Beiträge von void im Thema „Verzeihen? Was bedeutet das in der Buddhismus-Logik?“

    Mir kommt vor das sind zwei verscheidene Sachen, die im edlen achtfacen Pfad sehr eng verknüpft sind:


    a) Einsicht in die Leerheit des Ichs.


    b) Der Versuch, den Prozess des Anhaftens an einem Ich zu beenden.


    Und weil es im Buddhismus so eng verknüpft ist, kommt es so rüber als sei es nahezu das Gleiche. Wenn es kein ich gibt, warum sollte man dann daran anhaften?


    Ich glaube, dass man das Problem deswegen so leicht unterschätzt, weil man dazu geneigt ist Ego/Ich mit dem persönlichen, individuellen Ich gleichzusetzten. Aber das ist ungefähr so, als hält man bei einem Hallimasch-Pilz die Kappe für den ganzen Pilz. Man kann ihn ausrupfen, aber weil der ganze Wald voller Myzelgeflecht ist, wächst bald einfach ein neuer nach.


    So kann man auch ein persönlcihes "Ich" druchschauen und ausreissen, aber so lange die Kräfte da sind, die ein Ich hervorbingen, ist die Arbeit noch nicht getan. Eine mikrskopisch kleine Nisse übersehen und du bist gleich wieder voller Läuse

    DerLogikBuddha:

    Ich weiss, das glaubst du mir nicht. Aber es ist so, das der Verstand andauernt anwesend ist, weil du noch ein Mensch bist. Und somit hält er das Erfahrene/Erwachen als Spiegel sowieso immer vor dir.
    Du kannst diese Erkenntnis ansich garnicht vergessen. Der Verstand der konditioniert ist, zeigt dir ja was falsch war, weil er der Fehler selbst ist und er ist immer da. Also ist auch immer da das was dich daran erinnert, was Erwachen als Wahrheit ist.


    Ich weiss nur, dass es sowas wie unser normales Subjekt-Objekt-"Alltagbewusstsein" gibt. Und dann sehr viele Arten von Wahrnehmung die darüber hinausgehen. Also z.B die Vertiefungsstufen während der Meditation, Jhanas oder glückliche Zustände die traditionell mit Götterbereichen assoziiert werden. Und diese Zustände werden sogar mit übersinnlichen Kräften in Verbindung gebracht. Wenn Tolle solche Erfahrungen gemacht hat, warum nicht du?


    Wobei ich es da für verteufelt schwer halte zu entscheiden, ob das schon der Gipfel ist, oder ob es da weitergeht. Das kann einem nur jemand sagen, der definitiv weiter ist als man selbst. Ich selber halte mich in der Frage für unqualifiziert.


    Und ein zweites Problem ist, ob es einem wirklich gelingt, solche außergewöhnlichen Erfahrungen mit dem Alltag zu versöhnen. das ist ja, wie wenn in einer Gleichung unendlich hohe Werte vorkommen. Auch das ist ein großes Problem. Wenn du einfach nur ein Aufschneider wärst würde sie das überhaupt nicht stellen.

    "DerLogikBuddha" definiert ja "Erwachen" als:


    DerLogikBuddha:

    Vom Erwachen wird behauptet (habe selbst die Erfahrung "hiner mir") das man eine art neue Selbstbewusstseins-"Personifizierung" als sich selbst erkannt hat, ohne sich selbst mehr als benennbare Person benennen zu können.
    Ein neue Beobachtende-Definition über das was man selbst ist als "Wesen" ohne Wesen zu sein.


    Deshalb stellt man fest, das man als Beobachter ironischerweise auch irgendwie gefangen ist im Jetzt. Es gibt keine Zukunfts-Gedanken oder Vergangenheits-Gefühle. Man ist ja nur ein Beobachter ohne Gefühle und Gedanken. Man war und ist nur der Beobachter schon immer gewesen, all dieser Geschehnisse was du als dich mit deinem Namen vorher meintest als dich zu sehen, gefühlten, gedenkten.
    Und das Erwachen ist das erkennen dieser Wahrheit, die man dann auch nicht mehr vergessen wird. Aber es sei nicht mehr. Sagt man.


