Ich habe noch nie davon gehört, dass der Buddhismus eine externe, objektive Welt verneinen würde. Der springende Punkt ist nicht, ob so eine Welt existiert oder nicht, sondern ob sie uns auf eine direkte und unverfälschte Weise zugänglich sein kann, unabhängig von unserem Geist. Und das kann sie schlicht und ergreifend nicht.
Man wird Leerheit und bedingtes Entstehen niemals durch eine ontologische Sichtweise verstehen können, wie sie von Adi Shankar und seinem Advaita Vedanta vertreten wird. Buddhistische Einsichten sind epistemisch.
Man muss verstehen, dass das worum es letztendlich geht, Befreiung von Leid ist. Und beide Systeme bieten die Möglichkeit dafür. Weil jedoch die Grundansichten verschieden sind, führen beide zwangsläufig zu verschiedenen Ergebnissen. Auch Moksha ist definitiv befreiend. Aus buddhistischer Sicht kann es jedoch nicht die höchste Form der Befreiung sein, weil Bhraman ein ontologischer und damit fabrizierter Standpunkt ist.
Eine Rose wird durch einen Mensch anders wahrgenommen als durch ein Insekt. Es ist jedoch viel mehr als das. Meine bewussten und unterbewussten Ansichten haben einen direkten Einfluss darauf wie ich etwas wahrnehme (http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=13924). Das Wahrgenommene wird immer von unserem wahrnehmenden Geist abhängig sein und andersherum. Eine Realität ohne Geist, egal ob sie existiert oder nicht, wird von uns niemals direkt erlebt. Egal welchen Beweis wir auch heranhalten, wir werden diesen Beweis immer nur durch unsere Sinne erfahren; Daten die von unserem Geist, aufgrund der aktuell aktiven Ansichten, zu einer spezifischen Wahrnehmung geformt werden. Das muss jeder für sich selbst prüfen. Alltägliche Kohärenz kann davon nicht ausgeschlossen werden.
Wenn man denkt, dass sich der Buddhismus als Universalie begreift hat man etwas gehörig missverstanden. Ironisch wird es wenn man sich Shankar nennt und übersieht, dass sich gerade der Advaita Vedanta als Universalie begreift.
Leerheit ist kein transzendenter Standpunkt, sondern schlicht und ergreifend eine nicht bestätigende Verneinung. Egal was man untersucht, nach gehöriger Analyse wird man die Existenz dieser Dinge nicht bestätigen können. Und gerade deswegen sind Ignoranz und Befreiung möglich. Da sind scheinbare "Dinge" die man, ungeprüft und aufgrund von falschen Ansichten, für wirklich existent hält und gerade weil man sie für wirklich existent hält entsteht Leid. Befreiung ist das Wissen, dass nichts wirklich erscheint, verbleibt oder vergeht.
Leerheit ist aber auch gleichbedeutend mit bedingtem Entstehen, was in diesem Fall absolut gar nichts mit irgendeiner newtenschen Sichtweise zu tun hat. Gerade weil beides gleichbedeutend ist, ist diese karmische Interdependenz illusorischer Erscheinungen überhaupt möglich. Durch Ignoranz werden in einen illusorischen Prozess Inhärenz, Wirklichkeit, Dualität, direkte Kontrollierbarkeit, Zulänglichkeit und Permanenz projiziert. Deswegen ist es fatal Karma und jede Art von relativer Praxis wie Meditation und Kontemplation zu negieren. Es zeugt davon, dass Leerheit nicht richtig verstanden wird (Leerheit = Bedingtes Entstehen). Eine tote Leerheit. Dabei macht Leerheit Fülle und Lebendigkeit erst möglich. Auch deswegen sind Ethik, Moral und Mitgefühl so wichtig, da die für uns einzig erlebbare Realität eine Interdependenz der Konventionen ist. Wir und unsere Realität existieren nur konventionell und das ausnahmslos.
Wegen Leerheit und bedingtem Entstehen ist es überhaupt möglich, dass verschiedene Individuen zu verschiedenen Perspektiven und Ansichten kommen können. Aus der Perspektive des Nicht-Wirklich-In-Die-Existenz-Tretens gibt es also im Prinzip kein Richtig und kein Falsch. Verschiedene Ursachen und Bedingungen lassen die Realität auf eine bestimmte Weise erscheinen. Manchmal führt ein Austausch zu gegenseitigem Bestätigen und zu Resonanz, manchmal auch nicht. Alles abhängig von Ursachen und Bedingungen. In diesem Sinne verschwindet auch der "Erwachte" in einen unwirklichen Fluss aus leeren Ursachen und Wirkungen, der völlig frei ist von sein, nicht-sein, beidem oder keins von beidem. Das völlige frei sein von Richtig oder Falsch gilt jedoch nur für jemanden der vollständig alle falschen Ansichten gelöst hat, auch die, die den meisten spirituell Suchenden verborgen bleiben. Und das kann nur passieren wenn bedingtes Entstehen richtig gesehen wird durch Atammayata, was wiederum davon abhängt, dass die Erscheinungen nicht als existente Dinge wahrgenommen werden. Und das wiederum ist etwas was nicht einfach nur durch reine Non-Konzeptuallität erreicht werden kann, sondern durch Prajna. Weisheit, die durch die aktive Penetration falscher Ansichten entfacht wurde.