Beiträge von void im Thema „Was macht aus Worten ein Koan?“

    fluid:

    Wenn dir das die Heiligkeit von Koan verdirbt oder du einen Meister nur über Koan definierst, dann solltest du natürlich bei deiner Meinung bleiben und es nicht überprüfen.


    Vielleicht gibt es in einem der zahlreichen Vergnügungsparks irgendwo ein scheinbuddhitisches Scheinloster, in dem bezahlte Pseudomönche täglich Scheinsztras rezitieren, sich vor Pseudobuddhas verneigen und falsche Bettelgänge unternehmen. Unter der Anleitung von Scheinmeistern in Phantasieroben wird Scheinmeditation geübt. Irgendwo in einem geschmackvoll eingerichteten Raum, ersinnt ein Scheinmeister Scheinkoans, die in kein Verlöschen führen, sondern nur in eine traurige Zigarettenpause zwischen den weniger aufwändig gestalteten Rückseiten der Kulissen.


    Eine falsche Eiche aus taiwanesischen Plastik steht im Garten und wackelt verdächtig im Wind.

    bel:

    Ich meinte: "nicht aus seinem Ich heraus zu handeln" ist zunächst etwas völlig Abstraktes. Auch "unabhängig von Wort und Schriftzeichen unmittelbar des Menschen Herz" ist abstrakt, das sehen wir ja hier an den völlig unterschiedlichen Zusammenhängen, in denen das immer wieder zitiert wird.


    Ja, das hast du recht. Wobei es doch eigentlich umgekehrt sein sollte. Aus einem ich heraus zu Handeln ist eine abstrakte Zuschreibung, während das Handeln selber überhaupt nicht so abstrakt oder einheitlich ist. So als wird es erst dadurch komisch, dass es durch den Sprachwolf gedreht und zu Subjekten und Objekten geschnürt wird.


    bel:

    Ich wüßte a) nicht, woran man das fest machen sollte und b) welche Rolle dies in der konkreten Situation der Vorstellung des Koans spielen könnte. Denn gestellt, heißt es doch einfach: "Warum bist/bin du/ich hier?"


    Und ich dachte, das hätte irgendeine Relevanz.
    Ichgehe und spühle meine Kaffeetasse ...

    bel:
    void:

    Aber was für Lebensfragen sind das? Konkret läuft es doch daraus raus, was es konkret bedeutet, nicht aus seinem Ich heraus zu handeln.


    Das ist ganz und gar nicht konkret, sondern höchst theoretisch. Da kannste gleich beim PK-Gelese bleiben.


    Weil meine Worte theroretisch sind, heisst das doch nicht, das das worauf sie sich beziehen (konkret nicht aus seinem ich heraus zu handeln) was Theoretisches wäre. Wenn es im Zen als drum geht , "unabhängig von Wort und Schriftzeichen unmittelbar des Menschen Herz" zu zeigen, was hat das denn mit dem Palikanon zu tun?


    Aber ich habe hier jetzt nicht so den Anspruch, druch meine Wort irgend jemand seine Buddhanatur zu zeigen. Mir geht es ganz bescheiden drum zu betonen, dass ein Koan was anderes ist als ein Haiku oder Poesie. Und das es auch kein Worträtsel oder ein metaphysischen Paradoxon ist.


    bel:
    void:

    Der grosse Unterschied zu eine Frage wie "Warum kam Alexander der Grosse nach Indien " ist ja , dass Bodhidharma befreit war.


    Auch das ist ne nix zur Sache tuende Erwägung.


    Ich finde, das macht den ganzen Unterschied aus. Wenn jemand nach Alexander fragt, dann sind die Anwort darauf irgendwelche Verweise auf strategischen Gründe oder persönliche Ziel des Eroberers. Während es bei Bodhidharma ja gerade nicht um so kleinkarrertes Zeug handelt. Aber dir ist wohl die Unterscheiding "befreit"/"nicht befreit" auch schon zu kleinkariert, oder?

    bel:

    Soweit ich es aus dem Seon und Soto kenne - und um abermals dem völlig absurden Klischee entgegenzutreten "Soto legen mehr Wert auf Zazen" - sind Koans ganz praktische Lebensfragen - eben genau so "paradox" oder "puzzel" wie das Leben selbst. Sie stellen sich einfach genau so in der Praxis der Übung - und da werden sie auch "gelöst" - durch Handeln.


    Aber was für Lebensfragen sind das? Konkret läuft es doch daraus raus, was es konkret bedeutet, nicht aus seinem Ich heraus zu handeln.


    Neben wir mal Joshu, der auf die Frage, warum Bodhidharma nach China gekommen sei, mit »Eine Eiche im Garten.« antwortete. Der grosse Unterschied zu eine Frage wie "Warum kam Alexander der Grosse nach Indien " ist ja , dass Bodhidharma befreit war. Also bestimmt nicht aus seinen persönlchen Vorlieben und Abneigungen heraus handelte. Aber was für ein Handeln ist das und was für ein Wollen ist das?


