Beiträge von kongjiazhong im Thema „"Dharma-Übertragung" Nolting“

    Aiko:

    Über Thich Hue An

    Zitat

    Schon seit Mitte der 1980er Jahre sammelte er Erfahrung und Praxis im Tibetischen Buddhismus, studierte einige Jahre bei Geshe Thubten Ngawang (Tibetisches Zentrum Hamburg) bis zu dessen Tod und erhielt auch Dharma-Unterweisungen von vielen anderen Lehrern.
    Ab 2000 wandte er sich mehr der Zenrichtung zu (…). Bereits im Jahr 2004 war er dem vietnamesischen Mönch Thich Thien Son begegnet.


    Geshe Thubten Ngawang, ja, was für ein Lehrer! Er verstarb am 11. Januar 2003.
    http://www.tibet.de/ueber-uns/…eshe-thubten-ngawang.html


    Und dann: Thich Thien Son, welch ein tragischer Abstieg. All das und die Fotogeschichten und die Ballung exotischer Namen erinnern mich unwillkürlich an den Titel eines Buches von Franz Jung: Der Weg nach unten.


    Kongjiazhong

    void:

    Nach einer Geschichte ist Zen enstanden, als Buddha schweigend eine Blume hochielt und nur Kashyapa verstand und lächelte.


    Ja, eine schöne Geschichte eines unbekannten (?) Verfassers: Im Sutra Gespräch zwischen dem Buddha und Mahapitaka Brahmaraja bzw. dem Sutra über die Fragen des Mahapitaka Brahmaraja (Dialogue of the Buddha and Mahapitaka Brahmaraja, Sutra on the Questions of Mahapitaka Brahmaraja) gibt es diverse Geschichten.


    Die zweite ist die Blumengeschichte, wörtlich „Blume nehmen, leicht lachen“, 拈花微笑, niān huā wēi xiào. Ihr Kern ist sehr kurz:


    爾時世尊著坐其座。廊然拈華。時眾會中。百萬人天。及諸比丘。悉皆默然。時 於會中。唯有尊者摩訶迦葉。即見其示。破顏微笑。從座而起。合掌正立。有氣無言 。爾時佛告摩訶迦葉言。吾有正法眼藏涅槃妙心實相無相微妙法。不立文字。教外別 傳。有智無智。得因緣證。今日付屬摩訶迦葉。


    Das war´s.


    D.T. Suzuki übersetzt in Studies in Zen, 1955, so:


    "Buddha ascended the seat and brought forth the flowers before the congregation of gods and men. But none of them could comprehend the meaning of this act on the part of Buddha, except the venerable Mahakashyapa, who softly smiled and nodded. Then exclaimed Buddha: "I am Nirvana, the Mind, and the mystery of reality and non-reality, and the gate of transcendental truth. I now hand it over to Mahakashyapa."


    Vielleicht war Suzuki der erste, der diesen anrührenden Gründungsmythos des Zen in eine westliche Sprache übersetzte, vielleicht auch nicht. Ich habe ihn zum ersten Mal bei (dem Jesuiten, der hoffentlich nicht auch ein Seminazi war, wie dies hier von manch anderem gesagt wird) Heinrich Dumoulin, Der Erleuchtungsweg des Zen im Buddhismus, 1976, S 23, auf deutsch gelesen:


    "Als einst der Welterhabene auf dem Geierberg weilte hob er mit den Fingern eine Blume empor und zeigte sie der versammelten Schar. Damals schwiegen alle. Nur der Ehrwürdige Kashyapa verzog sein Gesicht zu einem Lächeln. Da sprach der Erhabene: "Das wahre Dharma-Auge, den wunderbaren Geist des Nirvana, die formlose wahre Form, das geheimnisvolle Dharma-Tor, das nicht auf Worte und Buchstaben beruht, eine besondere Überlieferung außerhalb der Schriften, vertraue ich dem großen Kashyapa an."


