Beiträge von Doris im Thema „Ventil für Wut und Frust“


    Ich bin eben nicht Du, sondern ich. Kannst Du doch schon daran sehen, dass ich eine ganz andere Auffassung habe. Und Du würdest meine Sicht teilen können.


    Ich sehe mich nicht in all den Menschen um mich herum. Ich erlebe Ähnlichkeiten, ich kann Anteile von mir im Verhalten anderer wiederfinden. Glaube ich zumindest. Und warum sag ich, dass ich es nur glaube? Weil ich nur sehe, was ich sehen kann. Alles, was ich sehe, ist immer nur meine Sicht und ich erfahre alles nur mit meinem Filter, durch meine Brille. Deshalb ist jegliche Sicht auf Andere immer mit Vorbehalt zu genießen, selbst das, was ich für selbstverständlich halte. Manchmal ist diese Annahme der Ähnlichkeit eine gute Arbeitshypothese, damit ich überhaupt mit meiner Umwelt und den Menschen sozial umgehen kann. Aber aus Erfahrung heraus weiß ich, dass selbst dies mit Vorsicht zu genießen ist.


    Klar ist es gut, umheilsames Verhalten aufzugeben. Es kommt nicht immer unbedingt auf einen selbst zurück – wieviele Massenmörder leben ihr Leben ganz ungestört? Und ebenso wenig ist jedes Unglück ein selbstgeschaffenes – da kannst Du Opfer von Verbrechen in aller Welt befragen.
    Ich weiß nicht, ob so ein Massenmörder nicht superglücklich sein kann. Vielleicht ist er das auch? Ich selbst wäre es nicht. Und ich will nicht, dass andere meinetwegen unglücklich werden. Das genügt mir als Grund für Selbstreflexion. mehr Philosophie muss ich das nicht reinpacken.


    Liebe Grüße
    Doris

    Zitat

    Nur du selbst bist die primäre Ursache deines Leidens, niemand sonst. Die andere Person ist lediglich die sekundäre Ursache.


    Darum geht es doch gar nicht.
    Es geht darum, dass ich, und wenn Du ehrlich wärest auch Du, wütend auf den Angreifer wärest. Das ist auch lebenswichtig.
    Oder würdest Du Dich selbst schlagen, weil Du wütend geworden bist, wenn Dich jemand attackiert? Das wäre biologischer Selbstmord.


    Wut an und für sich ist noch kein Grund für dukkha. Sie entsteht einfach. Sie hat ihre Ursache und ihre Berechtigung. Sie kann sehr nützlich sein.
    Dukkha würde es, wenn Du dann auf Dich wütend werden würdest, weil Du wütend wirst. Oder wenn Du Deine Wut ungehemmt übertragen würdest. U.a.


    Hass und Wut sind nicht dasselbe.


    Zitat

    Nehme wir an ein kleines Kind hätte uns getreten. Es wäre uns sofort klar, dass das kleine Kind wegen irgendwas wütend ist und Dampf ablässt, indem es gegen irgendwas tritt. Als Erwachsener realisieren wir problemlos, dass das Kind in dem Moment nicht unterscheiden kann, ob es gegen eine Wand tritt oder gegen unser Bein. Macht das uns dann wütend? Nein. Wir gehen einfach weiter als wäre nichts gewesen. Wenn uns das trotzdem wütend machen würde und wir würden das Kind zurücktreten, würden die Leute sagen, dass wir sie nicht alle hätten. Das Kind versteht ja nicht was es tut.


    Wenn Du das als Erwachsener tun würdest, dann täten mir Deine Kinder sehr leid.
    Es ist nämlich sehr wohl was gewesen in den Augen des Kindes. Und wenn es gegen mein Bein tritt, dann meint es mich. Und natürlich macht es wütend. Ich wäre nicht in der Lage diesen starken Ausbruch des Kindes zu ignorieren und es für blöd und unwissend zu verkaufen. Das wäre eine Erniedrigung des Kindes, ein Nicht-ernst-nehmen. Was ich dann mit meiner Wut anfange und wie ich mit der Wut des Kindes dann weiter umgehe, ist ein anderes Ding. Aber erst mal zeige ich ganz deutlich, wohl durch eine spontane Abwehrreaktion, dass es mich nicht einfach attackieren darf, dass das weh tut.
    Ich sehe wie das meine Katzen machen. Die zeigen deutlich, was sie davon halten. Und so erziehen sie sich, zeigen ihre Grenzen. Katzen, die so aufgewachsen sind, nennt man "gut sozialisiert". Die sind nicht neurotisch und leben prima mit Katz, Mensch und sogar Hund zusammen.