    Das klingt schon wie so eine metaphysische Frage? Joshu hat doch von nansen mitbekommen, dass "der gewöhnliche Geist der Weg ist". Und Bodhidharmas handeln nichts mysteriöses hat sondern von der Natürlichkeit ist, mit der die Mönche nach dem Essen ihre Schalen reinigen.


    Also alles recht proasische Sachen ohne viel Drumherum.

    Bakram:

    Ich liebe Koans..... Sie sagen mehr als tausend Worte... Sie sind Poesie des Geistes (Geist im Sinne von Vernunft/Bewusstsein) im Gegensatz zu Haikus, welche Poesie des Gefühl/Herz sind.


    Die Gemeinsamkeit zwischen Haikus und Koans ist, das in beiden etwas subtil ausgedrückt wird, was in normalen Worten so nicht möglich wäre.


    Poesie ist etwas, was unsere normalen, vernünftigen prosaischen Sprache durchbricht und mit den Worten und Bilder spielt, wie ein Kind für das alles neu und wunderbar ist. Von daher berührt poetisches Denken tiefere Schichten unseres Wesens. David Lynch schrieb einmal: "Ideen sind wie Fische. Wenn du kleine Fische fangen willst, kannst du im seichten Wasser bleiben. Willst du große Fische fangen, musst du tiefer gehen."


    Poesie taucht also hinunter, um von dort mit "großen Fischen" an die Oberfläche der Normalität zurückzukehren. Mit Worten und Bildern, die stärker und subtiler sind, als unser normales Denken. Aber ist das das Ziel eines Koans? Ich würde das verneinen. Ein Koan ist Teil der buddhitischen Praxis. Eines Tauchauflugs, der erst endet, wenn er den tiefsten Grund erreicht hat. Es geht um eine ganz andere Kategorie von Fischen und darum, sich selber ganz hinzugeben.( Futter bei die Fische? ) Das auf Poesie zu reduzieren passt nicht. Auch wenn es nicht weniger weit, sondern weiter geht als Poesie.


    Deswegen könnte ich zwar ein Haiku verfassen. Würde ich aber ein Koan verfassen, dann müsste ich da aus einer Tiefe der Befreiung heraus tun, die ich schlichtwegs nicht habe. Ich könnte also nur "Scheinkoans" verfassen, die von oben aus gehesen ganz tief und geheimnsivoll aussehen, springt man dann aber im Hechtsprung rein, verstaucht man sich aber das Genick. So etwas zu tun kann, druchaus Freude machen, wenn man über ein schalkhaftes bis sadistisches Naturell verfügt.


    Die Unterscheidung, dass ein Koan sich mehr an den Verstand und ein Haiku mehr an das Gefühl richtet, ist für mich nicht stichhaltig.

    gbg:

    Ich klebe nichts, void. Die Begrifflichkeiten sind weniger als das Nonduale, gerade, weil sie ihrem Wesen nach denkbar sind, aber nicht ihrem Sein nach intrinsisch existieren. Das was einzig intrinsisch also als das, an dem die Begrifflichkeiten Anteil! haben existiert ist in seinem Wesen seinerseits verborgen, aber gleichwohl wie der unbewusste Atem existent.


    Leere ist die wirkliche Form und Form ist die eigentliche Leere.


    Das istdoch im Bezug auf unsere Verblendungen egal. Der Punkt ist doch der, ob in der Normalität, die wir uns in unseren Begrifffen vormachen, ein Riss klafft, so das wir erkennen, das unsere Illusionen nur Illusionen sind. Klafft er, können wir rausschauen. Klafft er nicht, dann bleiben wir gefangen. Auch wenn Illusionen selbst natürlich leer sind.


    Natürlich ist auch noch so "lehres Gerede" eine Manifestation von Leerheit. Aber eben, ohne auf diese hinzudeuten. Das ist der Unterschied.


    Du kannst auch mit einer Plastikschlange und einem Spielzeugpistole jemanden zu Tode erschrecken. Das es "in Wirklichkeit" harmlos ist, nimmt nichts von dieser Wirkung.

    gbg:

    Wenn Du meinst...
    Mir zumindest ist es weder ernst noch unernst. Habe rein sachlich ein Angebot gemacht. Wenn Du nicht magst geht das für mich natürlich auch in Ordnung....


    Ich bin jetzt nicht sauer oder so. Ich finde nur, dass es nicht nur am Wesen vorbeigeht. Nimm nur dein Beispiel:


    gbg:

    Die Fragen sind zu einfach, weil das Koan nicht einen Gegensatz zwischen Frage und Antwort aufmacht, sondern das Nonduale eröffnet. Es geht um Fülle, die die Frage und die Antwort beinhaltet.


