Beiträge von void im Thema „Gegenmittel bei Langeweile“

    Sherab Yönten:

    Auf einem sehr hohen Niveau ist Weisheit und Mitgefühl tatsächlich nicht voneinander getrennt. Es geht dann um ein Mitgefühl für die, die Leerheit nicht erkannt/realisiert haben. .


    Manchmal wird es ja so dargestellt, als wäre Weisheit so ein geistiger Vorgang wo man die Leerheit/Bedingtheit alle Phänomene erkennt. Wenn man es als so einen abstrakten "Erkenntnisvorgang" sieht, dann ist es klar dass man Mitgefühl als etwas ganz unabhängiges davon sieht..


    Aber man kann es auch von einer anderen Seite sehen: Die grundlegende Unwissenheit ist eine Haltung, die von einer Trennung zwischen Ich und Welt ausgeht. Das Abbauen dieser Haltung - also Weisheit - kann man deswegen als ein radikales Öffenen hin zur Welt sehen. Ein Abschmelzen der künstlichen Trennung, die die Illusion eines getrennten Ich hervorbringt. Dieser Aspekt der Verbindung und der Öffnung ist etwas was direkt mit Freundlichkeit zusammenhängt.


    Buddhaspekt bedeutet glaube ich nicht, dass da was wie aus Puzzlesteinen zusammengesetzt ist. Sondern das sich das gleiche (Buddhaschaft) in verscheidenen Aspekten zeigt.


    Weil man weiss, dass beide zum selben Körper gehören (also verbunden sind) haut man nicht mit der rechten Hand auf die linke. Weisheit ( das Bewusstesin von Nicht-Getrenntheit) äußert sich in Freundlichkeit. Im Lichte der Freundlichkeit (Handeln aus der gemeinsamen Basis heraus ) wird das Trennende zum unwichtigen Detail. Man ist sich der gegenseitigen Durchdringung und Abgängigkeit (also der Leerheit) bewusst.

    Sherab Yönten:

    Wobei Chenrezig von der Tendenz her mehr die Qualität Mitgefühl symbolisiert und die Qualität Weisheit (Leerheit) nicht so sehr im Vordergrund steht.


    Wenn man das so systematisiert, erscheint es als etwas getrenntes. Aber was bedeutet denn Weisheit?


    Bei den drei Geistegifte ist es klar, dass Begierde durch Enstagung entgegengewirkt wird und dem Hass durch Geduld. Aber wie stellt man sich jemand vor, der frei von Hass und Begierde ist, aber ganz unter dem Einfluss des dritten Geistesgiftes (avidya) steht. So jemand wäre doch vollkommen gleichgültig, distanziert, lieblos und öde. Also ziemlich entfremdet.


    Das Gegenteil von einem "Fremden", jemand der keinen Bezug und keine tiefe Beziehung zu dem was da ist hat, ist der "Freund".


    Man kann sich ja wundern, warum das Herzsutra, in dem es ja hauptsächlich um Leerheit geht und nicht um Mitgefühl geht ausgerechenet mit Avalokiteshvara beginnt. Beim Thema Leerheit hätte man ja eher Manjushri erwartet, oder? Aber es ist Avalokiteshvara der den brilliante Checker Shariputra belehrt.


    Der Grund ist für mich, dass man ohne Freundlichkeit nur bei einem sehr enfremdeten, intelektuellen, nihilitischen, öden Interpretation von Leerheit landet.


    Plaise Pascal schrieb über die existentielle Langeweile (Ennui):


      „Nichts ist so unerträglich für den Menschen, als sich in einer vollkommenen Ruhe zu befinden, ohne Leidenschaft, ohne Geschäfte, ohne Zerstreuung, ohne Beschäftigung. Er wird dann sein Nichts fühlen, seine Preisgegebenheit, seine Unzulänglichkeit, seine Abhängigkeit, seine Ohnmacht, seine Leere. Unaufhörlich wird aus dem Grund seiner Seele der Ennui aufsteigen, die Schwärze, die Traurigkeit, der Kummer, der Verzicht, die Verzweiflung.“

    Sherab Yönten:

    ich kann aber keinen Hinweis entdecken bei der Meditation ständig zu lächeln. Ich glaube auch nicht, dass das so richtig wäre.


