Beiträge von think im Thema „Zen-Kater“

    Bodhidasa:

    Warum solltest du meine Wahrnehmung, die ich bei Sterbenden hatte, empfinden, wo du doch nicht dabei warst?
    Anders herum könnte ich deine Empfindungen ebensowenig anzweifeln, da ich im umgekehrten Fall ebensowenig anwesend war.


    Selbstverständlich. Wir haben natürlich unterschiedliche Dinge erlebt und du hast im Gegensatz zu mir sicher tiefere Einsichten durch deine buddhistische Praxis gewonnen. Ich danke dir sehr für den Gedankenaustausch und werde über deine Argumente weiterhin nachdenken.


    Und deinem Wunsch, dass alle Wesen glücklich sein und heute nacht friedlich ruhen mögen, schließe ich mich sehr gerne an :).


    Liebe Grüße
    Think


    P.S.:

    Bodhidasa:

    Ich kann nur von Menschen berichten, die alleine waren, in Krankenhäusern, verlassen


    EDIT: Sorry, da möchte ich nur kurz noch zu bedenken geben, dass Menschen in Krankenhäusern üblicherweise gut schmerztherapiert werden. Ohne diese Schmerztherapie wären sie wohl weniger ruhig und gefasst gewesen, vor allem, wenn es sich z.B. um schmerzhafte Krebserkrankungen handelt, die das Nervengewebe zerstören. In solchen Fällen schreien Menschen üblicherweise vor Schmerzen, auch Sterbende. Wollte ich nur kurz zu bedenken geben, sozusagen als Pro-Argument für schmerzstillende Maßnahmen.

    Bodhidasa: Hmmm ... vielen Dank für deine Antwort, darüber werde ich wohl noch längere Zeit sehr gründlich nachdenken müssen ... und keine Sorge, du hast mir weder über den Mund gefahren, noch irgendwie belehrend geklungen. Du schreibst sehr freundlich und feinfühlig und dafür möchte ich mich bedanken.


    Bodhidasa:

    Wenn du des öfteren die Wesen begleitest, wirst du im Laufe der Zeit erfahren, das auch die ängstlichsten in den letzen Augenblicken sehr ruhig und gefasst werden.


    Hmm ... also, das kann ich leider nicht bestätigen. Ich habe schon einige Lebewesen (inkl. mehrerer Menschen) sterben gesehen und es war in den seltensten Fällen eine schöne Angelegenheit (wenn es nicht gerade sehr schnell passiert ist oder ein friedlicher Alterstod war oder ähnliches). Meiner Erfahrung nach hat das Sterben durch eine Krankheit jedenfalls gar nichts Schönes an sich - es ist traurig, schmerzhaft, beängstigend und demütigend. Manche Sterbende waren gefasst, ja, andere aber einfach nur entkräftet. Ich kann auch nicht so recht glauben, dass Leid ein Wesen reifen lässt oder ihnen auf irgendeine Weise gut tut. Leid ist schrecklich und erzeugt Verbitterung, Angst, Verzweiflung und sogar Hass. Und es will doch jedes Wesen glücklich und frei von Angst und Schmerzen sein, oder nicht? Wer will schon leiden?


    Abgesehen davon - die Annahme, Leid wäre für das leidende Wesen etwas Positives, könnte doch auch zu dem schrecklichen Umkehrschluss führen, dass man gegen das Leid nichts unternehmen müsste - oder noch schlimmer - es in Ordnung wäre, anderen Wesen Leid zuzufügen, findest du nicht?


    Über die Sterbehilfe werde ich nochmals gründlich nachdenken, danke für deinen Gedankenanstoß. Einem leidenden Wesen Schmerzmittel vorzuenthalten (wie du angedeutet hast), wäre mir aber vollkommen unmöglich. Schmerzen kennen kein Erbarmen, die können sich bis ins Unvorstellbare steigern. Und wenn man Mittel dagegen hat, warum sollte man sie nicht einsetzen? Wie du selbst geschrieben hast, lindert doch auch eine gereichte Hand das Leid des Sterbenden. Sollte man nicht alles tun, um das Leiden des Betreffenden zu mindern?


    Sicher ist das auch Egoismus, das ist mir schon klar. Ich bin aber weit entfernt davon, selbstlos agieren zu können, daher kann ich nichts anderes tun, als mich in das leidende Wesen hineinzuversetzen und hineinzuspüren, was ich wollen würde, wenn ich an seiner Stelle wäre.


    Ich hoffe, dass du meinen Beitrag nicht als unfreundlich oder unhöflich auffasst, ich kann mich leider nicht besser ausdrücken, hoffe aber, dass du erkennen kannst, dass mein Beitrag nicht gegen dich persönlich gerichtet ist?


    Liebe Grüße
    Think

    Bodhidasa:

    Wollte er wirklich sterben?


    Bitte entschuldige, ich möchte nur noch eine kleine Unklarheit (meinerseits) ausräumen. Ich habe in meinem vorigen Beitrag von bereits Sterbenden gesprochen, aber nicht von Lebewesen, die vielleicht noch Wochen oder Monate zu leben hätten. Deine Einwände sind absolut richtig, ich finde aber, dass nichts dagegen spricht, einem hilflosen Wesen einen Sterbeprozess zu erleichtern, der bereits im Gange ist - da geht es ja nur noch um Stunden der Qual und des Leids und nicht mehr ums Sterben-Wollen (dieser Prozess findet ja dann bereits statt). Das ist aber wie gesagt nur meine persönliche Meinung.


