Beiträge von Stero im Thema „Buddhismus Aktuell 1/2016: einige weitere Anmerkungen“

    Zitat


    http://www.buddhismus-aktuell.de/


    Keine Frage: Eines der zentralen Konzepte des Buddhismus – die Achtsamkeit – kommt mehr und mehr in der Mitte unserer Gesellschaft an. Achtsamkeit hat Eingang gefunden in die Psychologie, die Psychotherapie, die Arbeit mit Kindern, in den schulischen und gesundheitlichen Bereich, in die Wirtschaft – und mittlerweile auch ins Militär. Lebenshilfebücher versprechen Entspannung, Stressreduktion, Glück, Heilung von Depressionen und hohem Blutdruck, gelungene Partnerschaft und Idealgewicht durch Achtsamkeit. Ist all dies ein Zeichen, dass unsere Gesellschaft insgesamt achtsamer und damit vielleicht auch menschlicher wird? Und wird sie dann möglicherweise auch buddhistischer? Ist die Achtsamkeit also, wie Stephen Batchelor sagt, das trojanische Pferd, das einen „Siegeszug“ des Buddhismus einleitet?


    Das spricht doch für sich:


    1. Buddhisten nehmen ihre Ansichten sehr wichtig.
    2. Sie wollen, dass die Gesellschaft buddhistisch(er) wird.


    ich denke, das gibt Anlass genug, dafür zu sorgen, dass Buddhisten keinen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben. Warum sollte ich mich gegen die muslimische Sharia wehren und mich der buddhistischen Einflussnahme preisgeben? Ich bin ein aufgeklärter Europäer und will dass Religionen ins Private verbannt werden.


    Na ja, er kritisiert nicht nur das (buddhistische) Establishment, sondern den Buddhismus als religiöse Tradition. Das ist aber nicht das Problem. Das Problem sehe ich eher darin, dass er sich dabei selbst als "besserer Buddhist" zu gerieren versucht, wobei ich das " Buddhist" in "besserer Buddhist" im übertragenen Sinne als Prediger verstehe.

    Yofi:

    Wenn man der Beliebigkeit verfällt und an gar nichts mehr glaubt, bringt das doch nicht viel, oder?


    ich denke "an nichts mehr glauben" bedeutet nicht notwendigerweise "der Beliebigkeit verfallen". Nehmen wir z.B. den sprachlichen Ausdruck. Sich korrekt, also nicht beliebig, auszudrücken bedeutet weder notwendigerweise "an etwas glauben" noch notwendigerweise "an nichts glauben". Ebenso bedeutet "sich beliebig ausdrücken" weder notwendigerweise "an etwas glauben" noch notwendigerweise "an nichts glauben". Die Glaubensfrage hat also mit Beliebigkeit oder Nicht-Beliebigkeit ohne weitere Spezifikation nichts zu tun.

    void:

    Für mich läuft vielese hier auf die Frage hinaus, auf welche Weise der Buddhismus säkular sein sollte.


    Er sollte gar nicht und es geht auch gar nicht. Bestimmte Worte wie "Buddhismus" sind derart begrifflich vorbelastet, dass es nicht gelingt, neue Begriff damit zu kultivieren. Und manche die vorgeben, was neues machen zu wollen, kämen - wie der Herr Batchelor - gar nicht ohne das öffentlichkeitswirksame Label "Buddhismus" aus, um sich als Guru endlich "selbstständig" machen zu können und sind durch ihren Lebenslauf derart vorkonditioniert - wiederum wie der Herr Batchelor, dass sie gar nichts Neues machen könnten, selbst wenn sie wollten. :lol:


    void:


    Benutzte ich buddhitische Konzepte, um damit Herrschaft aufzubauen und zu legitimieren ( das was der Unbuddhist X-Buddhismus nennt) ist das für mich ein "off-label use".


    Du kannst doch nicht Mainstream als off-label bezeichnen :lol:


    void:


    Ein Begriff aus der Pharmazie der die Verwendung eines Arzeimittels für einen für einen anderen Zweck als der, für den es zugelassen ist. Von daher denke ich, dass sich die gravierenden Nebenwirkungen dadurch in den Griff bekommen lässt, dass man es nicht zulässt, dass sich der Buddhismus als Allheilmittel andient. Und ihn gemäß Buddhas Gleichnis vom Pfeil rigoros auf die Bereiche beschränkt, für die er gedacht ist. Und er eben nicht als eine Methode benutzte wird eine Gesellschaft zu organisieren, einen Staat zu legitimieren, Naturvorgänge zu erklären oder historische Ereignisse zu verstehen. Sondern als etwas was einzelnen, wirklich zur Befreiung vom Leid führt.


