Namaste!
Hallo Cravin,
ich wüsste nicht, dass Nichiren oder Shinran irgendwas über Homosexualität gelehrt hätten... mir würde auf Anhieb keine ihrer Schriften einfallen, in welcher dieses Thema überhaupt behandelt wurde.
Hier muss man aber auch bedenken, dass die Frage der Sexualität im Allgemeinen dem Weg-Aspekt "Ethik" zugerechnet wird [bezogen auf den Dreifachen Weg aus Ethik, Praxis und Erkenntnis], und dass es sich bei den beiden genannten Meistern um solche handelte, die den Praxis-Aspekt eher zugeneigt waren, vielleicht auch dem Erkenntnis-Aspekt, wenn man "Vertrauen" hierunter fasst. [Shinran mit seiner Praxis des Nenbutsu und seinem Vertrauen in Amida Buddha; Nichiren mit seiner Daimoku-Praxis und sein Vertrauen ins Lotos-Sutra.]
Für Nichiren war das Mappô-Zeitalter, also das Zeitalter des Verfalls des Dharma angebrochen, so dass er im "Einhalten der buddhistischen Gebote" keinen gangbaren Weg zur Erleuchtung mehr sah. Insoweit verteufelte er auch die Shingon-Ritsu Shû, welche sich für eine Reinstallation des Pratimoksha-Vinaya in Japan stark machte und auch ansonsten die gängigeren Gebote des Brahmajala-Sutra hoch hielt.
Ob nun in der Nichiren Shû oder der Nichiren Shôshû Laien und Priester überhaupt noch ethische Gelübde nehmen, kann ich nicht genau sagen. Soweit ich weiß nicht. [Anders sieht es hier wohl bei der Nipponzan Myôhôji-Schule des Nichiren-Buddhismus aus, wo - soweit ich weiß - die Mönche zölibatär leben.]
Shinran hingegen, der im Gegensatz zu Nichiren den Zölibat aufgegeben und geheiratet hatte, hatte die buddhistischen Gelübde als "für einen sündigen Menschen voll von blinden Leidenschaften" nicht erfüllbar zurückgewiesen, und verlangte folglich von seinen Anhängern auch kein entsprechendes Bekenntnis.
Sowohl In der Jôdo Shinshû als auch in den genanten Nichiren-Schulen werden wohl keine die Sexualität betreffenden Gelübde gegeben und genommen. Gleichwohl gilt natürlich das dritte Sîla bzw. das dritte Jukai also die "Abstandnahme von sexuellem Fehlverhalten" als Richtlinie.
Wie das dann ausgelegt wird, kommt dann sehr auf die (Welt-)Offenheit (oder -Fremdheit) des jeweiligen Lehrers, Priesters oder Tempelvorstehers an.
Im tibetischen Buddhismus fällt Homosexualität traditionell unter "Sexuelles Fehlverhalten".
Das kann man in Gampopas "Juwelenschmuck der Befreiung" unter dem entsprechenden Kapitel (bei mir Seite 74 in der Übersetzung von Albrecht Frasch) nachlesen.
Das ist dann aber, wie gesagt, die "traditionelle" Sichtweise.
Der Dalai Lama hat sich da schon häufig wesentlich aufgeschlossener geäußert und auch schon eine "Anpassung an die Erfordernisse der heutigen Zeit" angedeutet.
< gasshô >
Benkei
Namu-Shakamuni-Butsu