Beiträge von Yofi im Thema „Buddhismus Aktuell 1/2016: einige weitere Anmerkungen“

    mukti:
    Stero:


    Aber lustigerweise ist das genau, wo der Buddhismus hinstrebt: zur Nicht-Spekulation. Die nennen das dann "das Floß wegwerfen, weil man es nicht mehr braucht". Ich find das umständlich und würde empfehlen, das Floß gleich wegzuwerfen und dann zu beobachten, was passiert und mit dem, was nicht passiert lernen, zurecht zu kommen. reverse buddhism sozusagen ;)


    Was passiert nicht wenn das Floß geleich weggeworfen wird? Dass man ans ans andere Ufer gelangt.


    Das Wasser ist zu tief um allein schwimmen zu können, wobei aber der Stolz uns oft einreden will, dass wir schon schwimmen. Dabei träumt man nur von besseren Zeiten und denkt eventuell, der Wunsch allein wäre schon ein Boot.


    Zitat

    Einteilung des unheilsamen Bewußtseins,


    wobei acht Klassen 'in Gier wurzeln', zwei 'im Haß wurzeln' und zwei 'in Verblendung wurzeln'....


    http://www.palikanon.com/buddhbib/11wurzeln/wuzeln01.htm

    accinca:
    Yofi:

    Sinneswahrnehmung kann in der Versenkung im Hintergund ablaufen
    ohne dass man 'aufmerkt', und damit ist, denke ich, das Erlöschen gemeint.


    Ich denke das nicht.


    Das Denken, die Sprache - warum über Begriffe diskutieren während das Wesentliche verbal nicht zu erfassen ist? Wir wurden hier geboren, uns bietet sich eine bestimmte Praxis an. Das, was aus früheren Zeiten dokumentiert wird, bleibt uns erstmal vorenthalten, oder siehst du das anders?

    Stero:
    Yofi:

    Je größer der Leidensdruck, desto mehr verteidigt man die eigene Version.


    Ich würde das anders ausdrücken: Je größer das Bedürfnis nach Wahrheit, desto größer der Leidensdruck, eben weil Wahrheit nur ein vorübergehender psycho-mentaler Moment der Projektion ist, aber in den Phänomenen der Wahrnehmung nicht zu finden ist. So lange der Leidensdruck aber mit der Suche nach Wahrheit angegangen wird, so lange verstärkt er sich entweder oder er persistiert auf einem konstanten Niveau, unterbrochen von Phasen der Ablenkung.


    Mit dieser 'Wahrheit' setzt du Beständigkeit gleich? Dann stimmt das.


    Stero:

    Das "Verteidigen der eigenen Version" ist demnach nur der Versuch, zu halten, was doch wieder entgleiten muss. Und das Streben eine Anhängerschaft für die eigene Version zu gewinnen, der Versuch, andere als Bollwerk gegen den unaufhaltsamen Zerfall der Wahrheit zu instrumentalisieren (Selbstbestätigung mittels gegenseitiger Bestätigung im Kollektiv).
    ABER, soviel muss auch konstatiert werden: mit dem Gewinn einer Anhängerschaft gelingt es nicht wenigen, ihre Lebenszeit mit ihrer Wahrheit zu verbringen ohne von ihr lassen zu müssen und damit sogar noch Annehmlichkeiten zu erwerben. Insofern kann dies empirisch auch als mögliche Methode einer erfolgreichen Lebensgestaltung betrachtet werden. Denn soviel ist gewiss: So wie die einen zu Dominanz geneigt sind (die 'Hirten'), so sind die anderen zu Unterwerfung geneigt (die 'Schafe'). Sind die Umstände entsprechend, so finden die einen zu den anderen.


    Darin spiegelen sich Herrschaftsformen der Gesellschaften, wobei diese Mechanismen meistens mit der frühkindlichen Konditionierung ins Fleisch und Blut übergehen. Unsere weltliche Scheinexistenz (über den Begriff ließe sich sicher auch diskutieren) ist aufgrund des früheren Ergreifens zustande gekommen, und wenn jemand denkt, das daraus resultierende, intuitiv empfundene Unbehagen, das ihm im Grunde anhand der Option es zu transformieren den richtigen Weg weist, erfolgreich verdrängen zu müssen, ist dies sicherlich nicht der richtige Weg. Falsche Ansicht bringt das nächste Leiden mit sich, für sich selbst, für andere, jetzt oder in späteren Leben. Deshalb ist man auch der Wahrheit verpflichtet, aber nicht der Wahrheit, die man meint selbst erfinden zu müssen um dem Unbehagen (Leid) auszuweichen. Je früher man das erkennt, desto schneller kann man sein Leben sinnvoll wandeln. 'Gib alles auf und du bekommst alles', aber eben anders. Gib falsche Ansichten auf, und du bekommst die Freiheit von Ansicht, die du in der Ansicht selbst nicht finden konntest und oft nicht mal geahnt hast, dass eben sie es ist, die dir so viel Leid bereitet.

