Beiträge von Sudhana im Thema „Theravada und Zen“

    Maytreka:

    Wie ist das im Zen?


    Nicht sonderlich spektakulär. Wenn man henzan praktiziert, also gemeinsam mit einem Lehrer (den man vorher gefragt und der einen explizit als Schüler angenommen hat), dann orientiert man sich an dem, was er tut und sagt - so weit und so lange, wie man es für sinnvoll hält. Was durchaus lebenslänglich bedeuten kann. Deswegen muss man sich einen Lehrer auch entsprechend genau anschauen, schon bevor man fragt. Man hat dann mit dem Lehrer häufig formale Vier-Augen-Gespräche (die inhaltlich durchaus informell sein dürfen). Ansonsten (und das bedeutet nicht "in zweiter Linie") hat man natürlich seine Sangha, man redet miteinander und kennt sich - da fragt man auch mal jemanden um Rat, der einem für eine Antwort kompetent scheint. Und man hört zu und gibt - wenn gewünscht - auch selbst Rat nach bestem Wissen und Gewissen.


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    Maytreka:

    EIner meiner Lehrer und er hat auch Zen gemacht, hat mal gesagt, dass es besser ist Vipassana zu machen, da man für Zen gute Grundlagen in Konzentration und auch gute Begleitung braucht.


    Ah ja. Für Vipassanā braucht man keine "gute Grundlagen in Konzentration"? Und ich dachte immer, ohne ekaggatā ginge auch da nix. Also - wenigstens das paṭhama-jhāna sollte man da schon hinkriegen, oder nicht?


    Ich weiss ja nicht, was für eine Art "Zen" Dein Lehrer "gemacht" hat und auch nicht, wieviel Ahnung er von Vipassanā wirklich hat. Da will ich mir kein Urteil anmaßen. Aber wenn er Dir so etwas tatsächlich erzählt hat, würde ich Dir empfehlen, ihn gründlich zu prüfen. Bhante Gunaratana (https://de.wikipedia.org/wiki/Henepola_Gunaratana) - dessen Einführung in die Vipassanā-Praxis (http://www.kristkeitz.de/welcome.htm?/t/770.htm) da möglicherweise einige Anhaltspunkte geben kann, schreibt jedenfalls:

    Bhante Gunaratana:

    Vipassana meditation is something of a mental balancing act. You are going to be cultivating two separate qualities of the mind - mindfulness and concentration. Ideally these two work together as a team. They pull in tandem, so to speak. Therefore it is important to cultivate them side-by-side and in a balanced manner. If one of the factors is strengthened at the expense of the other, the balance of the mind is lost and meditation impossible.
    (Quelle: http://www.vipassana.com/medit…s_in_plain_english_16.php)


    Wo Dein Lehrer sicher recht hat, das ist, dass man für die Zenpraxis "gute Begleitung" braucht - zumindest für einen langen Abschnitt des Weges. Dass das bei Vipassanā auch nicht anders ist, schreibst Du ja selbst. Was wichtiger ist: Buddha selbst wies auf die Unverzichtbarkeit der kalyāṇa-mitta hin (http://www.palikanon.com/samyutta/sam45.html#s45_2). Was also ist dann an Vipassanā "besser" und wieso?


    Noch etwas. Immer vorausgesetzt, Du hast Deinen Lehrer richtig zitiert - kann es sein, dass er sich selbst nicht zutraut, "gute Begleitung" für die Zenpraxis anzubieten? Oder dass ihm eine Lehrbeauftragung durch seine eigene "gute Begleitung" beim "Zen machen" fehlt? Bzw. er da womöglich gar keine "gute Begleitung" hatte? Vielleicht ist es ja auch so, dass es nicht notwendig "besser" ist, "Vipassana zu machen" sondern vielmehr, Vipassanā zu unterrichten, wenn man keine Lehrbefugnis hat, um Zenpraxis zu unterrichten. Ich will da gar nichts unterstellen - das sind nur so die Fragen, die in mir bei der Lektüre Deines Postings aufstiegen.


    Um nun auch noch meine persönliche Meinung zum Ausdruck zu bringen - es gibt da kein "besser" und "schlechter". Ausschlaggebend für die Praxis, die man sich wählt, sind die Ausgangsbedingungen, die man selbst mitbringt. Und die kalyāṇa-mittatā, die man findet. Oder die einen finden.


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