Beiträge von Bodhidasa im Thema „vom Arbeitgeber zum Lügen genötigt - wie verhalten?“

    Hallo liebe Fragezeichen,


    Fragezeichen:

    Na ja, für eine Bodhisattva halte ich mich ja nicht gerade (rotwerd), da bin ich m.E. nach noch weit von entfernt ;) .


    Ich möchte da einmal gegensprechen - und nur kurz zitieren:


    Die Prajnaparamita-Texte betonen, der Bodhisattva habe sein Mitleid durch Weisheit (prajna) zu kontrollieren.
    Wie soll der Bodhisattva sich verhalten, wenn jemand von ihm Hilfe durch eine ethisch bedenkliche Tat erwartet? Soll er die Hilfe verweigern oder die Verfehlung auf sich nehmen?
    Das Upayakausalyasutra, von Santideva zitiert, bejaht die zweite Alternative:
    "Wenn ein Bodhisattva (in) einem Wesen die Wurzel des Verdienstes entstehen läßt derart, daß er (selbst dabei) ins Unglück geriete (und) hunderttausend Weltzeitalter in der Hölle gekocht würde, dann hat der Bodhisattva das Unglück, das höllische Leiden geduldig auf sich zu nehmen (und) nicht das Heil des einen Wesens preiszugeben."


    Dies macht sehr gut deutlich, um wieviel höher als formale Ethik der Buddhismus das Ideal des Mitleids stellt.
    Man muß kein Buddhist sein, um ein Bodhisattva zu sein.


    Gute Beispiele für Personen, die meinem Verständnis nach Bodhisattvas sind / waren, wären z.B. David McTaggart, Mahatma Gandhi oder Michael Aufhauser. Aber auch Personen in meinem nächsten Umfeld. Mir fällt da ein Obdachloser ein, der einem Jungen einmal eine Börek gekauft hat ...
    Nach buddhistischem Verständnis gibt Bodhisattvas so zahlreich wie Sandkörner im Ganga-Fluß.


    Bedanken möchte ich mich noch bei Akuma. Er / sie hat vollkommen recht, die Verfassung garantiert die völlige Ausübungsfreiheit deiner Religion, daß heißt auch, man darf sie nicht als Kündigungsgrund heranziehen.


    Mögen diese Worte für Klarheit sorgen. Wenn sich Fehler in das Zitat eingeschlichen haben sollten, so sind diese Fehler bei mir zu suchen.


    Bodhidasa

    Liebe Fragezeichen,


    ich möchte dir mein tiefstes Mitgefühl versichern.


    Deine Situation ist nicht einfach. Wärest du alleine, und niemand wäre von dir abhängig, wäre die Sache sehr einfach: Aufhören zu lügen - und wenn dir dann gekündigt wird, sieht ein Richter in Deutschland rot. Man kann nicht kündigen, weil ein Mitarbeiter sich ethisch/moralisch richtig verhält.


    Zitat

    Ich bin auf diesen Job dringend angewiesen, da ich auch noch meinen schwerkranken Mann miternähren muss (er ist erwebsunfähig).


    Sei dir versichert. Allein schon die Tatsache, das du dich von einem erwerbsunfähigen Partner nicht abwendest, sondern ihn versorgst und damit für euch beide Opfer bringen mußt, macht dich in meinen Augen zu einer Bodhisattva - und ich wünschte, meine Praxis wäre auch nur halb so weit wie deine.
    Was nützt die schönste Theorie, wenn nicht die Praxis des Mitgefühls gelebt wird.


    Dein Entschluß dir eine andere Arbeitsstelle zu suchen ist weise, und ich hoffe sehr, daß du recht bald Erfolg haben magst. Hast du es einmal damit versucht, einen Telearbeitsplatz zu finden? Dann wäre es dir vielleicht auch möglich von zu Hause aus zu arbeiten. Leider kenne ich mich in diesen Dingen nicht gut aus, so hoffe ich denn, das jemand der aus diesem Fachbereich kommt dir mit Rat und Tat zur Seite stehen kann.



    Das Gefühl, das beim Lügen aufkommt kann ich dir nicht nehmen, doch kann ich dir sagen, daß es einen karmischen Unterschied macht, ob du der Verursacher der Lüge bist, oder der Überbringer. Es ist wie bei einem Schuß mit einer Pistole. Nicht die Kugel ist es, die tötet, sondern der Mensch hinter dem Abzug.


    Du kannst natürlich jedesmal vor einer solchen Lüge, die du weitergeben sollst, ein Gespräch mit deinen Vorgesetzten suchen, und auf sie einreden. Dies wäre aber nur zweckdienlich, wenn du dadurch nicht deine Arbeitsstelle gefährdest!


    Ich wünsche dir viel Kraft, du bist in meinen Augen ein wahres Beispiel!