    mukti:
    Stero:

    ... Relevant ist nur, warum jemand, der an Buddhismus interessiert ist, gegen traditionell buddhistisches Verständnis anschreibt ... und dies in einem buddhistischen Forum. Warum also jemand einen nach seinem Verständnis "besseren" Buddhismus zimmern will. Er kann doch machen und denken was er will. Wozu braucht er dafür die Marke "Buddhismus" und die Zustimmung von anderen?


    Mancher nimmt sich halt aus dem Buddhismus nur das raus was in seine "Rationalität" passt. Wo dann so eine aufklärerische Neugestaltung dabei rauskommt, die halt nicht mehr unter der Marke "Buddhismus" läuft und angeblich nicht auf Zustimmung anderer aus ist. Als Motiv wird dann rationale Inspiration angegeben, das aber für das Thema selber auch nur am Rande relevant ist. Was wäre aber ein inspiriertes Werk ohne Veröffentlichung für andere? Und so gibt es halt eine bunte Schar säkularer Buddhismen mit ihren jeweiligen Vordenkern und Anhängern.


    Meine These geht auch in die Richtung, dass das weit verbreitet ist. Je größer der Leidensdruck, desto mehr verteidigt man die eigene Version. Es können mit dem zunehmenden Verständnis für größere Zusammenhänge auch wirklich schlimme Zeiten auf einen zukommen, was vielleicht nicht immer der Fall, aber auf jeden Fall eine mögliche Option ist. Die Selbsttäuschung wandelt sich oft nur durch das Ersetzen der kommerziellen Illusion für eine selbst Entworfene ein wenig ab, und daraus kann entweder Mut entstehen, oder auch narzisstische Befriedigung, oder eine Mischung vom beiden, je nach dem. Jedenfalls ist das für mein Verständnis als ein Anfang der Suche einzustufen. Wann man stabil genug sein wird um diese Selbsttäuschung zu erkennen und zu akzeptieren, hängt von vielen Faktoren ab. Man sollte sich vielleicht nicht gegenseitig Steine in den Weg legen, selbst dann nicht, wenn man manchmal der Überzeugung sein kann, dass andere zu erziehen eine gute Sache ist.

    Es ist nun auf Seite 5 festgestellt worden, dass den Artikel, über den diskutiert wurde, niemand kennt. Zumindest hat heute niemand Gegenteiliges behauptet. Für mich ist der Thread ein toller Beweis dafür, dass Mitgefühl hier stark gegenwärtig ist, da ja so Viele den lieben Unbuddhisten nicht allein schreiben lassen wollten und sich am Erfinden verwandter Themen mit vielen schönen Beiträgen eifrig beteiligten.


    Ähnlich sähe es aber sicher aus, wenn Buddhismus reformiert werden sollte während niemand richtig weiß, was 'Buddhismus' denn eigentlich sei. Sind es überlieferte Traditionen, sind es alte Schriften, neue Schriften, sind es Vereine und Institute, die Lehrer, oder einfach nur Buddhismus Praktizierende, buddhistische Internetseiten - oder eine Mischung aus all dem, ich weiß es selbst nicht. Wo müsste man da mit der Kritik weiter machen um etwas neues und besseres enstehen zu lassen?


    Ich denke die meisten werden mit 'Buddhismus' ihre Praxis nennen, und daran gibt es auf gar keinen Fall für jemand anderen etwas zu reformieren.

    Stero:
    accinca:


    Jain.annehmen kann man nur, was schon vorhanden ist. Unerwünschte Kammaergebnisse (vipaka)
    die noch nicht da sind kann man aber noch verhindern bzw. versuchen zu verhindern.
    Kamma ist eben kein Schicksal. Wenn genug gutes kamma geschaffen wird, kann das
    altes schlechtes Kamma verhindern oder abmildern.


