Beiträge von Sôhei im Thema „Visuddhi-Magga vs. Sutta-Piṭaka“

    bel:
    Zitat

    Allerdings lässt sich nunmal keine Position diskursiv widerspruchsfrei ausführen, weshalb es in letzter Instanz eine Glaubensfrage bleibt - denn was sich im Sterbeprozess (und danach) genau ereignet oder auch nicht weiß halt niemand bevor er selbst dran ist.


    Nönö, dazu gibt klare Aussagen, und natürlich ist darüber auch ein widerspruchsfreier Diskurs möglich - anders herum, es zu einer "Glaubensfrage" zu erklären, die erst im Erleben des Todes geklärt werden könne, ist eben keine Buddhalehre, es ist "unweises Erwägen", "fehlgeleitete Praxis" (M2) - nicht zuletzt deshalb, weil ja Erwachen, Befreiung (in diesem Leben) synonym zur vollkommenen Beantwortung dieser Frage ist. Und was wird darüber berichtet: der Buddha referiert paticcasamuppada.


    Da bin ich aber neugierig: Wo hat denn dieser diskursive, widerspruchsfreie Diskurs stattgefunden und mit welchem Ausgang?


    (Erwachen und Befreiung in diesem Leben sind doch keine Begründung sondern selbst wieder nur Platzhalter; und gerade paticca-samuppada ist ja seit jeher kontrovers diskutiert worden. Nicht nur die letzten 2000 Jahre, sondern allein schon x-mal hier im Buddhaland, seitenlang...)

    Das ist aber jetzt doch ein ziemliches Flickwerk aus verschiedenen Sutten...


    Zitat

    Hätte ich aber, Anando, auf die Frage des Pilgers Vacchagotto, ob es kein Atman gibt, geantwortet: 'Es gibt kein Atman', dann wäre ich den Asketen und Brahmanen gefolgt, die Vernichtung [eines existierenden Wesens mit dem Tod dieses Wesens] ( =ucchedavādā ) behaupten.


    Das heißt für mich ganz einfach: "Ich (Buddha) behaupte nicht, dass es keinen Atman gibt, weil ich dann der Vernichtungsansicht folgen würde, welche ich jedoch als falsch ablehne."
    Zur Existenz oder nicht-Existenz des atman wird doch da gar nicht Stellung bezogen. Was in gewisser Weise Sinn macht, weil ja sowohl ein ewiger atman als auch ein vergänglicher atman Probleme bereiten. Ein ewiger atman steht im Widerspruch zum Bedingten Entstehen, ein vergänglicher atman macht Karma bedeutungslos.


    Allerdings lässt sich nunmal keine Position diskursiv widerspruchsfrei ausführen, weshalb es in letzter Instanz eine Glaubensfrage bleibt - denn was sich im Sterbeprozess (und danach) genau ereignet oder auch nicht weiß halt niemand bevor er selbst dran ist.


    Deine bzw. die Definition von einem existierenden Wesen als "Verlangen nach Dasein" zeigt dann die eigentliche Problematik sehr schön auf: der Versuch, die unzähligen Lehrreden in Übereinstimmung zu bringen, muss scheitern; und war - nur so ergibt es für mich Sinn - halt auch nie Absicht des historischen Buddha. D.h. er hat kein System gelehrt, sondern einen Kern von Themen in durchaus unterschiedlicher Differenzierung, und mit einem wechselnden "Drumherum"; halt je nach Frage und Zuhörer.


    Konkret bei dem von dir angeführten Hundeübung-Sutta:

    Zitat

    "So geschieht das Wiedererscheinen eines Wesens aufgrund eines [weder anderen noch desselben] Wesens: man erscheint aufgrund der Handlungen, die man begangen hat, wieder. Wenn man wiedererschienen ist, berühren einen Kontakte. So sage ich, daß die Wesen die Erben ihrer Handlungen sind. Dies nennt man dunkle-und-helle Handlung mit dunklem-und-hellem Ergebnis."
    (Majjhima Nikāya 57: Der Asket mit der Hundeübung - Kukkuravatika Sutta)


    Gerade in diesem Kontext macht "Verlangen nach Dasein" ja keinen Sinn als Definition für Wesen. Dann steht da nämlich nur: Verlangen nach Dasein setzt sich fort, entsprechend seiner Tendenz (hell - dunkel). Bzw. dann hast du genau das, was du eigentlich nicht wolltest, nämlich die Visuddhi-magga-Variante: Wirken ohne Wirkenden.


    Klär mich bitte auf: woraus liest du da, dass Vernichtungsansicht nicht für einen Atman steht, der mit dem Tod vernichtet wird?

    mukti:


    Für mich verdichten sich die Hinweise dass "Anatta" sowohl eine ewige als auch eine zeitliche Essenz, also ein zeitweiliges Ich, verneint, und wenn's so weitergeht bin ich bald restlos überzeugt.


    Schießt das nicht über´s Ziel hinaus?
    Also warum etwas Verneinen, was als Empfindung ("Ich bin") doch eigentlich nicht anzweifelbar ist, sondern eben nur bezüglich seiner Beschaffenheit?


    Hallo Simo,
    ich denke der Materialist fällt unter die Gruppe der "Vernichtungs-Gläubigen", oder?
    Was meinst du mit "Vermeinen"? ("ich-bin-Vermeinen")