Beiträge von void im Thema „Buddhismus Aktuell 1/2016: einige weitere Anmerkungen“

    Stero:

    "möglicherweise" ist also Übersetzung gar nicht möglich oder der Begriff "Übersetzung" muss erst mal angemessen bestimmt werden? Wir wär's die Unmöglichkeit von Übersetzung mal als Arbeitshypothese zu setzen, statt die Arbeitshypothese, dass Übersetzung möglich sei, unentwegt nicht als Arbeitshypothese sondern als Faktum zu verstehen?
    Der Vorstellung von "Übersetzung" liegt nämlich oft die Vorstellung einer essentiellen sprachunabhängigen Wahrheit zugrunde, welche aus der Originalsprache herausextrahiert und in die Zielsprache implantiert werden könne. Das übersetzende Subjekt ist jedoch nicht unabhängig von seiner eigenen sprachlichen und sprachkulturellen Prägung.


    Vielleicht eher die Umöglichkeit einer rein sprachlichen Übersetzung.


    Stero:

    "Strukturen des Denkens anderer Kulturen sichtbar machen"?


    Sprache verweist auf bestimmte kulturelle Muster und Praktiken. Das geht sogar auf eine so tiefe Wahrnehmungs-Ebene hinunter. Von Hans Buch ist mit beispielsweise in Erinnerung gebleiben, dass Probanten aus Asien Vordergrund und Hintergrund eine Bides gleich gut in Erinnerung behilten, während man sich im Westen auf den Vordergrund konzentriere. Von daher gibt es eine andere Raumaufassung. Um sich, wenn man z.B Kungeschichtler ist, und sich der asiatischen Bildsprache nähern muss, müsste man ganz praktisch die asiatische Raumaufassung trainieren und wäre erst dann fähig Begriffe die diese implizit voraussetzen zu verstehen.


    In einiege afrikanischen Gesellschaften hab es kein Wort für "Freheit", weil man im Rahmen Gesellschaftsordnung Freheit nicht denken konnte. Zusammen mit dem Swahili-Wort Uhura musste beigebracht werden, was politische "Freheit" in der Praxis so bedeutet. In einigen Ländern gab es kein Wort für Homosexualität, dass nicht gleichzeitig eine Beleidigung war. Der Übersetzungsvorgang war da also eine Akkulturationsvorgang wo man lernen musste Homosexualität ohne beleidigende Konnotation zu denken. Mit dem Wort kam eine neue Herangehensweise in die Zielkultur. Und der erste Schritt ist, die die mit der Sprache verbundene Praxis in der Ursprungsregion zu erfassen.

    mukti:

    Abgesehen von sozialen Aspekten finde ich dass die Unterscheidung in transzendent und immanent oder weltlich und überweltlich schon auch ein wesentliches Merkmal des Buddhismus ist. Transzendent ist demnach Nibbana. Der wohltuende Unterschied zu anderen Religionen und Philosphien ist, dass es keine näheren Vorstellungen darüber gibt.


    Ja, das ist eine der schönsten Sache am Thevada das "Nibbana" rein als eine Verneinung formuliert ist und der Thervada von der Idee der Weltabgewandtheit und Entsagung druchdrungen ist. Das macht es viel schwieriger daraus ein "kollektives Ego" zu machen, das für die kollektive Ordnung steht, der sich der einzlene unterzuordnen hat. Natürlich passiert das trotzdem, wie man ja an der staattragenden Funktion von Buddhastautuen , Tempeln und Mönchen in vielen Thervada-Ländern sehen kann. Aber im Mahayana ist das Problem insgesammt doch noch viel größer.

    Der Unbuddhist:

    Erfahrungen sind per Definition möglich. Eine der Entgrenzung z.B. Nur wenn diese einer Transzendenz zugeordnet wird, wird sie zu einer Transzendenzerfahrung und erhält damit einen Status, der ihr nicht zusteht (und der evtl. für Machtspiele genutzt wird). Wenn man die Erfahrung der Entgrenzung z.B. einem "kosmischen Bewusstsein" zuordnet.


    Ich finde die zugegebenerweise schon sehr verstaubte Idee von Emile Durkheim sehr gut, dass der religiöse Bereich zunächst der Bereich der kollektiven Ordnung ist. Der Bereich des "Heiligen" hebt sich ursprünglich von dem Bereich des Profanen ab, weil sich aus ihm die gesellschaftliche Ordnung ableitet.


      „Für das Heilige sind Absonderung vom Profanen und unbedingter Verpflichtungscharakter typisch, weil es der Ort kollektiver Identitätsdefinition ist.“https://de.wikipedia.org/wiki/Heilig


    Durkheim hat das ja am australischen Totemismus gut herausgearbeitet, wo immer dann die Schwirrhölzer (Tjuringa) ertönen, wenn irgendein "gesellschafts-relevanter" Vorgang stattfindet, also Jugendliche initiert werden, Ehen geschlossen werden usw.


    Ich denke gerade diese Idee von Tranzendenz ( die im Endeffekt auf die Tranzendenz des Individuums durch das Kollektiv hinausläuft) ist vollkommen überholt ( und auch gefährlich, weil sie unhinterfragebare "sakrale" Bereiche schafft ) Es hat sich gezeigt, dass sich die Leute auch an Verkehrsregeln halten, wenn diese kein mystischer Ahne gestiftet hat und statt einem Schwirrholz tut es auch der Amtsstempel. Und es ist auch möglich wichtige Werte und Institutionen (Demokratie, Menschenrechte, Verfassung) davor zu bewahren einfach so geändert zu werden, ohne dass man dazu unsichtbare Wesen heranzieht.


