Beiträge von Benkei im Thema „Kurzfassung des Shinbuddhismus?“

    Namaste!


    caber:

    Der Thread entwickelt sich in meinem Sinn - fort von einer Parallelisierung Christentum (speziell Protestantismus) und Shinbuddhismus. Das eigentlich Interessante (Provokante) liegt für mich vielmehr im "Tu, was du willst!"


    Persönlich werte ich das nämlich nicht als Freigabe des Bösen, sondern als eine grandiose Zusicherung: Was du - wissentlich oder unwissentlich - auch anstellen magst, du fällst nicht aus Amidas Zusage heraus, solange du auf sie vertraust!


    Das halte ich persönlich auch für einen sehr wichtigen Punkt.
    Es heißt ja auch: "Sogar der Gute wird erlöst; um wie viel mehr der Böse!"


    Es ist aber auch ein Punkt, der die Gefahr der Amoralität in sich bergen kann - zumindest als Rechtfertigung der Unverständigen, wie es damals aus meiner Sicht auch bei den Ikkô Shû-Aufständen teilweise der Fall gewesen sein dürfte.


    caber:

    Vor diesem Hintergrund sind mir zwei Punkte wichtig, die auch schon von anderer Seite angeschnitten wurden:


    • Es ist aus meiner Sicht nicht wirklich klar, was gut bzw. böse ist; selbst wo ich es zu erkennen glaube, bleibt es doch immer nur meine subjektive Erkenntnis.
    • Persönlich vermute ich auch, dass mich das Vertrauen in Amidas Zusage in meinem Wollen und Tun beeinflusst - vielleicht hin zum objektiv Besseren - wenn es so etwas überhaupt gibt. Man müsste einfach (mehr) WISSEN...


    Da ich das aber nicht tue, bleibt mir m. E. nur das VERTRAUEN.


    Bezüglich "Gut-und-Böse" stellt Shinran Shonin ja letztlich fest, dass es nur das Nenbutsu gibt, welches zweifellos "den einen, wahren und realen Weg ohne Hindernis" darstellt.


    Die Frage von "Gut-und-Böse" lässt sich demgegenüber nicht derart absolut beantworten.
    Dort gelangt man häufig zu der Frage, welches Handeln nun gute und welches schlechte Resultate hervorrufen kann; kaum kann man immer ermessen, wohin etwas führen wird, und unsere Motivation ist auch nicht immer die reinste, zumal nicht dann, wenn wir uns etwas erhoffen, seien es nun Gegenleistungen oder zumindest "Verdienst".


    In Gedenken an Hônen Shonin's Spruch im "Isshi Koshôsoku", nämlich: "Wir sollten versuchen, das Ausüben des kleinsten Fehltritts zu vermeiden, obwohl wir wissen, dass Buddha Amida im Reinen Land selbst ein Wesen empfängt, das böse Taten wiederholt hat", welche sich aus meiner Sicht auf die Gokai [Pancasîla] und Jukai bezieht, und Rennyo Shonin's Elf Verhaltensregeln, offenbart sich dann aber, dass es Handlungen geben kann, die ihrer Art nach bereits negativ besetzt sind (Töten, Stehlen, Lügen, Ehebruch, usf.), und dass man sich im Zweifel dagegen entscheiden sollte, diese auszuüben.


    Wohl nimmt der Shinbuddhist oder auch -Priester keine Verhaltensregeln als Gelübde an; aber der Shinbuddhismus ist deshalb keineswegs "frei von Verhaltensregeln".


    Auch im Shinbuddhismus wird ja, ebenso wie im Zenbuddhismus, das "Shigu-seigan-mon" [Die Vier Großen Gelübde] rezitiert. Die schulische Sichtweise auf diese Gelübde mögen zwar verschieden sein, aber der Inhalt und die grundsätzliche Bedeutung sind nach meiner Empfindung nicht verschieden.




    Die positive Wirkung des absichtslosen und dankbaren Ausübens des Dharmas, sei es nun die Rezitation des Nenbutsu, das Sitzen oder Gehen in der Haltung Buddhas, oder einfach nur das Vertrauen ins Hongan, ist aus meiner Erfahrung heraus immer gegeben...


    ... gegeben


    einerseits, dass diese positiven Wirkungen zweifellos entstehen und vorliegen,


    und andererseits, dass sie kaum (ausschließlich) vom eigenen Tun herrühren, sondern auch in diesem Sinne "gegeben" werden.