    Anders ausgedrückt: Begriffsbildung ist kein Schicksal, sondern ankonditioniert und alles existiert nur abhängig von begrifflicher Zuschreibung bzw. Benennung. ;)


    Wenn das Leiden nur als ein Begriff erfasst werden könnte, müssten wir uns um gar nichts mehr bemühen.

    accinca:
    Yofi:

    Itune, ich sehe das so: Wenn in meiner geistigen Welt Menschen defilieren, die Unheilsames verrichten, bezieht sich das auf frühere Ursachen, die in 'meinem' Geistkontinuum entstanden sind. Es ist wichtig, diese Phönomene anzunehmen, anstatt auf das Entstehen gemeinschaftlicher Feindbilder abzuzielen.


    Jain.annehmen kann man nur, was schon vorhanden ist. Unerwünschte Kammaergebnisse (vipaka)
    die noch nicht da sind kann man aber noch verhindern bzw. versuchen zu verhindern.
    Kamma ist eben kein Schicksal. Wenn genug gutes kamma geschaffen wird, kann das
    altes schlechtes Kamma verhindern oder abmildern.


    Ja, richtig, das ist von mir nicht als eine Ermutigung dazu gedacht gewesen, sich eine phlegmatische Einstellung anzueignen. Wie du schreibst, wenn die Folge bereits eingetreten ist (und man sich dem Gesetz fügt ohne Gegenwehr durch Abneigung, Verleugnung oder Angriffe ins zu leisten), wird man in dem Sinne aktiv, der selbst dann, wenn man das karmische Gesetz nicht akzeptieren würde, nur logisch wäre. Einmal gelernte Gelassenheit wird den künftigen Umgang mit Hürden leichter machen. Das bedeutet aber nicht, dass wir mit dem derzeit in Kreisen der Menschen, die sich als Reformatoren des System erweisen möchten, oft benutzem Terminus 'Schlafschaf' in Verbindung gegracht werden müssten. Jeder, der im Sinne der Lehre handelt, verändert anhand der zweckdienlich gestalteten interaktiven Vorgänge automatisch seine nähere Umgebung. Das ist eine buddhistische 'Unterwanderung', wie man sie im besten Sinne verstehen kann. Trotz der Multi-Kulti-Bestrebungen oder Synkretismen - sie ist auch deshalb einmalig, weil nicht mal das geringste Lebewesen ausgeschlossen und ihm Leid zugefügt werden darf. So zu sehen leben wir hier in einer Gesellschaft mit komplett falschen Werten, und das ist aus meiner Erfahrung und Sicht eine sehr große Herausforderung.

    Itune, ich sehe das so: Wenn in meiner geistigen Welt Menschen defilieren, die Unheilsames verrichten, bezieht sich das auf frühere Ursachen, die in 'meinem' Geistkontinuum entstanden sind. Es ist wichtig, diese Phönomene anzunehmen, anstatt auf das Entstehen gemeinschaftlicher Feindbilder abzuzielen.


    Grüße

    itune:

    Der Ausdruck "Pegida-Buddhismus" gefällt mir. Ansonsten ist es wie üblich mit den Threads hier, irgendwann versuchen immer die gleichen Leute persönliche Aversionen in Zehnwort-Pingpong-Beiträgen einzuflechten und dem Kern der Themen eher auszuweichen. Dazwischen gehen sie aufs Kissen zurück, um sich die nächsten Aversionen auszudenken. Das nennen sie dann Meditation oder Zazen.


    Das ist doch nur eine Spekulation - ein Bild von anderen, das eigene negative Emotionen externalisiert wobei es keinen Bezug zum subjektiven Erleben anderer haben kann. Wie im Glashaus. Im Sinne der Lehre sollen wir genau jenes vermeiden.

    Der Unbuddhist:
    void:

    Der Unbuddhist lehnt nicht so sehr die Transzendenz um ihrer selbst Willen ab, sondern jeden Diskurs, der sich auf Transzendenz stützt. Weil Transzendenz das menschliche Mass übersteigt, kann man sich, wenn man sich vor niemanden verantworten will, auf Transzendenz stützten. Wenn das ,was ich sage nicht einfach eine menschliche Meinung ist, sondern sich darin die transzendenten Ebene ausdrückt, dann bin ich damit in eine Machtposition gehieft, die traditionellerweise missbraucht wird.


    Die grosse Frage ist die, ob man einen Buddhismus formulieren kann, der gegen diese Transzendenzfalle gewappnet ist?


