Beiträge von void im Thema „Andere belehren“

    Elke:


    Ja, ich fand deine Anmerkungen bezüglich freundliches und unfreundliches Rücksichtslos sein schon ziemlich, sagen wir mal verkopft. Da hab ich mich eben freundlich rücksichtsvoll/los? nach deiner Gesundheit erkundigt. :|


    Ok. Kann ich nachvollziehen. Ich laufe wohl noch nicht ganz rund....

    Sherab Yönten:

    Es ging ja nicht nur um den Begriff "Rücksichtslosigkeit" sondern um den Begriff "freundliche Rücksichtslosigkeit" . Das ist klingt in etwa so komisch wie der "altruistische Egoist".


    Tur mir leid, dass ich da so kompliziert bin.


    Es gibt ja manchmal mitten in Flüssen so Felsen, gegen die die Strömung anbrandet. Wenn man das Geschehen von weiter weg betrachtet, dann merkt man, dass der Felsen einfach nur still steht, während es die Strömung ist, von der all die Energie ausgeht. Zommt man dagegen rein, dann sieht es so aus, als würde der Felsen agressiv durch die Wasseroberfläche pflügen.


    Das ist z.b bei Leuten wie Gandhi so. Aus einer bestimmten Perspektive egsehen stand er einfach nur freundlich an einer Stelle, aus einer anderen Perspektive war das was er gemacht hat eine Revolution.

    Jojo:
    Thursday:

    Einer der Vorfahren von Sheng yen - falls du es nicht mitbekommen hast - mir geht es um die Frage, die der Textauszug anspricht - um das was dein Problem mit Meistern oder denen aus der zweiten Reihe ist. Leute, die andere führen wollen und sich dafür eine religiöse Qualifikation zusammen basteln, müssen sich in einer Demokratie anders legitimieren. Sonst haben wir alle die Probleme, die charismatische Führer so bereiten, samt ihrer AnhängerInnen. Das Guru-Prinzip ist Schlüssel zum Missbrauch.


    Mir ging es in dem Text um die Unterscheidung zwischen "killing methods" (Methoden, die töten) und "methods that bring life" (Methoden, die zum Leben erwecken).


    Ist das denn wirklich ein Unterschied in der Methode? Für einen Lehrer geht es doch darum, gleichzeitig diejenigen Türen zu versperren ("killing method"), die nicht der Weg sind und diejenige Tür zu weisen ("methods that bring life") , die tatsächlich den Weg darstellt - das ist eine Einheit.


    Jetzt ist nur ein wenig das Problem, das mit der letzteren Tür nur die wenigsten Bekanntschaft gemacht haben. Und deswegen genau wissen, was sie da "zum Leben bringen" müssen.


    Für all die anderen "älteren Geschwister", "alten Hasen" und Pseudo-Meister macht es Sinn, über das zu reden, wovon sie eine Ahung haben. Was man alles falsch machen kann und wie an das umgehen kann - das "Versperren der anderen Türen".


    Das Extrem ist, seine Schüler nur weit genug in die Wüste reinlaufen zu lassen, da man da ja irgendwie auf der anderen Seite auskommen muss - in der Theorie.

    Jojo:

    Hinweis, ich schreibe hier als user, es ist voids Beritt.
    Bitte @ void, verschiebst du den Fred nach Zen? Fällt mir jetzt auf, dass es ja kein allg. buddh. Thema ist, sondern doch spezifisch Zen.


    Schliesslich nur zur Info, der Text ist nicht von Sheng Yen, sondern von jemandem namens Yuanyun Jiexian (1610-1672).
    Keine Ahnung, wer das ist, aber vielleicht gelingt es ja auch bei ihm, irgendwelche Schmutzwäsche zutage zu fördern?


    Ich war gestern krank und Jojo hat mich dankenswerterweise als Mod vertreten. ich habe den Thread in das Zenforum verschoben.

    Rücksichtlosgkeit ist als eine Haltung definiert, die die "Gefühle und Interessen andere" missachtet.


    Das kann natürlich aus egoistische Motiven geschen und wird es wohl auch meistens.


