Beiträge von Jojo im Thema „Schulterproblem beim Zazen“

    AvocadoEric:

    - Es gibt sitzungen da kann ich durchgehend einen Gegendruck ausüben
    - das stört doch immens
    - ich ziehe mich auch kopfabwärts hoch um aufrecht zu sitzen.


    Erst mal herzlich willkommen, AvocadoEric.
    Die zitierten Stellen sind mir aufgefallen.
    Das heisst, du versuchst, aktiv gegen diese Körperbewegung zu arbeiten, um eine (ideale) Zazenhaltung zu bewahren?


    Folgendes ist nur eine Meinung, basiert auf meinen persönlichen Erfahrungen. Es kann sein, dass das für dich nichts ist, dass du mit anderen Vorstellungsbildern arbeitest. Es kann sein, dass andere das anders sehen. Du musst es ausprobieren und dann selbst urteilen, ob mein Geschreibsel für dich sinnvoll ist oder nicht.


    Ein Besuch beim Arzt (oder noch besser bei einem *guten* Osteopathen, der sich sehr gut mit Diagnosetechniken auskennt), ist m.E. auf jeden Fall sinnvoll.


    Mein Eindruck ist: Du scheinst die Körperhaltung beim Sitzen aktiv aufrechtzuerhalten.
    M.E. geht es beim Sitzen aber ganz und gar nicht darum, aktiv (und mit Mühe) eine bestimmte Körperhaltung einzunehmen und diese dann aktiv (mit Anstrengung) zu bewahren.
    Es geht darum, in einer sehr entspannten und physisch vollkommen unangestrengten Weise lange Zeit bewegungslos zu sitzen, um so - vor dem "Spiegel" des unbewegten Körpers - alle unwillkürlichen inneren Bewegungen (körperlich, emotional, geistig) wahrnehmen zu können und beobachten zu können.
    Ziel des Ganzen ist Einsicht, in Dukkha, Anicca und Anatta, und zwar nicht nur auf einer verstandesmäßigen Ebene, sondern auf der Ebene körperlichen Erlebens.


    Dumm nur, dass die meisten von uns nicht wirklich entspannt im vollen oder halben Lotus sitzen können.
    IN diesem Fall gibt es zwei Wege:
    1. entweder versucht man es gar nicht erst und nimmt eine andere Körperhaltung ein, die es ermöglicht, in unangestrengter Weise lange Zeit aufrecht zu sitzen, z.B. das aufrechte Sitzen auf einem Stuhl.
    2. oder man bemüht sich, sich der Haltung mit gekreuzten Beinen schrittweise anzunähern.


    Im zweiten Fall ist es meiner Erfahrung nach sinnvoll, dem Körper die Führung zu überlassen. Sprich, man setzt sich in eine möglichst angenehme Näherungsvariante zum Lotus, und dann betrachtet man das, was den Körper daran hindert, die optimale Haltung einzunehmen. WEnn man das sehr lange und sehr geduldig tut, beginnt der Körper, sich selbst zu korrigieren, hinderliche Spannungen aufzulösen, und sich Schritt für Schritt aufzurichten.


    Wichtig ist, NICHT aktiv in diesen Prozess einzugreifen, außer durch den Vorgang der Betrachtung.


    In deinem Fall würde das bedeuten:
    - nicht versuchen, diese Drehung durch Gegendruck aufzuheben, sondern sie vollständig zuzulassen = das heißt, dem Körper die Führung überlassen = nichts hinzufügen
    - sie nicht als Störung zu verurteilen, sondern neugierig zu bleiben, offen zu bleiben, was als nächstes geschieht (keine Angst!) = das heißt, Vertrauen zu üben = nichts ausblenden
    - höre auch auf, dich aktiv aufrichten zu wollen, sondern sieh erst mal hin, wie Dein Körper denn eigentlich WIRKLICH sitzt = das heißt, der Realität Raum geben = nicht eingreifen


    sprich: sieh die REALITÄT deines Körpers, statt zu versuchen, ihm deine VORSTELLUNG von einer idealen Haltung aufzuzwingen. Es könnte sein, dass du überrascht wirst. Nicht sofort, aber mit der Zeit.


    Mein persönliches Mantra lautet: Nichts hinzufügen, nichts ausblenden, nicht eingreifen.


    Im Zen wird davon nicht gesprochen, aber in anderen Traditionen (Theravada, Yoga) sind unwillkürliche Körperbewegungen beim Sitzen nichts Ungewöhnliches.