    Das schweigen ist die einzige Möglichkeit diesen Sachverhalt, der die polare Begrifflichkeit übersteigt und sie umfasst! auszudrücken. Die polare Begrifflichkeit löst sich nicht etwa auf, sondern bleibt als genau Eines, als Fülle von dem nur gesagt werden kann, das sie existiert, aber nicht wie bestehen. Es ist also vom Mechanismus des Sprechens her sehr einfach die richtige Antwort zu geben.


    Wenn der Koan das "Nondualer eröffnet" und zwischen den Begrifflichkeiten eine klaffende Wunde aufreisst, dann ist deine "Erklärung" etwas was diese Wunde wieder mit Sprache zuklebt. Anstatt mit dem konfrontiert zu sein, was man nicht versteht und so der Realität ein Stück naher zu kommen, wird einem im Gegenteil das Rätsel wieder zu etwas verstehbaren gemacht.


    Ich habe auch nichts gegen Buddhstatuen die in Apotheken und Uhregeschaäften Globuli, Wellnessprodukte und Designerschmuck anpreisen. Aber es ist irgendwie eine Zweckentfremdung.


    Im Bezug auf ein Koan muss fragen: Will ich diese Frage montatelang wälzen oder lieber doch nicht? Wenn nicht legt man es eben zurück. Aber es zu lösen ohne es lösen zu wollen, hat so was Komisches.

    gbg:

    Wir könnten ja mal uns gemeinsam an Koans versuchen:


    Feuerwehrautos haben deswegen Sirenen und Martinshörner, um den Leuten zu signalisieren, dass man es mit einem Ausnahmezustand zu tun hat, in dem alle Autos möglichst an die Seite fahren, weil es um Leben und Tod gehen kann. Normale Autos dürfen nicht mit dem Martinshorn oder mit lustigen visuellen Effekten rumfahren.


    Auch in der Schule dürfen die Kinder den Feueralarm nicht zum Spass betatigen oder mit den Feuerlöschern Schaumparties machen. Und mit dem Polizeinotruf macht man auch keine Telefonstreiche. Diese Dinge sind für den Ausnahmezustand da.


    Ebenso geht es bei Koans um die grosse Sache von Leben und Tod. Etwas wo man sich mit dem ganzen Wesen reinwirft.
    Es sind keine "lustigen paradoxen Sprüche" und anarchische Possen, auch wenn das von einigen Hippie-Denkern so aufgefasst wurde.

    fluid:


    ich verstehe leider nur die Hälfte vom Zen oder vielleicht auch gar nichts, aber als ich gerade nachgedacht habe bin ich über "Koan" gestolpert.


    Ich würd jetzt keine 10 Koans zusammenkriegen und hab auch glaube ich nie viel mehr gekannt. Allerdings hab ich auch am wenigsten speziell über Zen gelesen.
    Deshalb meine erste Frage: Werden Koans im Zen eher 'geheim' gehalten oder werden Koans in (allen) anderen Schulen als sinnlos oder gar als negativ gesehen?
    {Wie es wirklich ist als Antwort hilft mir mehr als ja oder nein, aber ich weiß nicht wie ich anders fragen soll}


    Dass es da systematische Koan-Sammlungen gibt, ist ja eine sehr spezifische Rinzai-Einrichtung, die zu manchen Zeiten sehr fragwürdige Formen annahm. Ursprünglich ist ein Koan ja nur die Erinnerung an ein bestimmten denkwürdigen Punkt, wo eine einzelne Aussage oder Geste plötzlich eine radikalen Perspektivenaänderung beim Schüler bewirkte.


    Plötzliche Einsicht ist nichts, worauf Zen ein Monpol hätte. Auch der historische Buddha sprach ja zu unterschielichen Menschen in der unterschiedlchsten Weise. Und da konnte es vorkommt, dass jemand einen einzelnen Satz bekam, der zu ihm passte wie der Schlüssel ins Schloss, und es ihm plötzlich aufging. Auch später kam es dazu, dass bei jemanden eine einzelner Satz einen ganz viel bewirkte. So las der tibtische Geshe Chekhawa in einem augeschlagenen Buch einst die Phrase "Gewinn und Sieg den anderen, Verlust und Niederlage dir selbst". Diese Worte liesen ihm keine Ruhe und arbeitete tief in ihm, so dass er sich aufmachte um nach einem Lehrer zu suchen, der ihn darin unterweisen konnte.


    Obowohl es da also einen gemeinsamen Grund gibt, hat sich im Zen eine ganz spezielle Sprache entwickelt, in der über Buddhanatur gesprochen wird. Besonders wegen dieser speziellen Spache sind Sätze wie "Hat ein Hund Buddhanatur?" aus einer anderen buddhitischen Richtung heraus, eher unverständlich und befremdlich.


    Mir gefällt die Deutung, dass das Wort "Koan" ursprünglich aus dem Bayrischen kommt, und was bezeichnet was "koana versteht".