    Das ist der andere Aspekt des Phänomens, der dazu dient "Herrschaft aufzubauen und zu legitimieren". Das wird dir nicht gefallen, aber natürlich geht es bei einer Organisation immer um Herrschaft, also Macht und Einfluss, und Legitimation per Doktrin. Das mag das einzelen Subjekt ausblenden oder ignorieren oder mit devoter Guru-Hingabe wegschmachten, aber es ist halt immer die andere Seite der Münze.



    void:


    Es gibt aber noch eine ganz andere Vorstellung von Säkulrisierung: Nämlich die, das man davon ausgeht, dass der Buddhismus nicht von der gesellschaftlichen Ebene zu verdrängen ist und deswegen Sinn macht, buddhistische Konzepte so zu kastrieren und zu reduzieren, dass sie nicht mehr stören. In so einer Breitbandreduzierung wird alles aus dem Buddhismus entfernt, was aus der Normalität herausführt und man quasi vom Jesus zum Gauck kommt.


    oder von Maria zu Mutti Merkel :lol: Der Fluch des Protestantismus. ;)

    Der Unbuddhist:
    Stero:


    Hier kocht der Chef!


    Prima. Das ist ein schönes Stichwort.


    Um was geht es beim kochen? Um Aufmerksamkeit. Man muss bei der Sache bleiben. Buddhisten verkaufen uns das als – Achtung Tusch!!! – Achtsamkeit. Ist das was Neues? Nein, natürlich nicht. Und das ist die Pointe um die es hier geht. Mehr nicht.


    Wenn nicht die Sprache bereits wieder so entlarvend wäre. Selbst wenn du keine Antworten liefern willst und auch kein Reformator sein willst, so denkst du doch, du könntest für ein "uns" sprechen. Damit ist deine Kritik bereits korrumpiert und du bist nur ein weiterer Verkäufer.
    Die kollektive Dummheit, die Unwahrheiten zur Schau stellt, sollte dem Chef ein Warnung sein. ;)

    Der Unbuddhist:

    Stero: was du da betreibst ist Küchenpsychologie.


    Hier kocht der Chef! :lol:;)


    Der Unbuddhist:

    Bitte informiere dich über unser Projekt, falls du dazu was sagen willst. Es gibt dazu genug Material.


    "Unser Projekt"? Wer immer sich hinter "unser" verbirgt, bei Interessenkollektiven gibt's schon genug Interesse, da muss ich nicht auch noch mein Interesse hinzufügen. ;)

    Zitat

    X-Buddhismus zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er einen wichtigen – oder den wichtigsten – Aspekt einer asiatischen buddhistischen Philosophie ausser Acht lässt: das bedingte Entstehen – paticca-samuppada. (vgl. auch den Eintrag Buddhismus in unserer Heuristik)


    Der X-Buddhismus redet zwar über dieses paticca-samuppada, zieht aber die eine überaus wichtige logische Konsequenz aus dieser Sichtwiese nicht: dass er selbst ein Produkt der Umstände ist. Der Buddhismus im Westen seit dem 19. Jahrhundert bis heute, hat, mit seltenen Ausnahmen, keinerlei Bewusstsein davon, welche Ursachen seine Strukturen haben. Er selbst setzt für sich als erste Ursache das Phantom eines Originals, das zum exakten Zeitpunkt des Buddhas selbst existiert haben soll (vgl. Der Protagonist in der Heuristik). Dabei wird aus der vermeintlichen Kenntnis dieses Originals ein Distinktionsgewinn gezogen, der – im Sinne einer auf individualistische Hochzüchtung des Subjektes zielende Gesellschaftsordnung – als symbolisches Kapital dem narzisstischen Selbst ausreichend Brennstoff für ein zeitlich begrenztes Überleben sichert.


    Von paticca-samuppada und gleichzeitig von einem Original zu reden (in welcher Weise auch immer) ist allerdings ein Widerspruch in sich.
    https://unbuddhist.com/2016/02…16-achtsamkeit/#more-5689


    Ich denke übrigens, dass der Widerspruch sich auflöst, wenn man anerkennt, dass Buddhismus eine Religion ist und was das Typische an Religion ist.


    Kann es sein, dass es das ist, was dich umtreibt, Unbuddhist? Du nimmst es dem Buddhismus übel, dass er nicht das ist, was du in ihm sehen willst, nämlich eine Philosophie, sondern dass er Religion ist? Dabei kommst aber nicht von Buddhismus los, weil irgendwas dich dazu konditioniert, "dran zu bleiben"? So ein inneres Hin- und Hergerissen-Sein? Ich mein, immerhin liest du "Buddhismus aktuell" und das lesen sonst nur Buddhisten. Du liest es aber um zu kritisieren, was du liest.
    Du siehst, ich interessiere mich auch für Psychologie. ;)

    void:

    ...


