Beiträge von void im Thema „Wann ist Krieg gerechtfertigt?“

    In dem Buch Aus den Ruinen des Empires: Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens des indischen Jornalisten Pankaj Mishra werden die Lebensläufe einiger antikolonialen Denker beleuchtet - daunter auch die geistigen Väter des modernen Islamismus.


    Es wird beschrieben, wie die nahöstlichen Ländern seit Napoleon Besetzung Ägypten Angesichts der modernen westlichen Technik, Organisation, Militätstärke und Wirtschaftsmacht merken, wie sehr sie ins Hintertreffen geraten und davon bedroht sind zu Kolonien zu werden. Dabei durchdenkt man alle Optionen von der radiaklen Moderniserung bis hin zur Tradition.


    Gerade das Besipiel Japan, das im Jahr 1904 als erstes "nichtweisses" Land die europäische Macht Russland besiegt, elektrisiert die antikolonialen Denker: Japans Erfolg wurde damit erklärt, dass es hier gelang, die ganze Bevölkerung zu einer starken Einheit zusammenzuschweissen. Aber welche Einheit sollte das im nahen Osten sein? Man erwog ein Kalifat unter dem türkischen Sultan ( der aber keinen Bock hatte ) , den arabischen Nationalismus aber manche kamen zu dem Ergebnis, dass das nur mit dem Islam als Leitidentität gehen würde. Nicht besonders religiöse Journalisten wandelten sich zu Isalmisten, weil sie darin eine gute Basis für einer funktionierenden antikoloniale Bewegung sahen.


    Und im 20 Jahrhundert zeigte sich in vielen Fällen, dass eine liberale und säkulare Führung leichter zum Spielball ausländischer Interessen wurden als religiöse und unberechenbare Bewegungen. So wurde der demokratisch gewälte iranische Premier, der den Ölreichtum des Landes für seine Bevölkerung wollte, vom CIA wegeputscht. Je mehr die Palästinenser merkten, dass ihre sozialistische Führung nichts zuwege brachte, wandten sie sich immer religiöseren und druchgeknallteren Typen zu.


    So wie die Deutschen Hitler nicht wählten, obwohl sie wussten dass er total druchgeknallt war, sondern weil er es war. Weil sie wussten, das ein Irrer am Verhandlungstisch womöglich effektiver ist, um die drückenden Klauseln des Versailler Vetrags zu relativieren, als jeder rationale Mensch.

    Doris Rasevic-Benz:


    Wenn man weiß, wie diese Gesellschaften ein inhärentes Gewaltpotential haben, traditionelle Geschlechterrollen pflegen, dann lässt sich dieses Aufbegehren und der Wunsch demjenigen zu folgen, der ihnen ein Bild von männlicher Macht vermittelt, erklären. Die Jungs fühlen sich kastriert, und die USA haben sie zu ihrem Kastrator erkoren, an dem sie sich nun genüsslich rächen. Die Mädels machen mit, weil sich Frauen gerne von männlicher Macht und einer festen Rolle, in der sie nicht nachdenken müssen, angezogen fühlen.
    Und dann das berauschende Wir-Gefühl.


    Ja genau so sehe ich das auch. Es gibt ja Untersuchungen darüber, wann junge Leute rechtradikal werden. Dabei ist es interessant, dass es nicht vor allem diejenigen sind, die besonders arm oder chancenlos sind, sondern diejenigen, die Angst haben, sozial abzusteigen. Dabei spielen besonders "männliche Ansprüche", nach Leistung und Erfolg und die Angst, diesen nicht zu genügen eine Rolle. Fühlt man sich als "Looser" dessen beraubt, worauf man einen Anspruch zu haben glaubt, wird man das gut finden, was einem Erfolg, Heldentum und Männlichkeit verheisst.


    In Europa gab es an der Schwelle zwischen der traditionellen und der modernen Gesellschaft eine Phase, in der faschistische Ideologien dominierten. Ich habe das Gefühl, der Islamismus erfüllt einen ähnliche Funktion. Faschismus lässt sich ja mit allen möglichen Bildern einer erträumten, heroischen Vergangeheit kombinieren. Mit germanischen, slawischen, christlichen, römischen Heroen. Und natürlich auch mit islamischen. Hauptsache man ist männlich und ein Gewinner.


    Der Wirkmechnismus ist also nicht der, dass Armut und Perspektivlosigkeit automatisch Gewalt produzieren. Armut kann genauso gut Resignation und Mutlosigkeit erzeugen. Armut und Perspektivlosigkeit erzeugen Verlierer. Und je geächteter es in einer Gesellschaft ist Verlierer zu sein, desto wahrscheinlicher wird eine Ideologie des Heils durch Sieg.


    In Griechenland sieht man ja, wie schnell faschistische Bewegungen an Boden gewinnen, wenn die Bedingungen stimmen.