Beiträge von Sôhei im Thema „Bewertung und Verhältnis von Theravada- und Zen-Tradition“

    Hotei:

    Hat das denn mit dem Thema noch zu tun ?


    Viele Grüße
    Hotei


    Na ja, der Thread geht halt den Weg aller Threads bzw. alles Irdischen :)
    Aber immerhin noch richtiges Forum!


    Habe in meiner kurzen Zeit als Schreiber und längeren Zeit als Leser aber auch nicht den Eindruck gewonnen, dass eine strenge Themenfixierung erwünscht ist; zumindest selten gefunden.


    Ganz einfach, wie schon gesagt: Die polititsche und soziale Aktivität der Chan-Buddhisten war eher die Regel als die Ausnahme. Die vermeintliche Zurückhaltung ist Teil des romantisierenden Bildes, welches den neueren detaillierten Studien nicht standhält. Die von mir exemplarisch angeführten Bücher sind solche Studien. (Im Unterschied zu deinem Verweis auf die Homepage von Charles Muller, der natürlich ein Experte ist; aber welchen Artikel oder welche Untersuchung du meinst, hast du ja nicht gesagt.) Aber du darfst natürlich trotzdem weiterhin der Ansicht sein, dass es sich um Ausnahmen handelt.

    bel:
    Sôhei:

    Und auf welche Quellen gründet sich deine Ansicht, dass sich die Chan-Leute im wesentlichen aus den gesellschaftlichen Disputen herausgehalten haben?


    Auf A. Charles Muller (http://www.acmuller.net), der hat das mal qualitativ für China und Korea untersucht hat, während es in China die Zens kaum für nötig gehalten haben, auf Vorwürfe von Daoisten/Konfuzianer zu reagieren, ist das aber für Korea punktuell historisch (also nicht nur mythisch) nachweisbar. Er hat auch einiges davon übersetzt.


    Hier haben wir jetzt auch wieder zwei Themen. Das eine wäre die inhaltliche Auseinandersetzung mit Daoisten/Konfuzianern. Was das tätige Eingebundensein in die Welt der Politik und Gesellschaft betrifft, waren die Chan-Leute in China aber sicher nicht nur ab und an aktiv. (Insbesondere z.B. mittels der wushan-Klöster). D.h. es war eher die Regel als die Ausnahme. Neben den von mir angeführten Titeln hierzu auch John McRae, Seeing through Zen und Albert Welter, The Linji-Lu and the Creation of Chan Orthodoxy. Und in Japan dann erst Recht, aber das ist noch mal ein anderes Thema.

    Die Frage, was authentische Buddha-Lehre ist, ist ja so alt wie die dem Buddha zugeschriebenen Lehren selbst. Und neben die "Echtheit des Wortes" tritt ja auch immer die Frage nach dem "rechten Verständnis". Egal ob jetzt die "18 Schulen des frühen indischen Buddhismus", das Verhältnis Madhyamika-frühere Schulen, Zen versus z.B. Reines Land oder oder oder.
    Aber ich kann Roth´s Frage schon nachvollziehen. Der einfache Hinweis auf die Notwendigkeit der Praxis reicht eben nicht immer. Das ist ja das vertrackte - woran erkenne ich rechte Praxis? Denn auch diesbezüglich scheiden sich ja die Geister. Natürlich ist reines Nachdenken über irgendwelche Lehren noch nicht praktizierter Buddhismus, aber irgendetwas tun ohne Nachzudenken auch nicht. Also, wie könnte man wirklich wissen statt nur zu glauben, dass man auf dem richtigen Weg ist?

    Hallo Bel,


    zu deinem 2)
    Bist du da sicher? D.h., ab wann sind denn die Pali-Texte ins Chinesische übersetzt worden? Oder meinst du jetzt eben nur wie du geschrieben hast die Sutten, die z.T. Entsprechungen in den Agama haben?


    Und auf welche Quellen gründet sich deine Ansicht, dass sich die Chan-Leute im wesentlichen aus den gesellschaftlichen Disputen herausgehalten haben?


    Kommt drauf an, finde ich. Ich habe die Thread-Frage zunächst mal so verstanden, was es historisch zur Beziehung Zen und Theravada gibt; und da denke ich, sieht es eben eher mau aus, da die Vertreter der beiden sich über gut 1000 Jahre oder mehr sich praktisch nicht kannten. Inwieweit man die Ansichten an und für sich vereinbaren kann, ist eine eher individuelle Rangehensweise.
    Aber dass Zen ein "back to the roots" ist, halt ich so für eine überholte Sichtweise. Der Chan-Buddhismus musste und wollte sich v.a. auch etablieren, und machtpolitische Interessen waren da wohl auch nicht unwichtig.
    Siehe hierzu: Alan Cole, Fathering your father. The Zen of Fabrication in Tang Buddhism; Morten Schlutter, How Zen Became Zen: The Dispute Over Enlightenment and the Formation of Chan Buddhism in Song-Dynasty China; William Bodiford: Emptiness and Dust. Zen Dharma Transmission Rituals.

    Moin Void,


    danke für den Link.
    Das mit der Übersetzung des Tipitaka 1669 von drei chinesischen Reinen-Land-Priestern klingt interessant, ist aber leider eine sehr spärliche Angabe. Komisch auch, dass es dann doch unmittelbar mit der Meiji-Zeit und Sôen Shaku weitergeht, diese Lücke irritiert mich ein wenig. Vielleicht bohre ich da noch mal ein bisschen weiter... Hat zufällig wer den Kitagawa zur Hand? Der Artikel gibt die Seite 226 an (die ist bei Google-Books leider nicht dabei), vielleicht gibt es hier mehr Infos, wer diese Priester gewesen sein sollen, wie es zu dieser Übersetzung kam (dass die japanischen Mönche teilweise gute Sanskrit-Kenner waren ist mir bekannt, aber von Pali hatte ich noch nichts gehört), was mit dieser Übersetzung dann passierte (irgendwie muss sie ja dann nachgewirkt haben), etc.

    Moin Roth


    Wenn ich nicht grobe Lücken in meinem Buddhismus-Bild habe, ist es so dass sich Chan/Zen und Theravada praktisch komplett unabhängig voneinander ausgebildet haben; sowohl zeitlich wie auch räumlich.
    Im chinesischen Tripitaka sind ja noch viele Texte der indischen "Hinayana-Schulen" drinnen, aber (ich hoffe ich liege da nicht falsch), z.B. nicht der heutige Abhidhamma der Theravada (sondern der der Sarvastivadin). Auch die Sutta/Agama sind ja nicht identisch, sondern z.T. unterschiedlich. Als Chan sich in China herausgebildet hat, fand das in Auseinandersetzung mit den Daoismus, dem Konfuzianismus und dem Mahayana statt; von einer Bezugnahme oder Abgrenzung gegenüber dem Theravada ist mir dabei für lange Zeit nichts bekannt. Auch nicht aus den Chan-/Zen-Schriften, während ja oft auf die anderen bekannten Traditionen Bezug genommen wird. Insofern denke ich ist die Frage des Verhältnisses Chan/Zen und Theravada erst seit dem 19./20. Jh gestellt. Wie Hotei schrieb, wäre vielleicht im vietnamesischen Buddhismus da noch etwas mehr zu zu finden.


    Ansonsten noch ein kleiner Hinweis auf ein Epos des Tendai-Mönchs Bruno Petzold: "The Classification of Buddhism". Auf gut 1000 Seiten werden hier Modelle der Lehr-Anordungen dargestellt, ausgehend vom chinesischen und japanischen Buddhismus.