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    Würde uns dann wütend machen? Nein. Wir würden einfach sofort alle Kräfte mobilisieren, um den nächsten Schlag zu entgehen.


    Wut ist genau so eine mobilisierende Kraft. Wer mal in einem lebensbedrohlichen Kampf geraten ist und keine Kampfkünste beherrscht, und dazu noch der Unterlegene ist, weiß vielleicht wieviel Stärke aus dieser Wut bezogen wird. Sie ist vor allem nützlich, wenn wir nicht entfliehen können. Das können konkret lebensbedrohliche Situationen sein, genauso wie lebensbedrohliche Lebensumstände. Ich wäre sicher schon tot ohne diese Wut.
    Wut kann zu großartigen Leistungen führen, z.B. wenn man wegen Ungerechtigkeit wütend ist.


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    Wenn alles vorbei wäre, wären wir traurig, dass jemand so auf uns losgegangen ist. Oder wir würden zum Schluss kommen, dass wir aus diesem Assi-Viertel wegziehen müssen oder so ähnlich.


    Wie kommst Du darauf, dass "wir" so empfinden würden?
    In dem Wort "Assi" steckt viel Hass. Den hätte ich sicher nicht, wenigstens so weit bin ich.


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    Ich hatte mal einen Klassenkollegen, der in Mathematik eine sehr schlechte Note geschrieben hatte. Er war außer sich vor wutend, tobte, weinte und schrie auf den Mathematik-Lehrer. Ich wusste genau warum, weil ich seinen Vater kannte. Sein Vater würde zu Hause ein riesen Theater veranstalten. Die Angst davor trieb ihn bis zur Verlust der Beherrschung. Ist das jezt eigentlich wirklich Wut oder was ist das?


    Offensichtlich war das Wut. Wut und Angst sind oftmals vergesellschaftet. Wut kann Notwehr sein.


    Wut ist völlig in Ordnung. Jede Emotion ist in Ordnung. Da muss nix wegmeditiert werden. Es ist nur ganz hilfreich und nützlich, wenn ich mich von den Emotionen nicht beherrschen lasse und in der Lage bin, mir alle Türen offen zu lassen. Alternativ zum Wegmeditieren kann die Option sein, alles klug und mit Weisheit geschehen zu lassen.


    Liebe Grüße
    Doris

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    Du hast irgendwann Mist gemacht, durchs überbraten bekommen bekommst es nun zurück. Nicht der andere hat dir eins übergebraten sondern du dir selbst durch deine vorhergegangene Tat. Der Auslöser war demzufolge nicht der andere sondern du selbst. Sei darüber wütend und das Spiel geht endlos weiter.


    Das ist Quatsch.

    Aiko:
    Doris Rasevic-Benz:

    Also gut. Der Geist beruhigt sich natürlich nicht. Ist so eine Redewendung. :D [...] Und so funktioniert das auch, wenn ich gefrustet bin und dann Kuchen backe. [...] Das ist für mich Fokussierung. Das kann ich üben, das kann aber auch einfach so geschehen.


    Kuchen backen kann man üben. Nun ließe sich daraus herleiten, ob du weniger gefrustet bist, wenn du weniger Kuchen backst. Daraus ließe sich eine Statistik anfertigen und auch die Frage erörtern, ob die Qualität des Gebäcks in Beziehung steht zur Höhe des Frustes. Man könnte das noch mit den Wochentagen in Beziehung setzen und dann kannst du eine Geschichte schreiben und sie bei einem Wettbewerb einreichen - bei Brigitte z.B. - die machen sowas ja.


    :D:D:D


    Ich backe Kuchen auch ohne Frust, meist einfach, weil es mir Freude bereitet.
    Aber wenn ich Kuchen backe, dann denke ich nicht mehr an den blöden Heini vor der Bushaltestelle, sondern an den Kuchen.
    Wenn ich an den Heini denken würde, dann würde der Kuchen sicher nicht so gut gelingen, weil ich abgelenkt wäre.
    Insofern stünde die Qualität des Kuchen natürlich in einer Relation zum Frust.


    Es gilt also:
    1.
    Je mehr Frust, desto mehr Röstaromen.


    2.
    Je mehr Übung im Kuchenbacken, desto weniger Röstaromen.


    3.
    Je mehr Übung im Kuchenbacken, desto weniger Röstaromen trotz Frust.


    Aber es gilt nicht:
    Je mehr Frust, desto mehr Kuchen. Denn das würde voraussetzen, dass Frust die Bedingung für das Backen von Kuchen wäre.