    Liebe Grüße
    Think

    humanworld:

    Wenn man ganz ruhig und sogar heiter dabei sein kann dem Tier gegenüber, so dass es ruhig einschläft, dann war das distanziertere Liebe, die dem Tierchen aber viel mehr gut getan hat. Wobei es wieder so ist, dass der Buddhismus das Töten verbietet, ich habe irgendwo gelesen, dass man auch dann nicht töten darf, um einem Wesen unnötiges Leiden zu ersparen, was ich aber nicht verstehe. Weiß einer von euch da etwas davon.


    Hmm ... wissen tu ich zwar leider gar nix (bin ja wie gesagt ein Neuling), aber dass es in einer Philosophie des Mitgefühls verboten sein soll, einem Tier unsägliches Leid zu ersparen, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Das geschieht ja - wie du schon geschrieben hast - aus Liebe und Mitleid.


    Ich musste mal vor vielen Jahren eine Mieze einschläfern lassen, da sie eine Erkrankung hatte, die zu einem sehr schmerzhaften und qualvollen Tod geführt hätte. Sie bekam zwar Medikamente gegen die Schmerzen, aber im Todeskampf hätten die - laut Tierärztin - auch nicht mehr geholfen, da die Katze letztendlich qualvoll erstickt wäre. Sie wurde von Tag zu Tag schwächer und ich habe abgewartet, bis ich sicher war, dass meine Katze bereit war, zu gehen. Das ist dann auch passiert - die Katze hat sich eines Tages ganz eindeutig von mir verabschiedet und hat sich auf meine Beine zum Sterben zurückgezogen. Habe dann die Tierärztin telefonisch um einen Hausbesuch gebeten. Meine Katze wusste ganz genau, was Sache ist, als die Tierärztin ins Zimmer kam. Die Reaktion meiner Mieze war beeindruckend - sie begann zu schnurren, weil sie offensichtlich wusste, dass ihr der Übergang erleichtert werden soll. Die Katze ist schnurrend gestorben und wurde bis nach dem letzten Atemzug gestreichelt. Ein schönerer und friedlicherer Tod ist mir bisher noch nie begegnet - und nachdem sie eine so gute Freundin war, war ich ihr das mMn auch schuldig.


    Sollte ich deshalb jetzt ein negatives Karma auf mich geladen haben, ist mir das ehrlich gesagt egal, das nehme ich gern in Kauf. Lieber brate ich in der Hölle, als dass ich untätig zugesehen hätte, wie meine Katze unter Schmerzen und Qualen erstickt wäre. Aber wie gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass eine solche Sterbehilfe aus Mitleid das gleiche bedeutet wie eine Tötung aus Hass, Gier, Lust, Gewohnheit oder Bequemlichkeit.


    Liebe Grüße
    think

    Lieber Humanworld,


    leider bin ich ein totaler Buddhismus-Neuling, aber deine Beiträge haben mich sehr berührt und ich würde gerne ein paar Worte dazu sagen - bitte entschuldige also, wenn das alles jetzt vielleicht etwas "unbuddhistisch" klingt. Ich habe allerdings vor einiger Zeit etwas sehr Ähnliches erlebt wie du und kann deinen Schmerz daher sehr gut verstehen. Es ist wirklich sehr schlimm, einen so lieben Freund und Weggefährten zu verlieren. Tut mir wirklich sehr leid, dass du so etwas erleben musstest.


    Ich persönlich bezweifle ja stark, dass die gesamte Tierwelt uns Menschen prinzipiell unterlegen sein soll. Gerade Katzen sind sehr geheimnisvolle Lebewesen - wer weiß, ob dein Katerchen nicht schon sehr weit entwickelt war, vielleicht konnte er ja deshalb so gut mit dir meditieren. Katzen haben ein sehr feines Sensorium und - meiner Erfahrung nach - sehr viel Verständnis für menschliche Fehler und Schwächen. Ich bin also ganz sicher, dass dein Kater dir längst vergeben hat bzw. von Anfang an wusste, dass das ganze ein tragischer Unfall war.


    Außerdem musst du auch das Positive sehen - du hast geschrieben, dass dein Kater fast blind war. Was wäre denn aus ihm geworden, wenn du dich nicht um ihn gekümmert hättest? Du hast ihn aufgenommen, für ihn gesorgt und ihm Geborgenheit, Freundschaft und Liebe gegeben. Dein Kater denkt jetzt also bestimmt voller Liebe und Dankbarkeit an dich - und will auch sicher nicht, dass du unglücklich bist oder dir Vorwürfe machst.


    humanworld:

    und da er kaum Ausgang hatte weil er fast blind war von Geburt an hat er wohl auch kaum Mäuse getötet, nur ab und zu sich mit anderen Katern geprügelt. Weil er also wenig Schlimmes getan hat und doch so gerne mitmeditiert hat und Sutren zum Mitschnurren schön fand, da denk ich mir schon, dass er im nächsten Leben ein Mensch werden darf, der in ausreichend günstigen Verhältnissen lebt so dass er Zen praktizieren kann.


    Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Katzen haben ja nicht so viel Wahlfreiheit wie wir Menschen, denke also, dass Prügeleien unter Katern (bei Katzen gehört das halt einfach dazu, wie bei uns das Händeschütteln) oder gelegentliches instinktives Mäuse-Jagen (da tun wir Menschen tagtäglich weitaus Schlimmeres, obwohl wir die freie Wahl hätten, es nicht zu tun) keine besonders ungünstigen Auswirkungen auf ihn haben.


    Meine Katze war z.B. so gut in Selbstversenkung und hatte ein derart gelassenes und liebevolles Wesen, dass es mich überhaupt nicht wundern würde, sie im nächsten Leben als meine/n Meditationslehrer/in kennen lernen zu dürfen ... wer weiß, vielleicht ist das bei dir und deinem Kater ja auch so? :)


    Liebe Grüße
    think