    So oder ähnlich, wie ich es auch im "Sôtô Kyôkai Shushôgi" lese, wenn es dort heißt:
    "Da verrichten das Land, die Gräser und Bäume, Zäune und Mauern, Ziegel und Kiesel, alle Dinge im Dharma-Reich der zehn Richtungen das Werk der Buddhas. Daher werden die Wesen, die die so erzeugten Wohltaten von Wind und Wasser genießen, auf geheimnisvolle Weise durch die wundersame und unfassbare Wandlungskraft Buddhas unterstützt und manifestieren ein persönliches Erwachen. "


    oder bei Kôdô Sawaki Rôshi, wenn er erklärt:
    "Amida ist „unbegrenzt“. Wo auch immer was auch immer passiert, es findet in meinem Leben statt.
    Namu bedeutet, „zum Leben zurückkehren“, keine Aufmerksamkeit an das verschwendend, was ich denke oder glaube; angezogen von der Gravitation der absoluten Wirklichkeit – das ist mein Leben.
    Durch Körper, Sprache und Geist, immer hier und jetzt, tätig als Namu-Amida-Butsu. Das ist Butsu – ein entwickeltes, menschliches Wesen.
    "


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Amida-Butsu

    Namaste!


    Hallo Caber,

    caber:

    Als Kurz- oder vielleicht sogar Kürzestfassung shinbuddhistischer Lehren geht mir seit einiger Zeit eine Abwandlung des bekannten Augustinusworts "Liebe und tu, was du willst!" im Kopf herum. In shinadäquater Form müsste dieses Wort dann wohl lauten: "Vertraue und tu, was du willst!"


    Allzu provokant?


    Ja.


    Zunächst einmal bezogen auf den Dialog von Aiko und void:
    Über die Gleichsetzung von Gott/JHWH/Christus mit Buddha [Amida] hatten wir ja schon zur Genüge mit Yogi Nils diskutiert.
    Mittlerweile sehe ich das recht locker, denn die "Gleichmacher" wird man nicht von ihrer Gleichsetzung abbringen, ebenso wenig, wie man die "Differenzierer" davon abbringen kann, die Gemeinsamkeiten wegdiskutieren zu wollen.
    Letztendlich bleibt hier immer die persönliche Entscheidung; und das merkt man dann irgendwann auch!
    Wenn man mal Not leidet, oder wenn es Zeit für ein Stoßgebet ist, dann zeigt die spontane Eingebung, ob man da wirklich den Buddha Amida anruft ["Namu-Amida-Butsu"] oder doch noch am "angetauften" Abrahamsgott hängt ["Oh Gott, bitte-bitte!"].



    Das "Tu, was du willst!" stört mich dann doch sehr.
    Denn, diese Auffassung war wohl genau jene, die zu den Ikkô-ikki, den Ikkô Shû-Aufständen, führte, und dann später dazu, dass Rennyo Shonin seine Elf Verhaltensregeln für Anhänger der Jôdo Shinshû definierte und herausgab.


    Der (heutige) Shinbuddhismus weist zwar die Pratikmoksha-Gelübde oder auch die Jukai als verdienstvoll oder gar "Weg ins Reine Land" zurück, aber nichts desto trotz wird die Einhaltung der Panca-Sîla empfohlen und die Elf Verhaltensregeln stehen meines Wissen nach wie vor.


    Das "Tu, was du willst!" kann also allerhöchstens ein "unabhängiger Shinbuddhist" für sich geltend machen wollen, nicht aber ein Anhänger der beiden Honganjis oder auch anderer Zweige der Jôdo Shinshû, welche sich auf Rennyo Shonin beziehen.


    Und dann gibt es ja immer noch Shinran Shonin's Zitat aus dem Tannishô:
    "Ich weiss nichts von Gut und Böse. Wenn ich mit Sicherheit aus dem Geist des Buddha wüsste, "diese Tat ist gut", dann wüsste ich, was gut ist. Wenn ich wüsste, wie der Buddha weiss, dass eine Tat böse ist, dann würde ich das Böse kennen. Aber für ein dummes Wesen voll von blinden Leidenschaften in dieser sich stetig wandelnden Welt -diesem brennendem Haus- sind alle Thesen ohne Ausnahme Lügen und Geschwafel, absolut ohne Wahrheit und Sicherheit. Das Nenbutsu allein ist wahr und real."


    Das "Wollen" ist eben bereits das Problem an sich!


    In Erinnerung an ein Zitat von Patrul Rinpoche, nämlich
    "Folge dem Beispiel einer alten Kuh: Sie ist zufrieden damit, in der Scheune zu schlafen. Du musst (fr)essen, schlafen und scheißen - das ist unvermeidlich. Darüber hinaus hat dich nichts zu kümmern!
    Tu, was du tun musst - und bleib für dich!
    "

    würde ich dann den Shinbuddhismus auch wie folgt zusammenfassen:


    "Vertraue auf Amida-Buddha und tu, was ansteht und wahrhaftig getan werden muss."


    < gasshô >


    Benkei


    Namu-Amida-Butsu