    Daraus schließe ich, dass ich gut daran tue, das Kuchenbacken so gut wie möglich zu üben, damit mir im Frustzustand die Kuchen nicht anbrennen.
    Gleichzeitig mache ich die Erfahrung, dass im Frustzustand, das Backen von Kuchen mich von Frust befreit. Anscheinend ist das Backen von Kuchen für mich mit solch guten Erfahrungen verbunden, dass es mich in gute Stimmung versetzt. Von daher wäre es eine gute Sache, bei Frust einen Kuchen zu backen.
    Man kann sich hier wirklich fragen, was zu erst da war, die Henne oder das Ei? Aber was soll’s, ich mache das Ei in den Kuchen rein ...
    :D


    Liebe Grüße
    Doris

    Chamäleon:


    An der bulgarischen Grenze hätte mir ein Grenzer fast eins über die Birne gebrannt. Dem Schlag bin ich nur entgangen, weil ich mich rechtzeitig duckte und anschließend wegrannte. An einem ruhigen Ort bin ich dann in mich gegangen. Ich habe darüber meditiert, was ich falsch gemacht hatte, und warum der so wütend wurde.


    VLG


    Und? Hattest Du ihn bedroht?

    Also gut. Der Geist beruhigt sich natürlich nicht. Ist so eine Redewendung. :D
    Ich konzentriere mich halt eben auf was anderes und verbeisse mich möglichst nicht in der Wut. Da muss weder was krampfhaft weggedrängt werden, noch dosiert abgelassen werden. Es funktioniert halt so: Wenn ich gerade wütend werde, weil mir jemand ein Bein gestellt hat, dann kann ich aufstehen und vor Wut den Bus vorüberfahren lassen oder ich merke, dass der Bus kommt und steige in diesen ein. Die Wut ist dann – zumindest für diesen Moment – vergessen. Und so funktioniert das auch, wenn ich gefrustet bin und dann Kuchen backe. Oder einfach ans Telefon gehe, wenn es klingelt und ganz bei dem Klingeln und im Gespräch bin. Das ist für mich Fokussierung. Das kann ich üben, das kann aber auch einfach so geschehen.


    Liebe Grüße
    Doris

    keks:

    Da jeder ich ist macht es keinen Sinn auf jemand anderes wütend zu sein da man nur auf sich selbst wütend ist.
    Dazu braucht man kein Mitgefühl oder Gleichmut zu üben die Einsicht alleine reicht aus denn dadurch ergibt sich alles andere von selbst.
    Die EInsicht zu beschreiben ist schwierig weil man von einem Gedanken in den nächsten rutscht.
    Die Einsicht alleine ist das Ventil :)


    Wenn mir jemand eins über die Birne brennt, bin ich nicht wütend auf mich. Das ist sehr klar. Ich finde auch keine Wut auf mich, so sehr ich auch danach suche.
    Ich bin und bleibe wütend darüber, dass mir ein ANDERER eines übergebraten hat.
    Ich bin auch nicht wütend darüber, dass ich wütend werde. Das wäre der dümmste aller Gründe für mich um wütend zu werden.
    Was mir hilft ist, mich nicht in die Wut hinein zu steigern, sie als Emotion also als Geistesbewegung zu erkennen. Dann schau ich, ob es hilfreich ist, was zu unternehmen oder die Wut einfach vergehen zu lassen. Diese zeitliche Verzögerungsschleife hat sich bisher als hilfreich erwiesen. In den meisten Fällen kann ich die Wut einfach vergehen lassen, und wo ich dann was unternehme – es ist ja nicht unbedingt eine glückliche Entscheidung im Hinblick auf die Folgen für die Gesellschaft, wenn ein Prügler ungestraft davonkommt –, dann ist das überlegt und hat eine andere Qualität, als wenn ich aus dem Impuls heraus entscheide.


    Ich brauche eigentlich kein Ventil. Ventil bedeutet, dass was in gepresster Form und gesteuert heraus darf. Wenn ich Zorn beispielsweise in Bewegung, also beim Sport, rauslassen würde, dann bekäme mir das nicht gut. Aber Sport hilft mir, mich zu konzentrieren, auch auf den Körper. Und so verschiebt sich der Fokus von der Wut auf das, was im Moment mit dem Körper, in der Bewegung geschieht. So reguliert sich sicher der Adrenalinspiegel. Aber es ist eben kein Ausagieren, Dampf ablassen oder so.
    Den gleichen Effekt haben für mich Singen, Sprechen, Malen, Tanzen, Häkeln, Kuchen backen, Balkon putzen, Wäsche bügeln usw. Es ist die Fokussierung, die den Geist beruhigt.


    Liebe Grüße
    Doris