    Diese Definition, inklusive der abschliessenden Frage, gibt genau das wieder, um was es geht.


    Es geht um eine Machtposition, die es erlaubt über andere negative Urteile zu erstellen. Mich wundert, warum jenes eine größere Daseinsberechtigung im buddhistischen Forum finden sollte als Beiträge anderer, dann das ist ein erhebliches Problem, das in der Psychotherapie zu lösen wäre. Das Transzendente kann keine vor-Herr-schende Ebene sein, und wenn man so sieht, hat man den Begriff 'Leid' fehltransformiert.


    Grüße

    Ich habe ein ganz einfaches Bild: Es gibt die institutionalisierte Religion für alle, die aus sich heraus keinen privaten Zugang zur Religion finden würden. Das macht sich auf der gesellschaftlichen Ebene im ethischen Sinne bemerkbar und dafür werben buddhistische Institutionen, oder habe ich etwas falsch verstanden? Ich lese diese Zeitschrift gar nicht... :lol:

    Stero:
    Yofi:

    Wenn man der Beliebigkeit verfällt und an gar nichts mehr glaubt, bringt das doch nicht viel, oder?


    ich denke "an nichts mehr glauben" bedeutet nicht notwendigerweise "der Beliebigkeit verfallen". Nehmen wir z.B. den sprachlichen Ausdruck. Sich korrekt, also nicht beliebig, auszudrücken bedeutet weder notwendigerweise "an etwas glauben" noch notwendigerweise "an nichts glauben". Ebenso bedeutet "sich beliebig ausdrücken" weder notwendigerweise "an etwas glauben" noch notwendigerweise "an nichts glauben". Die Glaubensfrage hat also mit Beliebigkeit oder Nicht-Beliebigkeit ohne weitere Spezifikation nichts zu tun.


    Die Beliebigkeit der Sprache und Beliebigkeit der Objektzuschreibungen wäre zu differenzieren. Vorausgesetzt man versteht den Glauben als Bezug nehmen zu etwas. Etwas oder nichts. Das wäre auch beliebig.

    bel:

    ... immer wieder "Buddhisten", die nicht aufhören können...


    bel:

    ... mache Menschen eine "Zeit der Regression" wahrnehmen, anstatt sich erst mal selbst die Brille zu putzen.


    Angenommen ich sehe solche Menschen gar nicht. Existieren sie nun oder nicht? Muss man solchen Worten Glauben schenken oder sollte man lieber an die Wahrhaftigkeit dessen glauben, was man selbst zu sehen glaubt? Wenn ja, hast du lediglich dein eigenes Weltbild vorgestellt. Ob dir dieses Bild gefällt oder nicht, ist deine Sache und niemand sonst als du ist dafür verantwortlich.


    Die Zeit des Verfalls und sogar des kompletten Verschwindens der Lehre wird in vielen Traditionen erwähnt. Wenn man der Beliebigkeit verfällt und an gar nichts mehr glaubt, bringt das doch nicht viel, oder?

    bel:

    Warum sind es gerade immer wieder "Buddhisten", die nicht aufhören können, über die Motive anderer zu spekulieren - eigentlich sollten doch gerade sie es besser wissen.


    Nein, das ist nicht richtig, es gibt rechte und falsche Rede und es ist wichtig dazwischen zu unterscheiden. Dann ist es keine Projektion, sondern Weisheit.

    Bakram:
    Zitat

    Warum sind es gerade immer wieder "Buddhisten", die nicht aufhören können, über die Motive anderer zu spekulieren - eigentlich sollten doch gerade sie es besser wissen.


    Ich bin kein "Buddhist". Ich nehme weder Zuflucht, noch beteilige ich mich an sonstigem buddhistischem Brimborium.


    Nachträglich betrachtet verstehe ich selber nicht mehr weshalb ich mich in diese unnötige Diskussion einmischte. Wahrscheinlich weil es schmerzt dauernd mitanzusehen, wie die Klarheit der Lehre von allen Seiten mit Ausschweifungen (Papanca) des Geister getrübt wird.


    Wir leben in einer Zeit der Regression, und diese haben Buddha sowie viele andere vor und auch nach ihm vorher gesagt. Es kann noch viel, viel schlimmer werden, aber es ist eine Entwicklung, die nicht aufzuhalten ist. Bleiben wir gelassen. Wir können trotzdem frei sein, frei werden, frei bleiben.