    Also muss man als "Erwachter" in diesem Sinne keinesfalls ein Buddha oder Arhat sein, sondern einfach jemand, der tiefgreifende spirituelle Erfahrungen gemacht hat, die einen aus dem normalen Subjekt-Objekt Erfahrung herausgerissen haben . Allerdings handelt es sich um "Erfahrung". Also etwas, an das man sich erinnert, das aber nicht jeden Moment anhält.


    Ich glaube das ist ein sehr labiler Zustand, weil man ja einerseits jenseits der Normalität bewegt hat, andererseits nicht wirklich klar ist, wie man das dann in sein Leben integriert.

    Am Christentum wird oftmals die Idee der Vergebung geschätzt - also das in der Beichte alles was vorher war verziehen und weggewischt werden kann. Im Buddhismus wird dagegen ja traditionell betont, das alle Handlungen Wirkungen haben, die einen lange später einholen können, wie alte Schulden oder alte Vergehen. Anstelle des gütigen, verzeihenden Vaters steht da eine viel mechanischere Logik die mit Naturgesetzten assoziiert wird: Wenn man vergisst zu tanken, geht einem der Sprit aus.


    Von daher ist der Vowurf, dass es im Buddhismus kein Verzeihen und keine Gnade gibt, sehr alt. Auf einigen evangelikalen Seiten wird betont, wie unmenschlich das alles im Vergleich zu dem liebenden und verzeihenden Gott des Christentums ist. Es ist daher erstaunlich, den altbekannten Vorwurf in sein Gegenteil verkehrt zu sehen und den Vorwurf zu vernehmen, im Buddhismus spiele das Verzeihen eine zu grosse Rolle.


    Die Angulimala Gerschichte ist wirklich die einzige Stell die mir einfällt, wo das Verzeihen eine Rolle spielt.

    Elke:

    Mit dem Wort "Verzeihen" habe ich auch so meine Schwierigkeiten. Ich glaube nicht, dass es darum geht, jemandem zu verzeihen.


    Verziehen hat ja mit dem alten Wort "zeihen" zu tun. (Jemand eines Unrechts "zeihen") das so viel wie "anklagen" bedeutet. Verziehen bedeutet also wörtlich sowas wie "mit dem Anklagen aufhören".


    Und "Anklagen" ist etwas zweischneidiges:


    • Einerseits ist es etwas Soziales und auch etwas sozial notwendiges. Um Regeln durchzusetzten, müssen diejenigen angeklagt und bestraft werden, die dagegen verstossen. Das ist bei Verkehsregeln so und natürlich auch bei Mönchregeln. Und natürlich wurden Verstösse gegen die Mönchsregeln geahndet und der Mönch zur Rechenschaft gezogen. Verzeihen in dem Sinne, dass da Verstösse einfach hingenommen wurden, gab es da schlicht nicht.


    • Andererseits ist das "Anklagen "und das "sich Beklagen" auch ein Gemütszustand. Es ist ja sehr verführerisch sich selber als Opfer zu sehen und vor sich hinzujammern: Dass der und der schuld ist, und alles eigentlich ganz anders hätte laufen sollen. Ein derartiges "Anklagen" mag objektiv gerechtfertigt sein, weil der andere wirklich schuld ist, aber auf der anderen Seite vergiftet es den eignen Seelefrieden dauernd zu hadern. Es ist also ein gute Tipp, das einfach zu lassen.


    Für sich selbst nicht zu hadern und zu hassen aber Verbrechen trotzdem zu ahnden ist ja möglich.


    Wobei es auch ein ziemlicher Balanceakt sein kann. In dem Zusammenhang interessant ist Buddhas Umgang mit dem räuigen Räuber und Massenmörder Angulimala