Beiträge von diamant im Thema „Felsentor“

    Natürlich ist es ein Zirkelschluss, wenn man von Authentizität redet und dann später betont, dass es in der Sotoshu nun mal so und so sein müsse, wenn man sich "Zen-Priester" nennen will. Brad Warner nennt sich z.B. Zen-Priester, hat aber diese Bedingungen der Sotoshu nicht komplett erfüllt. Es gibt sicher viele, die ihn für authentisch halten. Authentizität entsteht im Auge des Betrachters.


    Was ein Mönch ist, hat schon Obaku erklärt. Das ist einer, der sich dem Zen-Verständnis des Dharma widmet. Er übt sich im Loslassen, ums kurz zu machen.


    Ich habe mal mit einem Gangsterboss geredet. Sehr authentisch. Wenn der Gewalt ankündigte, konnte man davon ausgehen, dass er Wort hält.


    Auch mein Schuster ist authentisch. Dazu bedarf es also keines Buddhismus, Dharma oder Zen. Insofern finde ich es schon erstaunlich, wenn man nur 3 authentischen Menschen begegnet ist. Es sei denn, man verengt diesen Blick auf o.g. Zen-Zirkelschluss: Authentisch ist ... (es folgt eben das, was der Authentische oder sein Kreis selbst so definiert). Ich bin oft authentischen Menschen begegnet, die nichts mit Zen am Hut hatten.


    Ich bezweifle, dass man Zen verwirklicht, wenn man "Libido" zum Kriterium eines Lehrers macht (auch wenn ich Beziehungen zu Schülern/Schülerinnen im Zen für unangebracht halte, wenn sich jemand schon auf ein Lehrer-Schüler-Verhältnis kapriziert). Dann hätte eigentlich schon jeder verloren, der sich eine Frau hält. Das sind so dämliche Restwirkungen des Theravada. Die Frage ist bei der Libido, ob man davon lassen kann. Diese Frage ist z. B. bei Genpo, Shimano und Joshu Sasaki gar nicht so leicht zu beantworten, wenn man die Details nicht kennt. Im Augenblick sein, im Hier und Jetzt (um ein Zenklischee zu bemühen), das kann eben auch bedeuten, eine erotische Spannung einfach auszuleben, bis sie vergeht. Wenn sich Ehe- oder sonstige Partner sogar eine offene Beziehung erlauben, welches Recht hätte dann die Sangha, darüber zu richten?


    Leichter ist die Kritik in Sachen Luxussucht. Die drängt ja nach außen, während die Libido oft nach Diskretion verlangt. Es ist also offensichtlicher, dass bestimmte Lehrer die Übung des Loslassens nicht beherrschen, was ihre materiellen Bedürfnisse angeht. Das sind - im Gegensatz zur Libido - meist keine Momentaufnahmen, das ist eine Dauerzustand des Schmückens.


    Interessant ist hierbei auch, dass bestimmt vielen entgeht, wie "authentisch" das Sexleben etwa eines Joshu Sasaki gewesen sein könnte.


    Insgesamt bedaure ich wirklich, wie viele auch hier auf die Prüderie der US-Amerikaner hereinfallen und nicht erkennen, welche Paranoia sich da längst breit macht. Jüngster Fall ist Bill Cosby. Das New York Magazine bildet fast drei Dutzend Frauen (die meisten auffallend hässlich und übergewichtig, wenn auch zugegeben gealtert) ab, die Cosby, auch in Endlostonschleifen auf der Webseite des Magazins, Missbrauch vorwerfen, ohne dass sie ihn zuvor vor Gericht gebracht hätten. Diese öffentlichen Hinrichtungen (auch die Spinnerin, die Karl Dall verklagte, geht ja in die Berufung) sind eine widerliche Krankheit einer puritanisch verwirrten Gesellschaft, von der wir uns nicht anstecken lassen sollten. Von diesem ganzen Geschrei wird nur wenig Justiziables bleiben, aber eine Menge Selbstdarstellung von (wo und von wem auch immer) gekränkten Frauen. Man könnte darin auch ein Scheitern der Frauenbewegung und des Feminismus sehen, wenn es Dekaden dauert, bis irgendwelche rhetorisch verschleierten Dinge berichtet werden. Es wird sich freilich zeigen, dass die Hauptarbeit darin liegen wird, aus einem riesigen Lügengebäude ein paar peinliche Fakten für Cosby zu extrahieren. Das ist leider auch bei Shimano und Sasaki nicht gelungen, und bei Merzel ebenso wenig, obwohl er den anderen im Zen nicht das Wasser reichen konnte. Sexuelle Prüderie wird hier zum Gleichmacher der Kritik. Erbärmlichst.