    Aber auch ein Pazifist im ersten Weltkrieg wird sich gegen die "Gefühl und Interessen der Mehrheit" wenden, also "rücksichtslos gegenüber Kaiser und Vaterland" handeln. Es gibt Sachen, denen genegenüber es manchmal gut ist rücksichslos zu sein.


    Natürlich kann man auch "rücksichtsvoll" gegenüber all den besorgten Bürger in einem Nazi-Kaff sein und ihre kleinlichen Ängste ernst nehmen, dass sie wenigstens im Schimmbad kein schwarzen Gesicht sehen wollen.


    Oder denke doch an Buddha, als er von zu Hause weg ging. Wo er natürlich die Interessen seiner Frau und seines Kindes missachtete. Und natürlich die Interessen seines Vaters, möglicherweise einen Nachfolger zu haben.

    Sherab Yönten:
    void:

    "Entschuldigen Sie bitte, ich möchte heute diesen Platz für mich,
    weil das ein Behindertensitz ist und ich gebrechlich bin ?"


    Das ist für mich trotzdem keine freundliche Rücksichtslosigkeit, sondern eine freundlich ausgesprochene Bitte.


    Das ist so, weil wir das Wort so definieren, dass es nur das bezeichnet, was wir nicht billigen. Wo unserer Meinung nach Rücksicht geübt werden sollte aber nicht wird.


    Ich hatte mal einen rassitische Arbeitskollegen, der fand es vollkommen rücksichtlos Seitens der Behörden, dass ein Türke mit zwe Kindern mehr Kindergeld bekommt als er mit einem einem Kind. Wo die Türken doch eh schon genug Kinder hätten.


    Wenn in der Bahn kein Platz mehr ist und ein älterer und gebrechlicher Mensch kommt rein sagt:


    "Entschuldigen Sie bitte, ich möchte heute diesen Platz für mich,
    weil das ein Behindertensitz ist und ich gebrechlich bin ?"


    Weil er eben auf die Bedürfnisse einen "jungen Lümmels" einen zweiten Platz für seine Füsse zu beanspruchen, keine Rücksicht nehmen muss.

    ]

    Jojo:

    Rücksichtslosigkeit ist kein Zeichen von Verwirklichung, auch im Zen nicht.


    Ich find das eine schwierige Sache.


    Mir ist neulich bei dem Wort "Achtsamkeit" aufgefallen, dass man das kaum verwenden kann, ohne dazu zu sagen, auf was man da jeweils achtet. Gerade weil es ja Leute gibt, die das so umdefinieren, dass es nur mehr so eine Art von "Betulichkeit" bedeutet.



    Genauso muss man bei dem Wort "Rücksichtslosigkeit" wohl fragen, auf was da keine Rücksicht genommen wird.


    Ich bin ja nicht sehr erleuchtet, d.h. ich hafte an allem möglichen Pillepalle: An Wehwehchen, Befindlichkeiten, Ideen wir alles zu sein hat und so weiter. Von daher bin ich froh, mal jemand zu treffen der da einen weiten, freundlichen Blick hat, der nicht an solchem Pillepalle kleben bleibt.


    Einen weiten Blick und eine tiefe Freundlichkeit zu haben, bedeutet aber doch auch irgendwie "rücksichtlos gegenüber all dem Pillepalle" zu sein. Und auch den Menschen unvoreingenommen zu begegnen und keine Rücksicht darauf zu nehmen, ob sie klein oder groß, jung oder alt, Punker oder Bänker sind.


    Was auch bedeuten kann, dass man sich, wenn man sich unglaublich viel darauf einbildet ein Punker und kein Bänker zu sein (oder umgekehrt) diese Freudlichkeit als Zurückweisung und Rücksichtlosigkeit empfindet. Man kriegt das Gefühl, dass man dem anderen in seiner Indivdualität - in dem wo man sich unterscheidet - vollkommen egal ist. Das da auch jeder andere mit der gleichen Freundlichkeit empfangen würde.


    Von daher hab ich das Gefühl, man müsse zwischen einer "freundlicher Rücksichtslosgikeit" und einer "unfreundichen Rücksichtslosgikeit" unterscheiden. Klingt das Sinnvoll?