Beiträge von lubob im Thema „Aachens erster Zen-Meister (Paul Shoju Schwerdt)“

    diamant:

    Wenn einer keine Dharma-Übertragung hat, kann er natürlich ein brauchbarer Lehrer sein. Aber der, der keine hat, aber eine behauptet, ist zunächst mal ein Lügner oder Heuchler, und das ist keine gute Basis für ein Lehrerdasein.


    Ich überlege gerade, warum ich von dem Thread so angenervt bin. Ich selbst würde tatsächlich auch nicht mit jemandem sitzen, der sich per Urkunde versucht, Autorität zu verleihen. Insofern stimme ich euch zu, dass solch ein Verhalten für die eigene Praxis relevant ist. Ich merke aber, das mich das bei anderen(!) Schulen, Dojos etc. sehr kalt läßt. Einfach, weil ich diese Titeldiskussionen inzwischen sowieso für verlogen halte. Aber vielleicht ist das im Soto alles viel schlimmer als im Rinzai, das kann ich nicht beurteilen.


    Auf der anderen Seite finde ich es aber auch problematisch, und ich glaube, dass ist der eigentliche Punkt, der mich hier nervt, wenn man anderen Linien, Schulen oder Dojos, zu denen man selbst nicht gehört, in ihre Praxis hinein redem möchte. Wer oder was gibt uns das Recht, einen X-beliebigen Übenden auf dieser Welt anzuschreiben und zu verlangen, dass er oder sie uns Legitimationsnachweise von sich oder seiner Lehrer liefert? Ich jedenfalls würde so jemanden auch gleich wegschicken, solanger er mir keine vernünftige Begründung liefern kann.


    Niemand hat m.E. das Recht, in anderen Linien Zen-Polizei zu spielen und ich finde so etwas in dem meisten Fällen übergriffig.


    In dem Fall dieser Diskussion hier scheint mir der einzige Berechtigte Ji'un Ken zu sein. Und der hat ja wohl kein Problem .


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    @blue_apricot: Deine Gegenüberstellung meiner Zitate verstehe ich nicht. Kannst mich aber gerne anschreiben, wenn das etwas ist, was hier zu weit Offtopic führen würde.

    diamant:

    4) Das bezieht sich eher auf die, denen eine solche Diskussion peinlich ist: Es geht nicht darum, dass man im Zen prinzipiell nach einem Wisch streben müsste, sondern dass hier Lehrer, die behaupten, einen solchen zu haben und sich damit quasi brüsten, diesen doch bitte mal zeigen sollten, damit sie glaubhaft werden. Niemand muss auf diese Papiere etwas geben, aber im Rinzai sind sie nun mal üblich, und genau darum behaupten die Genannten ja auch alle, "Dharmasiegel" zu haben. Wenn sie das nicht täten, hätten wir diese Diskussion nicht.


    Ich halte weder etwas von Dharma-Siegeln, noch von Fälschungen dieser. Aber solange ich die handelnden Personen und die Geschichten dahinter nicht kenne, kann ich mir kein Urteil erlauben.


    Ich selbst gehöre zur Deshimaru Linie und da ist es einfach so, dass Deshimaru ein schwerer Trinker war und auch seine Befugnisse waren wohl mehr als zweifelhaft. Vernünftige Papiere oder gar eine richtige Dharma-Übertragung hatte er auch nicht, als er nach Europa kam und trotzdem all dem war er unstrittig ein großer Lehrer.


    Manche Dinge im Zen-Umfeld sind natürlich klar Mißbrauch und gehören benannt und möglichst unterbunden. Aber manche Schwächen, Unvollkommenheiten oder Unsauberkeiten kann man vielleicht auch einfach ganz anders sehen: Als einen Hinweis auf zutiefste Menschlichkeit. Wer die Unfehlbarkeit sucht, der läuft meines Erachtens Gefahr, genau das zu verleugnen.


    Oder wie es Deshimaru einmal formulierte: "Ihr als meine Schüler müsst mich in allem ganz genau nachmachen. Aber natürlich nur meine guten Seiten!"


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    Es gibt hier in Halle zwei Gruppen / Dojos aus dieser Linie über die hier diskutiert wird. Ich kenne diese Leute aber nicht und ich habe persönlich noch nie mit Rinzai zu tun gehabt.

    Vielleicht ist alles so, wie die einen sagen, vielleicht ist es so,wie es die anderen sagen.


    Ich kann da fachlich nicht mithalten, aber das liegt auch daran, dass ich wohl nie kapieren werde, wie man seine Zen-Praxis von einem Stück Papier abhängig machen kann.


    Jeder, der länger praktiziert, muss doch schon krampfhaft wegschauen, um nicht mitbekommen zu haben, dass die Geschichte des Zen letztlich auch nur von Menschen gemacht wurde und bis heute von Menschen gemacht wird. Mit Intrigen, Machtkämpfen, Fälschungen und erfunden Geschichten aller Art. Schon der 6. Patriarch ist doch nur eine Legendengestalt und hat wahrscheinlich nie gelebt.


    Sorry, aber ich finde die ganze Diskussion einfach nur unsäglich peinlich. Wenn ich mir anschaue, wie hier das Verlangen nach "authentischer Lehre", "Reinheitsgebot" und ähnlichem ins Feld geführt wird, dann sehe ich nur Popanz und sonst nix.


    (Ironie an) Das einzige, was diesen Thread noch retten könnte, wäre wohl, das Ji'un Ken provisorisch seine Moderatoren-Rolle niederlegt und diese statt dessen dem seligen Unbuddhisten übertragen würde. Der würde einigen von denen, die hier um das goldene Kalb der pseudo-authentischen Weitergabe tanzen, ganz zu Recht die Ohren lang ziehen. (Ironie aus)


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    Nachtrag: Doch, einen gibt es, vor dem ich mich hier verneige. Das ist Ji'un Ken, der hier, wo es um seine Lehrer geht, so die Ruhe bewahrt. Mir scheint, dass Ji'un Ken nicht die Nerven verliert, ist das, was einige hier am aller meisten wurmt...