      Die Zeiten in denen hier auf diesem Blog der X-Buddhismus kritisiert und gegen ihn polemisiert wurde sind eigentlich vorbei. Mich persönlich interessierten am Buddhismus bestimmte Aspekte seiner Philosophie und Aspekte die man Techniken des Selbstes nennen könnte. ... Quelle


    Ok. Wenn es um ein individuelles Interesse geht, ist das für mich i.O. Mit einer Reformvariante von Buddhismus hätte ich eher Probleme.


    void:

    Das ist gar nicht mal so weit, von deinen im Prasangika-Projekt entfernt, oder? Du gehst ja von der Prasangika-Philsophie aus und siehst, dabei wie viel davon man in eine konsistente , philsophische Form bringen kann, ohne in den mataphysischen Sumpf zu purzeln und dann von oben bis unten mit "Irrational" vollzusauen. Von daher wärst du ja eine der "spekulativen Stimmen" die Glen Wallis und der Unbuddhist fördern wollen.


    Bloß keine Förderung! Vereinsmeierei liegt mir gar nicht und die beiden Herren "riechen" mir ehrlich gesagt noch zu sehr nach Buddhismus.
    Mein Projekt sehe ich auch (?) als Privatvergnügen an. Die Abgrenzung von Buddhismus gelingt deswegen ganz gut, weil sich der philosophische Teil sehr gut heraus-isolieren lässt. Sie lässt sich nicht mehr so deutlich durchhalten, wenn ich über den eigentlichen philosophischen Prasangika Inhalt hinausgehe und - wie jüngst - versuche eine dazu passende Wahrnehmungs-Epistemologie kreativ zu erarbeiten und mir Inspiration dazu im Palikanon suche. Hier muss ich dann aufpassen, dass ich den begrifflichen Bezug zu bloßen Bewußtseins-Modi und ihren zerebral-neuronalen Ursachen nicht verliere. Denn begönne ich plötzlich von "Geist" o.ä. zu schwafeln, säße ich alsbald in der "Buddhismus-Falle". ;)

    void:

    Der Unbuddhist lehnt nicht so sehr die Tranzendenz um ihrer selbst Willen ab, sondern jeden Diskurs, der sich auf Tranzendenz stützt.


    Was bezweckt der Herr Unbuddhist eigentlich? Eine Reform des Buddhismus oder seine Abschaffung?
    Ich mein einen säkularen Buddhismus gibts ja schon. Geht es jetzt darum, da noch weitere säkulare Buddhismen hinzuzufügen, um irgendwann zahlenmäßig mit den traditionellen Buddhismen konkurrieren zu können?

    void:

    Die grosse Frage ist die, ob man einen Buddhismus formulieren kann, der gegen diese Tranzendenzfalle gewapnet ist?


    :lol:
    Eine Religion, die nicht religiös ist? Einen Kreis malen, der quadratisch ist?


    Du kannst eine Psychotherapie formulieren. Das kannst du. Aber nenn sie bloß nicht "Buddhismus".

    itune:

    Die Frage war offenbar: Wozu Buddhismus, wenn es auch andere Arten der Selbstoptimierung gibt? Oder wozu überhaupt diese Selbstoptimierung, die nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen sogar Stress erzeugt, wenn man sich reinsteigert, also kontraproduktiv ist?


    Warum sollte Selbstoptimierung Stress erzeugen? Es hängt doch vom Optimum ab, das man auswählt, um sich daraufhin zu optimieren.

    Der Unbuddhist:
    Stero:

    überzogenen Erwartungen...


    Da ist ja der Punkt. Das ganze Heft ist voller überzogener Erwartungen.


    Dann ist dein Anliegen also die Hervorhebung überzogener Erwartungen auf Seiten von Buddhisten hinsichtlich Meditationsprogrammen, die doch nur eine unter vielen Therapiemöglichkeiten bei Befindlichkeitsstörungen sind?
    Wenn ja, dann ist das berechtigt. Aber das mit den überzogenen Erwartungen träfe ggf. auch bei vielen Sportlern hinsichtlich sportlicher Betätigung zu.
    Immer das, womit man sich selbst vorrangig beschäftigt, wird leicht als das non-plus-ultra wahrgenommen.

    Der Unbuddhist:
    Stero:


    finde, dass es eher für die Meditationsprogramme spricht als gegen sie, wenn sie doch annähernd gleich zu anderen Therapieformen wie z.B. Medikamente, Sport und andere Verhaltenstherapien ("Psychotherapie"?) wirken können (wenn sie dies auch nicht notwendigerweise tun).


    Ja, wenn die so gut wirken wie Sport, warum nicht?


