Beiträge von Mr_Aufziehvogel im Thema „Zen und Geld“



    hallo stippe,


    ich sehe das nicht ganz so extrem, wie du, aber auch nicht so extrem, wie taishan (wenn man überhaupt von extrem reden kann, bei euren aussagen).


    zuerst einmal: jeder von uns will/muss leben. das gilt auch für lehrer/innen des dhamma/dharma (und im übertragenem sinn auch für gruppen aka sanghas).


    damit dies geht ist man auf gaben angewiesen, die mönche/nonnen des theravada noch mehr, als lehrende laien oder mönchische/nonnische pendants in anderen schulen, die eigentlich fast mehr als "haushälter" leben, denn als "hauslose" - ich will bitte diese lebensformen jetzt in keiner weise bewerten, sondern auf eine notwendigkeit hinweisen. man kann diese grundnotwendigkeit auf verschiedene weisen umschreiben, aber sie bleibt bestehen.


    was nun ein mönch/nonne/lehrer/sangha braucht, um zu bestehen, ist sehr individuell.


    tatsache ist auch, das der buddha diese notwendigkeit selbst anerkannte, ja er institutionalisierte sie sogar - in einer gewissen form - durch den bettelgang. (da du sehr ein fan von geldfreiem umgang zu sein scheinst, empfehle ich dir den text "brocken buddha" der schon mehrfach hier im forum verlinkt wurde, oder den du per internet findest, auch in einer deutschen übersetzung. er zeigt unter anderem die schattenseiten).


    diese schattenseiten, und das will ich hier sagen, können auftreten unabhängig von der form des gegenseitigen austauschen, ob das nun per bettelgang geschieht oder per geld.


    es ist die haltung von gebendem und nehmendem, die über das gut und schlecht dieses austausches entscheidet.


    ich finde, die leitschnur sollte sein: ein lehrer / sangha "fordert" nur, wieviel er wirklich benötigt. ein übender gibt so viel er geben kann und möchte.


    in der regel bedeutet dass, das eine sangha zb natürlich geld benötigt und daher in irgendeiner form einen mitgliedsbeitrag einfordert. die regel der verhältnismäßigkeit bedeutet nun für mich, das eben die etwas mehr geben, die mehr geben können, die anderen etwas weniger. das kann auch diskret erledigt werden.


    du schreibst zb, 7€ als beispiel für 11/2 stunden gemeinsamer übung seien dir zu viel (und aus dem weiteren von dir gesagtem schließe ich, du lehnst es auch ab), du würdest nach dem sesshin lieber putzen etc. das ist eine gute idee, sie ignoriert aber, dass ein solcher raum auch kostet und wer soll das bezahlen? denn an dieser stelle schneidet sich deine utopie mit der realität. ich pointiere das ganze jetzr einmal etwas: "du möchtest lieber putzen, während andere bitte den raum bezahlen sollten". das funktioniert natürlich so nicht. die lösung kann nur sein: alle beteiligen sich - in welcher form das dann individuell geschieht mussman klären - an den gemeinsamen kosten bzw. neutraler "aufwendungen". alle sanghas, die ich kenne, bieten in der regel auch an, dass die ersten treffen "kostenfrei" sind, wenn man dann weiter teilnehmen will, wird ein gewisser betrag fällig, der in der regel je nach individuellen gegebenheiten verändern kann - ich kenne jedenfalls keine sangha, die jemanden rausgeschmissen hat, der nicht zahlen konnte (oder einen anderen beitrag leisten konnte)


    und ich kann dir aus eigener erfahrung sagen, dass es nicht so einfach ist, und so günstig, wie du denkst. ich habe einmal für eine sangha einen raum gesucht, den wir an den sonntag abenden nutzen wollten, für jeweils drei stunden. ich habe keinen raum gefunden, der unter 150€ zu haben war. da sind die kosten für tee/gebäck/räucherwerk etc eher gering und noch nicht einmal enthalten. und das ist so ca 5 jahre her, wird also kaum billiger geworden sein. wir hatten keine hohen ansprüche, aber wir wollten zu niemandem privat gehen, weil das ziemliche organisatorische probleme aufgebracht hätte. eine lösung bestand darin, dass ich 120€ jeden monat aufgebracht habe und die anderen 50€ (inkl. räucherstäbchen/tee etc) von den anderen getragen wurde. damals war ich noch student und lange habe ich das nicht durchgehalten...