    Zitat

    Der Fall Merzel hat ne lange Geschichte, die sogar bis auf die zurückreicht, die ihn in sein vormaliges Amt gehievt haben. Keine besondere Überraschung.


    Richard Baker "Roshi" wurde von Shunryu Suzuki Roshi ins Amt gehoben. Ähnliche Vorwürfe wie bei Merzel brachten ihn zu Fall. Nun müsste man hier also von einer "Überraschung" ausgehen. Ist es aber nicht, weil die o.g. Prüderie ein Ritual ist. Das fehlende Überraschungsmoment besteht darin, dass es nicht gelungen ist, sich von dem sila zum Ehebruch zu verabschieden (wie es der größte Teil der Nicht-Buddhisten und - heimlich - wohl auch der Buddhisten in der Praxis tun dürfte), und dies stattdessen mit christlicher Sexualmoral zu einem stinkenden Sündenbrei vermischt wird. Es bräuchte womöglich nur ein bisschen Recherche zu Sawakis und Deshimarus Sexleben, und schon wieder würden irgendwelche Leute überrascht. Insofern geht Elkes Hinweis in die richtige Richtung: Wehe dem, der einen anderen auf dem "hohen Sitz" sieht!

    Vielen Dank erstmal an Aiko, habe wieder interessante neue Details von Dir erfahren.


    Wenn man wissen will, ob etwas in der Sotoshu korrekt verzeichnet ist, kann man sich an info@sotozen.eu wenden, die europäische Dependance der Soto-Schule.


    Zu dem Begriff "Priester" (den "Osho" gibt es ja auch im Rinzai) ist zu sagen, dass er üblicherweise nicht geschützt ist. Daraus folgt schon, dass sich in den meisten Ländern jeder so nennen kann. In manchen Religionen wie dem Judentum und Islam braucht man gar keine Priester. Das ist leider im Buddhismus dumm gelaufen. Als Beispiel brachte ich hier schon mal Brad Warner - er nennt sich Zen-Priester, aber er hat gar nicht die nötige Ausbildung vollständig durchlaufen, die dafür vorgesehen ist von der Soto-Schule. Auch er ist also ein Beispiel dafür, dass sich im Grunde jeder Zen-Priester nennen kann. Auch wenn man von einem solchen erwarten dürfte, dass er Zeremonien so durchführen kann, wie in Japan üblich. Im Dhammapada hei0t es (20. Vers meiner engl. Übersetzung), dass derjenige einen Anteil an der Priesterschaft habe, der dem Dharma folge, Leidenschaften, Hass und Illusionen aufgegeben habe und Gleichmut besitze.


    Erst recht kann man sich "Zen-Mönch" oder "Zen-Nonne" nennen. Dazu wird im Grunde nur nötig sein, dass man eine aufrichtige Entscheidung trifft, den Zenweg mit seinen üblichen Vorstellungen zu üben (z.B. "Loslassen", "Erwachen", "Zazen"). Wenn man das versteht, gibt man auch nix mehr auf solche Benennungen.


    Die Lage im Christentum ist etwas komplexer. Es gibt Orden, die nur ein Gelübde in den Vordergrund stellen (wie die Dominikaner den "Gehorsam"), andere betonen die Gebundenheit an ein Kloster (wie die Benediktiner). Und es gibt in der Regel zeitlich begrenzte Gelübde, die man wiederholt erneuern kann (z.B. jährlich) oder aber in "ewige Gelübde" überführen.


    Zu Kobun Chino: Was für eine Tat! Ohne nachzudenken als Nichtschwimmer in den Teich zu springen, um die Tochter vielleicht noch zu retten! Auf der anderen Seite steht da die Dummheit und Achtlosigkeit der beteiligten Eltern (oder auch der Sangha incl. Palmers). Ich muss sogar dann ständig in der Nähe sein, wenn das Kind Schwimmflügel im Nichtschwimmerbecken trägt. Wenn bloß einer davon wegrutscht, wird's schon gefährlich.


    Wenn ich Vanja Palmers seltsame Ideologie zum Schwein usw. (alles hier schon diskutiert oder anderswo) lese, dann ist da eine Welt zwischen ihm und Kobun Chino. Auch wenn man Kobun liest oder hört, kann sich einem das erschließen. Selbst wenn er Vanja irgendeinen Rang verliehen hätte, er wäre ja nicht der erste, der sich da geirrt haben könnte. Auf der anderen Seite versucht Vanja wohl so seinen Teil der Verantwortung abzutragen.