    Die Geschichte wurde in das Mumonkan, als Koan Nr. 6, aufgenommen:


    "Buddha und die Blume. Als der Buddha sich in den Grdhrakuta-Bergen befand, drehte er eine Blume zwischen seinen Fingern und hielt sie seinen Zuhörern hin. Ein jeder war still. Nur Maha-Kashapa lächelte bei dieser Offenbarung, obwohl er versuchte, seine Miene zu beherrschen. Buddha sagte: "Ich habe das Auge der wahren Lehre, das Herz des Nirvana, den wahren Aspekt der Nicht-Form und den fehlerlosen Fluss des Dharma. Dies ist nicht in Worten auszudrücken, sondern wird jenseits des Lehrens auf besondere Weise vermittelt. Diese Lehre habe ich Maha-Kashapa gegeben."
    http://www.mumondo.de/content/Mumonkan.pdf


    Drei Übersetzungen, die Unterschiede sind nicht gering.


    s.a. http://en.wikipedia.org/wiki/Flower_Sermon


    Kongjiazhong

    Vielen Dank, Void, dafür, dass Du auf meinen Beitrag ausführlich eingegangen bist. Was Du schreibst sehe ich als Ergänzung bzw. als Hinzufügung einer etwas anderen Perspektive. Auf einen Punkt möchte ich aber noch kurz eingehen.


    void:

    Gegen den Europäische Dünkel hilft also ein asiatischer Dünkel?


    Realpolitisch ja, es ist ein Gegenmittel, das zeitweilig eingesetzt werden sollte. Gegen die Diskriminierung der "Schwarzen" erfanden die Afroamerikaner den bescheuerten Spruch, bzw. das kulturelle Konzept, "Black is beautiful", obwohl sie dadurch auch nicht schöner geworden sind, zumal sich über Schönheit streiten lässt. Dies stärkte aber ihr Selbstbewußtsein und war daher ein geschicktes Mittel im Kampf für ihre "Gleichberechtigung".


    Als bislang (!) bestes Gegenmittel gegen den Einsatz von Atomwaffen erwies sich - traurig aber wahr - deren Verbreitung (was auch kippen kann, wenn zu viele Akteure über sie verfügen). Seitdem die Sowjetunion solche Waffen besaß war Ruhe an dieser Front, d.h. es kamen keine mehr zum Einsatz. Als die SU noch keine einsatzbereiten Atomwaffen hatte, wurden sie von den weißen, christlichen und demokratischen USA erfolgreich gegen die - immer auch als minderwertig gedachten - japanischen Zivilisten eingesetzt.


    Zitat

    Als mit Japan 1906 das erste mal ein "farbiges" Land ein weisses Land (Russland) besiegt jubelte die ganze nicht-westliche Welt Japan zu. Um dann erstaunt festzustellen, dass es sich daranmachte, die verhassten Kolonialmächte akribisch zu kopieren.


    Über das Erstaunen mag man sich wundern, jedenfalls blieb Japan nichts anderes übrig, als zum Beispiel Korea und Teile Chinas zu besetzen und auszubeuten (man hat ja nur andere kopiert). Das war der imperialistischen Konkurrenz geschuldet. Da Japan aber zu spät kam, wurde es von seinen Konkurrenten hart bestraft und an den moralischen Pranger gestellt. Trotzdem wurde Japan nicht völlig besiegt, es rappelte sich wieder erfolgreich auf, insofern ein gewisser "Dünkel" (neben vielen anderen Fähigkeiten) dazugehörte, war dieser Dünkel ein geschicktes Mittel.


    Aber mit der "Dharma-Übertragung Noltig" hat dies Gott sei Dank nichts zu tun, insofern könnte man diese Diskussion, die wir führen, entweder beenden oder verlagern (ich finde, dass das Buddhaland dafür ohnehin nicht der beste Ort ist).


    Kongjiazhong

    Aiko:

    Viel merkwürdiger finde ich die Meister Eckhart Rezeption durch Nishitani. Darin lässt sich dann schon ablesen, wie sehr er nach Begründungen für eine Überlegenheit des Buddhismus und des Zen-Buddhismus gesucht hatte. Und hier trafen sich auf die geistigen Einstellungen mit den Nazis und deren völkischem Rassismus.


