meditation allgemein, aber ich möchte Euch doch mal die Übersetzung des berühmten 100Silben-Vajrasattva-Mantras vorstellen:


    "OM Vajrasattva, des Gelöbnisses Schutzherr!
    Vajrasattva, durch deine Unterstützung: standhaft lass mich werden!
    Zufrieden lass mich werden (sein),
    (nur) geringe Wünsche lass mich haben,
    hingebungsvoll lass mich werden,
    gewähre mir alles Siddhis (magischen Kräfte),
    und in all (meinem) Wirken
    mache meinen Geist befähigter, HUM !
    HAHA HAHA HO !
    (oh) Erhabener aller Tathagata Diamant(natur),
    verlass mich nicht,
    lass mich diamanten sein,
    (oh) großes Gelöbniswesen
    AH"


    Die meisten Praktizierenden des Vajrayana kennen die Übersetzung gar nicht, oder sie kennen sie, weil sie bei einem Seminar mal eine Kopie davon erhalten haben, beachten sie aber nicht weiter, denn schließlich geht es ihnen ja ums Rezitieren und Zählen der Sanskrit-Version oder der tibetischen Fassung. Sie denken: "Aha, das ist also die Übersetzung - schön..." und legen sie ad acta.


    Dieses finde ich sehr schade.


    Ein tibetisches Sprichwort lautet:
    "Es dürfte wohl etwas schwierig sein, eine Suppe ohne Wasser zu kochen", und damit ist gemeint, dass man etwas wohl kaum zustande bringt, wenn man nicht das passende Material dazu hat.


    Hier in der Sparte "Meditaton" haben wir Besucher und Beteiligte aller buddhistischen Richtungen, nicht nur Vajrayana-Anhänger.
    Das macht aber nichts.
    Denn ich sprach gerade vom "passenden Material", tja, und das ist das Leben selbst!


    Jeder, der sich auf irgendeine Art auf einem spirituellen Pfad befindet, möchte sein Leben klären und heiligen.
    So, dass schließlich jede Handlung, jede Wahrnehmung zu einem reinen, also unbefleckten Ausdruck des So-Seins wird.
    Das wird angestrebt, das ist der Idealzustand.


    Und das wird in diesem Mantra durch seine Inhalte wunderbar ausgedrückt.


    Schon im Theravada kennt man die Übung der Brahma-Viharas, im Tibetischen Buddhismus das Tonglen. Auch hier arbeitet man mit Inhalten, also zum Beispiel mit dem Wasser, aus dem man die Suppe kochen will.
    Außerdem erleben wir jeden Tag wieder anders und wir erleben eine Menge Material, das wir für unsere Praxis einsetzen können. Wir können uns in die Erlebnisse des Tagesgeschehens vertiefen und sie spiritualisieren, indem wir sie mit den Inhalten des Vajrasattva-Mantras verknüpfen. Vielleicht haben schon viele von Euch diese Inhalte angewendet, ohne das Vajrasattva-Mantra zu kennen. Dazu muss man kein tantrischer Yogi sein.


    Nun würde ich mich sehr freuen zu hören, wie Ihr das Alltagsgeschehen, während Ihr die Vollkommenheiten anstrebt, mit Eurer Praxis verknüpft. Vielleicht können wir uns austauschen.


    Liebe Grüße von Amdap