Beiträge von stiller_raum im Thema „Ist die Wiedergeburt als Mensch so toll?“

    Frank1:

    Diese Sichtweise des Buddhismus hat sicher etwas und ist gut um andere nicht vorzuverurteilen, bzw Fingerpointing zu machen.
    Aber Sie hat für mich die Gefahr, Fehlverhalten und seine teilweise auf beiden Seiten stark leidverursachende und schmerzhafte Wirkungen zu verniedlichen.
    Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Es geht ja nicht nur darum Mitleid und Mitgefühl zu haben und das Verhalten zu vergeben, sondern das Fehlverhalten zu verbessern und zu ändern, nur so ändert sich die Ursache und damit die Wirkung des Karma und es kommt zur Heilung. Mitgefühl und Vergebung sind unterstützende Dinge, aber für mich nicht primär auflösende.
    Auch denke ich ist Verhaltensänderung gleichwertig zu Bewusstheit. Bewusstsein ändert Verhalten und Verhalten ändert Bewusstsein.


    Frank


    Nun die Unwissenheit mag vor Strafe nicht schützen, aber das entscheidende ist die Absicht. Habe ich eine gute Absicht, dann verusache ich weniger leidvolles Karma. Ist man sich etwas leidbringendes bewusst geworden, dann wird man es wohl nicht nochmal machen. Damit löst sich karma auf. Wenn mich etwas an einem anderen stört, sagen wir zum Beispiel lästert jemand über einen anderen. Dann kann ich diese Unbewusstheit im anderen erkennen und trotzdem sachlich kritik an jemandem zulassen. Sich etwas bewusst zu werden ist glaube ich im ersten schritt seine normale Konditionierung zu durchbrechen. Vielleicht erstmal still in sich gehen und zu beobachten was da in einem abgeht. Dann kann man in Ruhe sagen wie man empfindet ohne dabei unbewusst zu werden. Letztlich lösen sich bei mehr Bewusstheit auch mehr Konzepte auf. So ist zum Beispiel Gewaltlosigkeit ein Konzept. Man kann aber durchaus Gewalt anwenden (z.B. zum Schutz vor Bedrohung) und dabei vollkommen bewusst bleiben. Auch wenn das viele Buddhisten nicht gerne hören, hat Buddha nicht ein Dogma der Gewaltlosigkeit gepredigt. Die Frage ist immer die Motivation und der Grad der Bewusstheit. Außerdem muss man erkennen, dass man etwas "böses" nicht wirklich besiegen kann, indem man es bekämpft. Aber wenn man Licht in die Dunkelheit bringt, was bedeutet, dass man Bewusstheit in die Unbewusstheit bringt, dann löst sich das "böse" oder das Dunkle oft sehr schnell von alleine auf.

    Frank1:

    Hallo stiller_raum,


    mit Deinen Ausführungen stimme ich mit meinem Denken überein. Es ist m.E. sehr gut beschrieben.
    Ich denke jedes Verhalten hat eine Absicht, aber was Du meinst, ist wohl die Absicht etwas bewusst Schlechtes und Falsches zu tun.
    Ich wollte nur eine Brücke schlagen, zwischem dem christlichen Schuldgedanken und dem buddhistischen Karma.


    Frank


    Wenn man im Christentum das Wort Schuld durch unbewusstheit ersetz bekommt auch das Thema Vergebung, dass auch für den Buddhismus zentral ist, eine klarere Bedeutung. Jesus sagte: "Vergib ihnen den sie wissen nicht was sie tun". Da sie unbewusst waren, wussten sie nicht was sie tun. Dadurch entsteht zwar weitere unbewusstheit, aber durch Vergebung löst sich auch das negative Karma des schuldingen (unbewussten) auf. Das erklärt auch die Heilung von Krankheiten. Unbewusstheit kann körperliche und geistige Krankheiten hervorrufen. Jemand der wirklich vergeben kann und die unbewusstheit durchschaut und damit den anderen nicht verurteilt, hat kann damit zum Heilungsprozess beitragen. Heilung in diesem Sinne wäre bewusst werden und somit weniger zu leiden. Das Karma kann im Buddhismus schnell falsch verstanden werden und deswegen ist es so wichtig Mitgefühl und Vergebung zu üben.


    Der Begriff Schuld ist in diesem Zusammenhang ungenau. Buddha sagte auch nicht, dass man seine Schulden bezahlen muss um Befreiung zu erlangen.
    Versuche vielleicht mal anstatt Schuld den Begriff Unbewusstheit zu verwenden. Dieser Begriff ist nicht so wertend und in der modernen Sprache klarer.
    Solange wir unbewusst bleiben und uns mit Dingen Identifizieren, werden wir weiter leiden. Wir müssen aber diese Unbewusstheit nicht abarbeiten. Ein kurzer bewusster Augenblick,
    ein Satori kann genügen die Unbewusstheit zu durchbrechen. Und damit wird unwiderruflich ein Prozess des bewusst Werdens in Gang gesetzt. Dieser Prozess kann vielleicht noch als Leid erfahren werden,
    und man kann ihn durch bestimmte Mittel und Verhaltensweisen beschleunigen, aber es ist in diesem Zusammenhang ungünstig von Schuld zu sprechen. Wenn wir uns einer Sache nicht bewusst waren, dann waren wir auch nicht voll Schuldfähig. Eine volle Schuld setzt vor allem ein Motiv, eine Absicht voraus und dies ist meist gar nicht der Fall.


    Auf den ersten Blick können wir uns natürlich glücklich schätzen in einem Land zu leben, dass und sehr viel Sicherheit und Freiheit gibt.
    Aber auch in den westlichen Ländern gibt es enormes Leid. Ich meine damit nicht nur die offensichtlichen Leiden wie Krankheiten. Sondern es ist ein subtileres Leiden der Psyche.
    aus buddhistischer Sicht könnte man auch sagen, dass wir in einem Bereich der Götter oder Halbgötter im Westen leben. Wir haben viel materiellen Reichtum, aber um genau diesen Aufrecht zu erhalten
    zahlen wir auch unseren Preis. Immer schneller, besser, flexibler zu sein lässt die Menschen in eine geistig gefährliche Situation geraten. Die Orientierung auf materielle Dinge verursacht auch ein leiden, dass viele verzweifeln lässt und depressiv macht oder in eine Sucht führt. Das menschliche Leben ist ja deshalb so wertvoll und für die Erleuchtung geeignet, da wir ja beides erleben. Freude und Leid. Wenn wir das Leid nicht erfahren könnten würden wir auch nicht motiviert sein uns auf den Weg der erleuchtung zu begeben. Ich denke wir sollten jeden Tag aufs neue dankbar sein für die Möglichkeiten die wir haben und uns nicht durch die vielen weltlichen Verlockungen vom Weg abbringen lassen. Alter, Krankheit und Tod sind leiden die wir alle erfahren. Im westen wird dies gerne Verdrängt. Jack Kornfield beschreibt in seinen Büchern, dass in den 60er und 70er Jahren in vielen kleinen asiatischen Ländern viele Menschen trotz der materiellen Armut sehr glücklich waren. Sie sahen sich selbst als Reich an. Durch den Geist des westlichen Konsums wurden viele dieser Kulturen zerstört und viele Menschen sind jetzt in diesen Ländern deswegen unglücklich, da sie neidisch auf den die materiellen Dinge schauen, die sie sich nicht leisten können.