    Weder Sport noch Meditationsprogramme wirken bei jedem gleichermaßen. Auch sind die "Geschmäcker" bzw. Neigungen und damit gleichzeitig die Wirksamkeits-Wahrscheinlichkeit unterschiedlich bei unterschiedlichen Individuen.
    Also: Medikamente oder Sport oder andere Verhaltenstherapien oder Meditationsprogramme? Für jedes gilt: Warum nicht?



    Der Unbuddhist:
    Stero:

    und was einen möglichen autosuggestiven Placebo-Effekt angeht.


    Um den geht es ja gerade. Das ist der Punkt mit der "Intention" den ich anspreche. Deshalb auch der Verweis auf die Geschichte vom Zahn des Buddha.


    Na ja. ich sagte ja, dass es den Placebo-Effekt gleichermaßen gibt bei Medikamenten, Sport oder andere Verhaltenstherapien oder Meditationsprogrammen.

    Zum Artikel.
    Darin wird folgende Übersetzung des Wortlautes des Befunde einer Metastudie hervorgehoben:

    Zitat

    Wir fanden keine Belege dafür, dass Meditationsprogramme besser als beliebige andere Formen aktiver Behandlung waren (z.B. Medikamente, Sport und andere Verhaltenstherapien).


    Also ich finde, dass es eher für die Meditationsprogramme spricht als gegen sie, wenn sie doch annähernd gleich zu anderen Therapieformen wie z.B. Medikamente, Sport und andere Verhaltenstherapien ("Psychotherapie"?) wirken können (wenn sie dies auch nicht notwendigerweise tun). Und wenn ein Verleger davon spricht, dass es einen "überzeugenden" Nachweis für die Wirksamkeit gäbe, dann ist die Verneinung dieser Bewertung wie im Artikel (Zitat: "Eine Metastudie publiziert im März 2014 kommt zu einem ganz anderen Ergebnis als dem “überzeugend”), nur dann erklärbar, wenn man überzogene Erwartungen hinsichtlich einer besseren Wirksamkeit hegt. Aber was sollte solch überzogenen Erwartungen rechtfertigen?


    Und was einen möglichen autosuggestiven Placebo-Effekt angeht, der ins Spiel gebracht wird. Wie will man denn in einem solchen Anwendungsgebiet Placebo-Effekte ausschließen, nicht nur auf dem Gebiet der Meditationsprogramme, sondern auch auf dem Gebiet der erwähnten anderen Therapieformen "z.B. Medikamente, Sport und andere Verhaltenstherapien"? Bei Vergleichen spielen die Placebo-Effekte doch für alle Therapieformen eine Rolle und ob diese bei Meta-Studien solcher Art statisch abtrennbar sind, das ist doch stark zu bezweifeln. Vor allem aber sind doch die zu therapierenden Symptome in diesen Anwendungsgebieten selbst häufig nicht auf organische, sondern auf psychogen-autosuggestive Ursachen zurückzuführen. Da wäre dann ein Placebo-Effekt die Bekämpfung von Gleichem mit Gleichem.
    Darüberhinaus darf an der strengen Wissenschaftlichkeit des Datenmaterials zu Befindlichkeiten wie Angst, Stress und Depression gezweifelt werden, weil diese doch idR über Patienten-Interviews bzw. Fragebögen erhoben werden und es keine technischen Messintrumente hierfür gibt.

    :lol:


    Das sind berechtigte Fragen.


    Auf der anderen Seite schließt Buddhist werden ja nicht aus gemütlich mit einer Straßenbahn zu fahren oder Spazieren zu gehen und im Sommer nach Malle zu fliegen.


    Wie ja auch die Steigerung der Aufmerksamkeit und Befindlichkeit durch moderate sportliche Betätigung und vernünftiges Essen, die Mässigung und Motivation, mehr darüber herauszufinden, was einen zu dem macht was man ist – um in der Folge vielleicht sogar daran zu gehen, das was einen macht, zu ändern, nicht ausschließt zum Buddhisten zu werden.


    Dabei will ich nun nicht das Buddhist-Werden bewerben. Nur die Sinnhaftigkeit der Frage so wie hier gestellt, erschließt sich mir nicht. Aber vielleicht deshalb, weil ich nicht verstehe, dass mit "Buddhist-Werden" notwendigerweise ein strenges Regime an "du musst"- und "du darfst nicht"-Regeln einhergeht, welches sportliche Betätigung und vernünftiges Essen untersagt und untersagt, irgendwas zu ändern. Aber selbst wenn es so wäre, vom Katholizismus kenne ich Regeln auch und da haben die Regeln auch niemanden gestört. Na vielleicht sind Buddhisten da protestantischer? ;)