Hallo Oliver,
ZitatGemäß buddhistischer Lehre verbleibt nach dem Tod einer Person, die nicht vollständig erleuchtet ist, ein mentales Momentum (also nicht Seele), das zu einer fortgeführten Existenz führt auch wenn der Körper physisch zu einem Ende gekommen ist. Eine vollständig erleuchtete Person hat den Strom seines Bewusstseins in einem Ausmaß geläutert, dass keine Wiedergeburt mehr möglich ist. Da auch die angenehmsten Daseinsformen bei weitem tieferstehend sind als das große Glück, Freiheit und Frieden des Nibbana, ist das Ziel des Buddhistischen Weges nicht wiedergeboren zu werden.
Sowas macht für mich schon mehr Sinn als Reinkarnation wie im tibetischen Buddhismus. Aber zugegebenermaßen bin ich schlicht der Meinung, dass das Gehirn stirbt, wenn der Körper stirbt und der Gedanken-Projektor damit schlichtweg aus ist. Ich will nicht als brutal und gefühllos erscheinen, aber aus meiner Sicht entstehen alle Auffassungen durch Reflektionen ausgelöst durch Gedanken im Gehirn. Wenn das Gehirn nicht mehr vom Körper versorgt wird, stirbt es und somit hören die Gedanken auf. Ich könnte mir vorstellen, dass die Sache mit der Wiedergeburt kulturell durch den Einfluss des Hinduismus bedingt ist und eher eine kulturelle Einfärbung als eine "harte Lehre" ist. Wie auch immer ist das nur meine persönliche Auffassung und muss andere nicht kümmern.
Letzte Woche lief im Fernsehen wieder mal "Gesichter Asiens". Es wurde von einem buddhistischen Tempel in Bangkok berichtet, das darauf spezialisiert ist Tiere zu kremieren. Die Nachfrage sei groß, da viele Menschen ihrem geliebten Vierbeiner eine Wiedergeburt wünschen und es damit nach buddhistischem Ritus kremiert werden muss. Jetzt ist Thailand ein Land, das zum Theravada-Buddhismus gehört. Hier wird aber an Wiedergeburt geglaubt, die eher der Auffassung des Mahayana-Buddhismus entspricht, wenn ich das richtig verstanden habe. Ach ja, irgendwo habe ich gelesen, dass es im Buddhismus umstritten sei, ob auch Tiere der Wiedergeburt unterliegen. Für das "gemeine Volk" in Thailand scheint das aber selbstverständlich zu sein. Ist schon ziemlich verwickelt das Ganze :-).
Grüße, Oliver[/quote]
Dein erstes Zitat gilt für alle Schulen. Auch für die tibetischen. Im tib. wird das ab einer gewissen Reife und Klarheit allerdings ein bewusster Prozess.
Du selbst beschreibst eine durchaus übliche materialistische Sicht. Oder Existenzialismus. Die ist hier weit verbreitet und kommt im Buddhismus als eine der beiden "Extreme" von "Sein" und "Nicht-Sein (Nihilismus)". Die Wahrheit liegt aus buddhistischer Sicht in der Mitte. Eine existenzialistische Sicht würde bedeuten, dass Erleuchtung nicht möglich ist. Denn entweder ist dann etwas, oder eben nicht. Das sind keine Merkmale des Geistes. Und aus buddh. Sicht auch unlogisch, denn wie soll etwas materielles, mit völlig gegenläufigen Eigenschaften etwas nicht-materielles "schaffen", das als ungeboren, ungeschaffen bezeichnet wird? Und umgekehrt ginge dann auch nicht. Da ist also ein Logikfehler.
Zu deinem letzten Absatz: Mit der Idee der "Wiedgeburt" haben vor allem Westler ihre Probleme. Das liegt nach meinem Verständnis in der uns üblichen Auffassung, alles linear statt zyklisch erlebt wird und wir sehr im existenzialistischen Vorstellungen aufwachsen. Dazu kommt, dass wir nur die beiden Möglichkeiten kennen, dass entweder nix da ist, was weiter gehen kann, oder es ein "Etwas" sein muss, ein Jemand, oder "wer?". Das zeigt den Clash mit dem Exitenzialismus und Nihilismus.
Ich weiss nicht, wie die Terminologie der anderen Schulen das Ausdrückt, aber aus tib-Buddh. gleicht das Leben einem Traum. Einer Illusion. Somit unterliegt auch der Tod und die Wiedergeburt den selben Illusionen. Sie finden nicht wirklich statt, werden aber als sehr real erlebt.
Das ist die sog. "Zweifache Wahrheit": Wie die Dinge sind, und wie sie uns erscheinen.
Sie sind Illusion, erscheinen uns aber als wirklich.
Wenn wir unser illusorisches Leben als Wirklich erleben und daran als den Standpunkt der Realität glauben, ist das in etwa so, wie die frühe Astrologie: Man denkt, die Sonne dreht sich um die Erde. Weil das damals unsere erlebte Realität war. Erst der Mut die Position zu verändern und den Glauben an das Gegebene zu hinterfragen, hat dann die tatsächlichen Abläufe in der Astrologie aufgezeigt (methaphorisch gesprochen).
Unsere Existenz ist eben eine illusorische und daher ist es auch möglich aus diesem Traum zu erwachen.