    Ich kenne Nishitani nicht (von Wiki usw. abgesehen), habe aber viele Predigten von Meister Eckhart, einiges von und über Heidegger, Hitlers Mein Kampf und Himmlers Posener Rede, auch schon, im Laufe der Zeit, ein paar Sutren (das Lottos-Sutra zum Beispiel), in denen von der "Überlegenheit" des Dharma, des "Buddhismus", die Rede ist, gelesen und mehr oder weniger durchkaut und verstanden oder auch nicht, finde aber keine echte Verknüpfung zwischen Eckhart, dem Dharma auf der einen Seite, ich könnte dieser Seite, aber das ist mir egal, Heidegger hinzufügen, obwohl ich die skandalisierten Stellen in den Schwarzen Heften kenne, und den Nazis und "deren völkischen Rassismus".


    Da die Überlegenheit der westlichen Philosophie und implizit oder explizit auch noch der christlichen Religion (und der weißen Population, insb. des weißen Mannes) auf Grundlage der weltumspannenden Machtausübung durch die damaligen Machthaber (im Wesentlichen sind sie es bis heute geblieben, auch wenn der Widerstand zunimmt) als das Selbstverständlichste galt, gelten musste, und diese Sicht mit aller Macht durchgesetzt wurde bzw. werden sollte, dann ist es für mich naheliegend, diesen Zuständen etwas entgegenzusetzen, was wohl Nishitani und die Kyōto-Schule taten.


    Was das mit dem "deutschen", eigentlich "europäischen", Rassismus zu tun haben soll, verstehe ich nicht. Auch nicht, warum dies hier zum Thema gemacht werden soll, wenn es doch lediglich darum geht, dass ein paar Leute auf Papiere, Urkunden und eine schwer überschaubare Flut fremdsprachiger Titel und Siegel stehen, es geht um Leute die auf exotische Tulkunamen, Tulkulinien abfahren, also um Leute, die sich zwar in den weißen Milieus des "Zen" und des "tibetischen Buddhismus" besonders häufig finden lassen, die aber quantitativ und qualitativ marginal und uninteressant sind und räumlich nur wenige und kleine Cluster bilden, wenn wir den gesamten Planeten zum Maßstab nehmen. Um deren Motivationen zu verstehen hilft es nicht, auf Heidegger und Himmler zu verweisen.


    Kongjiazhong

    Klar, immer sind die anderen Schuld, D.T. Suzuki, Übermenschen (Nietzsche auch?), Herrigel, Krieger, NSDAP, Samurai, Japan, Käse, Heidegger, der Nishitani und der Yasutani, Meister, Intellektuelle … Alle, alle bloß nicht ich.


    void:

    Wenn Heidegger von seinen schwarzwälder Feldwegen faselt, geht einem der Jargon der Eigentlichkeit auf den Senkel


    "Einem", Du meinst wohl "mir". Mir nicht.


    "Der Verzicht nimmt nicht. Der Verzicht gibt. Er gibt die unerschöpfliche Kraft des Einfachen. Der Zuspruch macht heimisch in einer langen Herkunft." (Die vier letzten Sätze, aus: Martin Heidegger, Der Feldweg.)


    Kongjiazhong

    Benkei:


    aus dem "Lotos-Sutra", Kapitel II "Geschickte Mittel" (Myôhô-Renge-Kyô, Hôben)


    Vielen Dank. Das ist die Übersetzung von Margareta von Borsig, Lotos-Sutra. S. 58.


    Der Vollständigkeit halber eine alternative Übersetzung:


    "Was der Buddha verwirklicht hat, ist das vorzüglichste, selten existierende, schwer zu erschließende Gesetz - nur wenn ein Buddha es weitergibt an einen anderen Buddha, vermag dieser das wahre Wesen der Daseinsfaktoren völlig zu erfassen: nämlich die Daseinsfaktoren,


    so wie sie ihren Merkmalen nach sind,
    so wie sie ihrer Natur nach sind,
    so wie sie ihrer Substanz nach sind,
    wie sie ihrer Kraft nach sind,
    wie sie ihrem Geschehen nach sind,
    wie sie ihrer Ursache nach sind,
    wie sie ihrer Kausalverbindung nach sind,
    wie sie ihrem Ergebnis nach sind,
    wie sie ihrer Folgewirkung nach sind,
    so wie sie immer und überall vorzufinden sind."


    Das Lotos-Sutra, übersetzt von Max Deeg, S. 46 f.


    Kongjiazhong