Beiträge von Sudhana im Thema „Geisteskrankheit im Buddhismus“

    diamant:

    Warum heißt du hier eigentlich nicht Sôgen?


    Weil ich hier als Sudhana unterwegs bin - wie Diogenes am hellichten Tag auf dem Markt mit der Laterne, unterwegs zur nächsten Station
    Warum heisst Du hier eigentlich "diamant"?


    Nee, vergiss es. Interessiert mich nicht wirklich.


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    diamant:

    Bitte nicht nur behaupten, sondern sinnvollerweise die Gründe, die im Vinaya dafür genannt werden, Menschen mit Ekzemen usf. auszuschließen, auch hier anführen.


    Die von mir verlinkte "Hintergrundgeschichte" in MV.I.39 sollte doch eigentlich ohne weiteres, d.h. ohne von mir selbst hinzugefügte Erläuterungen, verständlich sein. Wobei schon das noch immer deutlich mehr Beleg ist, als Du selbst geliefert hast aber trotzdem hier einforderst. Die sog. "fünf Krankheiten" - Lepra, Geschwüre, Ekzeme, Tuberkulose und Epilepsie (wobei nicht mehr aufzuklären ist, welche Krankheiten exakt mit den Symptomen Ekzeme und Geschwüre gemeint waren) - wurden als Ordinationshindernisse (anatarâyike dhamme) definiert, weil zum einen Personen mit diesen Krankheiten den Sangha mit ihrer Pflege und medizinischen Versorgung belasteten und weil zum anderen derart erkrankte Personen mit der falschen Motivation in den Sangha eintraten - eben, um Anspruch auf Pflege und Behandlung durch den Sangha zu haben.


    Dass diese anatarâyike dhamme mit ästhetischen Gesichtspunkten oder auch mit Angst vor Ansteckung - wie unterstellt - zu tun hatten, lässt sich mE aus den einschlägigen Vinaya-Texten nicht herauslesen. Aber - man lese selbst, die wichtigsten Fundstellen habe ich angegeben. Auf eine solche Idee kann man nur kommen (bzw. sie Anderen nahelegen), wenn man nur auf den als Rezitationstext sehr knapp formulierten Pâtimokkha verweist und dessen ausführliche Erläuterung im Suttavibhanga (dazu gleich) und den Khandhakas nicht kennt bzw. ignoriert. Man sollte sich übrigens grundsätzlich vor Augen halten, dass der (Bhikkhu-)Sangha nicht als eine karitative Gesellschaft konzipiert war. Karitatives Handeln war Laienpraxis, während Bhikkhu lediglich das absolute Minimum an Subsistenzmitteln erbetteln sollten, um ihnen insbesondere die intensive Praxis des 7. und 8. Pfadgliedes zu ermöglichen. Dass dies das Potential der Praxis des Pfadgliedes "rechtes Handeln" beschränkt, ist evident. Ob man das nun gut oder schlecht, super oder irgendwie nicht ganz okay findet, ist eher persönliche Geschmackssache. Meine Meinung dazu behalte ich für mich.


    Im Übrigen bedeuten diese anatarâyike dhamme nicht, dass es nach Erlass der Bestimmung keine Bhikku mit solchen Krankheiten mehr gab. Die Erkrankungen konnten ja auch nach der Ordination auftreten (die dann offensichtlich nicht durch die Erkrankung motiviert war) und sie waren dann kein Grund für einen Ausschluss (Pârâjika). Das ist nicht nur durch das Fehlen der "fünf Krankheiten" bei den Ausschlussgründen belegt, sondern folgt auch explizit daraus, dass es für Bhikkhu ein mit einer Bußstrafe belegtes Vergehen ist (Pâcittiya), in herabsetzender oder beleidigender Absicht (omasavâde, "in verletzender Sprache") einem anderen Bhikku vorzuwerfen, er habe eine dieser Krankheiten - wobei es ohne Belang ist, ob dies der Wahrheit entspricht oder nicht (Suttavibhanga, Pâcittiya 2).