    ich wills noch mal anders sagen:


    zen steht in gar keinem besonderem verhältnis zu geld. aber die menschen, die zen 'betreiben' oder vorgeben dies zu tun, die stehen in einem verhältnis zum geld. und diese menschen, die gestalten das letztendlich.

    Hallo,



    ich habe jetzt die vorhergehenden Antworten nicht gelesen, ganz bewußt nicht. Das bedeutet zwar, das sich Argumente möglicherweise wiederholen, aber so kann ich eine klare Linie fahren.


    Um deine Frage zu beantworten muss man verschiedene Punkte bedenken.


    Zum einen historisch. Als der Buddhismus sich in China entwickelte gerieten viele Klöster letztlich in den Sog der Macht. Viele Klöster waren Großgrundbesitzer und trieben in großem Umfang handel. Die Mönche/Nonnen lebten nach dem alten Ideal, vordergründig, hintergründig aber gab es Tempel/Klostersklaven (und Lohnarbeiter), die die Arbeit verrichteten. Ein Beispiel, das dies illustriert ist der 6. chinesische Patriarch des Zen Hui-Neng. Als er nämlich in das Kloster des 5. Patriarchen kam, durfte er nicht an der regulären Übung teilnehmen, sondern wurde zu den Arbeitern gesteckt, die für den Unterhalt des Klosters aufkommen mussten. Bei der Bewertung dieses Mißstandes darf man nicht vergessen, dass es in der chinesischen Gesellschaft quasie undenkbar war, ein Leben auf Almosenbasis durchzuführen, wie man es aus Indien kennt.


    Gerade Zen war sogar auch da eine Reformbewegung, denn diese Schule tendierte in ihrer Anfangszeit dazu sich von der Macht fernzuhalten, man bewahrte sozusagen die Tradition der Waldmönche aus den Herkunftsländern des Buddhismus. Hier taten die Zen-Mönchedann etwas revolutionäres: Sie arbeiteten. Dies ist eine revolutionäre Neuerung und unter den gegebenen Umständen wohl die beste Lösung.


    Das daraus etwas gutes erwachsen kann sieht man in vielen Zen-Zentren heutzutage.


    Aber nicht alle Zen-Zentren können Ackerbau betreiben in einer städtischen Umgebung z.B. Also verschiebt man die Arbeit zum Teil auf Bücher etc.


    Man sollte auch nicht übersehen, das es ähnlich aussieht bei vielen Zentren des tibetischen Buddhismus oder auch des Theravada. Der Jhana-Verlag zB gibt die Bücher Ahyya Khemas heraus und Kay Zumwinkels Übersetzung der Mittleren Lehrreden wird dort vertrieben.


    Geld regiert die Welt und man kann dem heute schwer entkommen. Letztlich geht es doch vor allem um den Umgang damit.


    Auffällig ist aber, wie viele kommerzielle Angebote, die sich z.B. an Manager wenden, wo es um Gewinnmaximierung geht, mit dem "Zen"-Label betitelt werden und wie viele Dozenten dabei aus einem Zen-Umfeld kommen. Diese Angebote lassen auch deutlich seltener erkennen (das ist zumindest mein Eindruck), das es um mehr gehen könnte als das persönliche Wohlbefinden des Managers und einer Gewinnmaximierug.


    Da habe ich dann schon so meine ernsten Probleme.


    Und natürlich ist es auch richtig, bei aller Notwendigkeit des Geldverkehrs heute, das der wesentliche Teil des Dharma frei verfügbar ist. Es darf kein 2-Klassen Dharma-Gesellschaft geben!