    Ich finde es gut, dass der Buddhismus zunächst ohne diese Form der sakralen Legitimation auskam. Also Buddha die Organisation des Ordens vor allem pargmatisch nach den Bedürfnissen ausgerichtet wurde. Und nicht nach dem Motto: "Ich träumte von einer Schlangengottheiten, weswegen alle Mönche am Donnersatg grün tragen müssen. Und wer dem widerspricht, muss damit rechnen des nachts gebissen zu werden."


    Das jemand geistig über die normalen Alltagsdenkweisen hinausgeht,muss ja nicht bedeuten, dass daraus schräge Machtverhältnisse erwachsen. Es besteht nur immer die Gefahr, letzteres mit erstererem zu rechtfertigen. ( "Wer Satori hat braucht keinen Führerschein!" )

    Für mich läuft vielese hier auf die Frage hinaus, auf welche Weise der Buddhismus säkular sein sollte.


    Benutzte ich buddhitische Konzepte, um damit Herrschaft aufzubauen und zu legitimieren ( das was der Unbuddhist X-Buddhismus nennt) ist das für mich ein "off-label use". Ein Begriff aus der Pharmazie der die Verwendung eines Arzeimittels für einen für einen anderen Zweck als der, für den es zugelassen ist. Von daher denke ich, dass sich die gravierenden Nebenwirkungen dadurch in den Griff bekommen lässt, dass man es nicht zulässt, dass sich der Buddhismus als Allheilmittel andient. Und ihn gemäß Buddhas Gleichnis vom Pfeil rigoros auf die Bereiche beschränkt, für die er gedacht ist. Und er eben nicht als eine Methode benutzte wird eine Gesellschaft zu organisieren, einen Staat zu legitimieren, Naturvorgänge zu erklären oder historische Ereignisse zu verstehen. Sondern als etwas was einzelnen, wirklich zur Befreiung vom Leid führt.


    Es gibt aber noch eine ganz andere Vorstellung von Säkulrisierung: Nämlich die, das man davon ausgeht, dass der Buddhismus nicht von der gesellschaftlichen Ebene zu verdrängen ist und deswegen Sinn macht, buddhistische Konzepte so zu kastrieren und zu reduzieren, dass sie nicht mehr stören. In so einer Breitbandreduzierung wird alles aus dem Buddhismus entfernt, was aus der Normalität herausführt und man quasi vom Jesus zum Gauck kommt.

    Stero:
    void:

    Der Unbuddhist lehnt nicht so sehr die Tranzendenz um ihrer selbst Willen ab, sondern jeden Diskurs, der sich auf Tranzendenz stützt.


    Was bezweckt der Herr Unbuddhist eigentlich? Eine Reform des Buddhismus oder seine Abschaffung?
    Ich mein einen säkularen Buddhismus gibts ja schon. Geht es jetzt darum, da noch weitere säkulare Buddhismen hinzuzufügen, um irgendwann zahlenmäßig mit den traditionellen Buddhismen konkurrieren zu können?


    Der Spekulative Non-Buddhismus sieht sich selber als eine Form der Kritik am traditionellen Buddhismus, was dadurch den Raum für neue Ideen öffnet. Es geht also mehr darum infrage zu stellen und Fragen zu stellen, als Antworten zu liefern oder reformistisch zu wirken.


    Aber immer nur kritisch zu sein, bringt es auf die Dauer auch nicht:


      Die Zeiten in denen hier auf diesem Blog der X-Buddhismus kritisiert und gegen ihn polemisiert wurde sind eigentlich vorbei. Mich persönlich interessierten am Buddhismus bestimmte Aspekte seiner Philosophie und Aspekte die man Techniken des Selbstes nennen könnte. In der Landschaft des X-Buddhismus ist dazu wenig zu finden. Um ganz kurz in Erinnerung zu rufen, was hier als X-Buddhismus bezeichnet wird: X-Buddhismus zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er einen wichtigen – oder den wichtigsten – Aspekt einer asiatischen buddhistischen Philosophie ausser Acht lässt: das bedingte Entstehen – paticca-samuppada. Quelle


    Das ist gar nicht mal so weit, von deinen im Prasangika-Projekt entfernt, oder? Du gehst ja von der Prasangika-Philsophie aus und siehst, dabei wie viel davon man in eine konsistente , philsophische Form bringen kann, ohne in den mataphysischen Sumpf zu purzeln und dann von oben bis unten mit "Irrational" vollzusauen. Von daher wärst du ja eine der "spekulativen Stimmen" die Glen Wallis und der Unbuddhist fördern wollen.

    itune:

    Treibt dich diese Frage um, Unbuddhist? Ich glaube, die Antwort wurde schon gegeben, aber du lehnst diese ab, weil du sie für ein Hirngespinst hältst.


    Der Unbuddhist lehnt nicht so sehr die Tranzendenz um ihrer selbst Willen ab, sondern jeden Diskurs, der sich auf Tranzendenz stützt. Weil Tranzendenz das menschliche Mass übersteigt, kann man sich, wenn man sich vor niemanden verantworten will, auf Transzendenz stützten. Wenn das ,was ich sage nicht einfach eine menschliche Meinung ist, sondern sich darain die tranzendenten Ebene ausdrückt, dann bin ich damit in eine Machtposition gehieft. Die tradtionllerweise missbraucht wird.


    Die grosse Frage ist die, ob man einen Buddhismus formulieren kann, der gegen diese Tranzendenzfalle gewapnet ist?