Beiträge von kanshiketsu im Thema „Zenlehrer - ein Schublade?“

    Zorița Câmpeanu:

    kann jemand die stelle/seite aus dem platform sutra angeben, aus der hervorgeht das Hui neng eine bestätigung wollte?


    Ob er eine Bestätigung wollte, geht aus dem Text nicht eindeutig hervor.
    Aber dass er sie bekam schon:


    Meine Stanze lautet:
    Da gibt es keinen Bodhibaum,
    Noch einen klaren Spiegel.
    Da alles leer ist,
    Wo könnte sich da Staub ansammeln?


    Als er dies niedergeschrieben hatte, waren alle Jünger
    und die anderen Leute, die dort anwesend waren, sehr
    erstaunt. Von Bewunderung erfüllt, sagten sie zueinander:
    «Wie wundervoll! Zweifellos darf man die Leute nicht
    nach ihrem Aussehen beurteilen. Wie ist es möglich, daß
    wir einen inkarnierten Bodhisattva für uns arbeiten ließen?»


    Als der Patriarch sah, daß die Menge von Bewunderung
    überwältigt war, wischte er mit seinem Schuh die
    Stanze weg, um zu vermeiden, daß einige Neider mir
    schaden könnten. Er bemerkte, daß der Verfasser dieser
    Stanze auch noch nicht die Geistessenz verwirklicht hätte,
    wie es die Anwesenden für feststehend angenommen
    hatten.


    Am folgenden Tage kam der Patriarch heimlich in den
    Raum, wo der Reis geschält wurde.Als er sah, daß ich
    gerade mit einer Mörserkeule beschäftigt war, sagte er zu
    mir: «Ein Sucher des Weges setzt für den Dharma sein
    Leben aufs Spiel, oder sollte er dies nicht tun?» Dann
    fragte er: «Ist der Reis fertig?» «Ja, schon lange», antwortete
    ich, «er muß nur noch gesiebt werden.» Hierauf
    schlug er dreimal auf den Mörser und verließ den Raum.


    Da ich wußte, was dies zu bedeuten hatte, begab ich
    mich in der dritten Nachtwache zu ihm. Indem er die
    Robe als Schirm benutzte, so daß uns niemand sehen
    konnte, erklärte er mir das Diamant-Sutra. Als er an die
    Stelle kam «Ein jeder möge in der Art seinen Geist gebrauchen,
    daß er von allen Anhaftungen frei wird», erreichte
    ich die volle Erleuchtung und erkannte, daß alle
    Dinge im Universum die Geistessenz selber sind.
    «Wer würde gedacht haben», bemerkte ich zu dem Patriarchen,
    «daß die Geistessenz vollkommen rein ist! Wer
    würde gedacht haben, daß die Geistessenz vollkommen
    frei ist von Entstehen und Vergehen! Wer würde
    gedacht haben, daß die Geistessenz sich vollkommen
    selbst genügt! Wer würde gedacht haben, daß die Geistessenz
    von jeder Veränderung frei ist! Wer würde gedacht
    haben, daß alle Dinge eine Manifestation der Geistessenz
    sind!»


    Da er nun wußte, daß ich die Geistessenz verwirklicht
    hatte, sagte der Patriarch: «Für denjenigen, der seinen
    eigenen Geist nicht kennt, hat es keinen Zweck, den
    Buddhismus zu erlernen, und andererseits, wenn er seinen
    eigenen Geist kennt und seine eigene Natur intuitiv erfaßt,
    so ist er ein Held, ein ,Lehrer der Götter und Menschen’,
    ein ,Buddha’!»


    So wurde mir, ohne das Wissen von irgendjemand, um
    Mitternacht der Dharma übertragen, und ich wurde sowohl
    der Erbe der Lehre der «blitzartigen Erleuchtung»
    als auch der Robe und der Almosenschale.
    «Du bist nun der Sechste Patriarch», sagte er, «achte
    wohl auf dich selbst und befreie soviele lebende Wesen
    als möglich. Verbreite und schütze die Lehre und lasse sie
    zu keinem Ende kommen.....»


    Quelle:
    WEI-LANG
    DAS SUTRA DES SECHSTEN PATRIARCHEN
    herausgegeben von Raoul von Muralt
    2. Auflage, ORIGO VERLAG BERN