    Ja da meine ich überhaupt nichtt, dass man während der Meditation einen auf Grinsegesicht macht.Das wäre ja reichlich gekünstelt.
    Mir geht es um ein "inneres Lächeln", um eine Haltung der Offenheit und Freundlichkeit.


    Sherab Yönten:


    Wichtiger wäre, eine Offenheit im Geiste. Ist diese Offenheit nicht da, dann könnten vielleicht solche Phasen der Langeweile die Meditation blockieren. Ist aber eine reine Theorie von mir, durch unsere Diskussion entstanden.


    Eine freundliche Offenheit. Es gibt auch Offenheit ohne Freundlichkeit.


    Das mit den Augen habe ich bei mir festgestellt ohne dass ich eine Bestätigung dafür hätte. Ich habe nur mal gehört, dass Avalokiteshvara auf tibetisch Chenresig heisst, was von manchnen mit "Liebevolle Augen" übersetzt wird. Das deutet zumindest in die Richtung, dass es ein wichtiges köperliches Merkmal einer freundlichen Grundhaltung ist.


    Auch wenn man einfach nur so dasitzt, hat man ja eine grundlegende Haltung. Man kann offen oder verschlossen sein, freundlich oder unfreundlich. Das durchdringt alles was man tut. Egal ob du jetzt gehst, sitzt, liest, redest oder dich mit Leerheit beschäftigst. Diese unsere Haltungen wurzeln nicht im Abstrakten ( über Mitgefühl zu meditieren klingt für mich eher wie eine theoretische Auseinandersetzung) sondern im Körperlichen. ( Angst schnürt buchstäblich die Kehle zusammen.)


    Und um eine Verbindung zu einer freundlichen Haltung des inneren Lächelns zu kommen, habe ich bei mir festgestellt, dass das damit zutun hat, wie meine Augen sich anfühlen. Ob das zwei Schies-Scharten sind oder Tore, durch die die Welt hereinkommen darf. Ich hoffe, das verirrt dich jetzt nicht.


    Kann man gleichzeitig offen lächeln und sich langweilen?

    Sherab Yönten:

    Wenn "Langeweile" (nicht Müdigkeit) bei einer Meditation der Geistesruhe aber auch bei einer Einsichtsmeditation (z.B. Meditation über die Leerheit) die Meditation behindern: Welche Gegenmittel wendet ihr an ?


    Bei "Langeweile" erscheint es ja so, als würde nichts passieren. Als wäre alles starr und grau. Aber in Wirklichkeit spiegelt die Situation nur die eigene "gelangweilte" Haltung wieder. Hat man eine liebelose, distanzierte Haltung, dann wird einem alles schnell langweilig.


    Man muss sich nur mal so einen sprichwörtlichen gelangweilten Teenager vorstellen, der grau am Rand steht und egal, was passiert nicht mitmacht und nur sagt "Ist das öd", "Das langweilt mich" und "Wo ist mein Smartphone?".


    Während, wenn man offen und freundlich ist und sich fallen lassen kann, zwar "auch nichts passiert" aber das nicht weiter schlimm ist. So wie ne Oma, der auf der Parkbank sitzt und sich über alles freuen kann, was passiert. Und selbst wenn nichts passiert, freut er sich, dass das Gras wächst.


    Ich muss sagen, dass ich da näher an ersterem dran bin. Langeweil ich mich, dann ist das für mich Zeichen, näher hinzuschauen und sich mehr dorthin fallenzulassen, wo sich Spontanität ereignet. Und auch, auf die Freundlichkeit/Unfreundlichkeit der eigenen Haltung zu achten. ( Langeweile hat auch etwas sehr humorloses. Eine Anspruchshaltung, die dazu tendiert, alles als "nicht genug" abzuwinken. "Alles ödet mich an")


    Was mir da sehr hilft sind die Augen. Während man bei uns "Lächeln" eher mit dem Mund assoziiert, ist es in Japan so, dass ein Lächeln hauptsächlich von den Augen ausgeht. Achte ich auf meine Augen, dann kann ich da gut spühren, wie distanziert/unfreundlich meine innere Haltung ist und was ich tun muss, um wieder offener und freundlicher zu werden.