    Dazu noch eine Anmerkung. Natürlich kann man die Ordinationspraxis und generell das Verhalten zeitgenössischer Theravada-Bhikkhu an den durch den Vinayapitaka des Palikanon vorgegebenen Bestimmungen messen und öffentlich kritisieren, wenn man das denn für eine sinnvolle Beschäftigung hält. Umgekehrt aus fragwürdigem (oder schlimmerem) Verhalten zeitgenössischer Theravada-Bhikkhu (aller? vieler? einiger?) ohne weiteres (d.h. ohne nachvollziehbare Argumente) auf eine Fragwürdigkeit des Vinaya zu schließen, ist dann doch etwas zu kurz gesprungen.


    diamant:

    Weitere Ausschlussgründe, und das mag man wirklich kaum fassen: Chronischer Husten und Asthma, Hämorrhoiden (!, ein weiterer Hinweis darauf, dass die Ausschlussgründe Homo- und Bisexualität nur vorgeschoben waren und es darum gehen dürfte, dass die Mönche möglichst gut aussehen und selbst ihr Arsch in Ordnung ist, man verzeihe mir diese Deutlichkeit).


    Ja, wirklich kaum zu fassen. Besonders, weil es gar nicht im Vinaya steht. Oder kannst Du eine Belegstelle angeben? Asthma wird in manchen Übersetzungen anstelle von Schwindsucht / Tuberkulose angegeben, mE ohne hinreichenden Grund (auf diesen nicht hinreichenden Grund komme ich gleich). Ein Beispiel dafür, wie schwierig es ist, in solch alten Texten angegebene Krankheiten (s.o. "Geschwüre, Ekzeme") sicher zu identifizieren. Das haben wir z.B. auch bei Thukydides' Schilderung der "Pest" während des peloponnesischen Kriegs, obwohl Thukydides die Symptome recht ausführlich schildert. Diese Schwierigkeiten gab es wohl schon im 4. Jahrhundert n.d.Z. - die von Dir genannten Erkrankungen (eben auch Asthma) werden nämlich im Samanta-pâsâdikâ genannt, Buddhaghosas Vinaya-Kommentar. Zwar auch ein alter Text, aber immerhin erst ca. 800 - 900 Jahre nach dem Vinaya entstanden. Buddhaghosas Auslegung zielt natürlich nicht auf attraktives Frischfleisch für schwule Bonzen ab, sondern deutet die im Vinaya genannten "fünf Krankheiten" stellvertretend für alle Krankheiten, die chronisch, übermäßig schmerzhaft und / oder abstoßend sind. Letztere (eindeutig subjektive) Qualifizierung hat zweifellos ein ziemlich widerliches "G'schmäckle" und zeugt nicht gerade von fortgeschrittener Dhamma-Praxis, wenn auch nicht zwingend von einer homosexuellen Veranlagung Buddhaghosas. Dass viele (manche? alle? einige?) zeitgenössische Theravadin in Bezug auf die "fünf Krankheiten" Buddhaghosas Auslegung folgen, will ich gar nicht in Abrede stellen. Das macht aus seinem Kommentar aber noch lange keinen kanonischen Text und aus diesen Theravadin noch lange keine lüsternen Homosexuellen.


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    diamant:

    Interessant sind vielmehr die ganzen Ausschlussgründe körperlicher Art für eine Ordination. Man will keine Leute mit Ekzemen, Lungenkranke, Epileptiker (wenn man das mal in modernere Begriffe übersetzt) ... http://www.buddhisma2z.com/content.php?id=295


    Zum Verständnis dieser Zulassungsbeschränkungen ist es sinnvoll, sich nicht nur auf die Beschreibung der Ordination in einem "Guide to Buddhism A To Z" zu beziehen, sondern sich auch einmal die entsprechenden Passagen im Vinaya selbst anzuschauen - dort nämlich werden die Gründe für den Ausschluss auch tatsächlich genannt. Wie stichhaltig diese Gründe im damaligen historischen Kontext waren bzw. wie sie in ethischer Hinsicht zu werten sind, mag jeder für sich selbst erwägen. Natürlich auch, ob diese Begründungen unter heutigen Bedingungen noch stichhaltig sind.


    Im von 'diamant' angegebenen Link ist nur auf die Standardedition des Palitextes (Vinaya Piṭaka, ed. H. Oldenberg, PTS London 1879-83) referenziert - für Indologen durchaus sinnvoll. Wer's jedoch in einer Übersetzung nachschlagen will - die Fundstellen sind MV.I.39 (http://palikanon.com/vinaya/mahavagga/mv01_08_39-53.htm) und MV.I.76 (http://palikanon.com/vinaya/mahavagga/mv01_08_39-53.htm). Der zweite Link ist derzeit leider tot, daher noch der Link zur englischen SBE-Übersetzung:http://www.sacred-texts.com/bud/sbe13/sbe1312.htm.


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    RolfGe:

    Zum Thema selber kann ich aus der Sicht der Psychiatrie (mein Arbeitsfeld) sagen,
    das man zumindest von Meditation für bestimmte Krankheitsbilder abrät. Vor allem
    da wo es darum geht, das "Ich" zu festigen, also zB bei Psychosen.
    Die Achtsamkeitsmeditation ist aber selbst hierbei ok, nach Ansicht eines leitenden Oberarztes


    Das deckt sich mit meinem (unfachmännischen, aber durch Gespräche mit Fachleuten erworbenen) Kenntnisstand. Bei einer Psychose mit drohendem (pathologischen!) Ich-Verlust würde ich von z.B. Zazen dringend abraten - es sei denn, der Lehrer / die Lehrerin ist im 'Zivilberuf' Psychiater oder klinischer Psychologe.


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    Thursday:

    Die Angaben im Culla Vagga IV.5 - finde ich nicht. Wäre nett, wenn das Sudhana mal hier zitiert.


    Mit einem Zitat aus einer deutschen Übersetzung kann ich leider nicht dienen. Auf sacred-texts.com steht jedoch erfreulicherweise die komplette Reihe 'Sacred Books of the East' (SBE) zur Verfügung. Ich musste sie mir in Vor-Internetzeiten (damals, im finsteren Mittelalter ...) noch bei Motilal Banarsidass in Varanasi bestellen und ein paar Monate auf die Zustellung warten. Jedenfalls - Band 13, 17 und 20 enthalten die Vinaya-Übersetzung von T.W. Rhys Davids und Herman Oldenberg. Direktlink zu CV.IV.5: http://www.sacred-texts.com/bud/sbe20/sbe20006.htm


    Bei Problemen mit dem englischen Text bin ich ggf. gerne behilflich.


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    Tara4U:

    @ Mirco


    ich hatte vor 2 Tagen um den Nachweis aufgrund einer hartnäckigen Behauptung von Sakko im Chat gebeten, in der er sagte, dass "G.Buddho" Geisteskranken von der Beschreitung/Meditation des 8fachen Pfades abriet.
    Es interessierte mich u.a. zu wissen, was denn damals so als Geisteskrankheit erkannt wurde.
    Leider finde ich hier nichts.


    Im Palikanon wird Geisteskrankheit (umatta) exemplarisch anhand des Bhikku Gagga (no joke, der hieß wirklich so ...) behandelt, und zwar im Vinaya. Genauer in MV.II.25 und CV.IV.5.
    Beim Studium der Texte zeigt sich, dass Geisteskrankheit bzw. dadurch bedingtes Fehlverhalten von Bhikkus durch den Sangha zu tolerieren ist. Voraussetzung ist ein entsprechender Sangha-Beschluss, wonach der Bhikku als 'Verrückter' (ummattaka sammuti) anzusehen und mit entsprechender Nachsicht zu behandeln ist.


    Das impliziert, dass derartigen Personen nicht von der Praxis des achtfachen Pfades abgeraten wird - ihr Verbleiben im Sangha hätte sonst keinen Sinn. Dass bestimmte Praktiken bei psychisch Kranken kontraindiziert sein können und daher eher zu meiden sind, ist lediglich ein Grund, bei der Wahl der Mittel vorsichtig zu sein.


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